Langenhagen: Blitzeranhänger nach Ostern im Einsatz

Aus der Nähe betrachtet hat das Gerät mit seinen glatten Stahlplatten und der roten Fensterscheibe im Heck einen hohen Wiedererkennungswert. Doch wenn man mit Tempo 50 durch eine 30er-Zone oder mit 65 Kilometer pro Stunde über die Walsroder Straße fährt, dann dürfte einem der neue Blitzeranhänger der Stadt Langenhagen wohl erst auffallen, wenn es zu spät ist – und das teure Foto im Kasten. Gleich nach Ostern soll das Gerät erstmals zum Einsatz kommen. Stahlplatten schützen das Gerät vor Vandalismus: Exakt 139.230 Euro hat sich die Stadt ihre neue Waffe im Kampf gegen die Schnellfahrer auf Langenhagens Straßen kosten lassen. Für diesen Preis, der sich durch die Einnahmen in ein bis eineinhalb Jahren amortisiert haben dürfte, gab es einen 1,3 Tonnen schweren Pkw-Anhänger mit kompakten Außenmaßen. Das Gewicht rührt vor allem von den dicken Stahlplatten her, die die hochmoderne Technik im Innern gegen Vandalismus schützen sollen. Einmal aufgestellt und ausgerichtet, wird das Chassis auf die Straße abgesenkt, sodass ein Verschieben unmöglich wird. Die eingebaute Alarmanlage samt Rauchmelder schickt eine SMS aufs Diensthandy, wenn jemand auf die Panzerhülle einschlägt oder einen Brandanschlag verübt. Wenn nicht gerade wie in der Wedemark ein 40-Tonnen-Sattelzug in den Blitzeranhänger kracht, dürfte die Stadt Langenhagen also lange Freude haben an ihrer Anschaffung. Bis zu vier Fahrspuren kann die Technik ins Visier nehmen. Der eingebaute Sensor erfasst die sich nähernden Autos auf eine Entfernung von etwa 70 Metern, die Geschwindigkeitsmessung beginnt bei 50 Metern, fotografiert werden Schnellfahrer aus etwa zehn bis 15 Metern. Bis zu zehn Tage lang halten die dicken Akkupakete. Spätestens dann müssen Stadtmitarbeiter Uwe Lehmann oder sein Kollege den USB-Stick mit den Fotos auslesen. „Der Stick besteht aus Metall, damit er nicht schmilzt“, erläutert Lehmann. Beim Einsatz eines Blitzeranhängers in einer Autobahnbaustelle habe die Polizei mal 18.000 Speicherungen gehabt, sagt er zur Begründung. „Und dabei wird so ein USB-Stick richtig heiß.“ Der mahnende Zeigefinger hilft nicht immer: Ganz so viele Temposünder dürften es bei einem Messintervall des neuen Blitzeranhängers im Langenhagener Stadtgebiet sicher nicht werden. Bürgermeister Mirko Heuer (CDU) hofft dennoch auf den beabsichtigten Effekt. „Das primäre Ziel sind nicht die Einnahmen. Wir müssen die unvernünftigen Autofahrer kriegen“, sagt er. Als Ordnungsbehörde agiere die Stadt oft über Aufklärung. Kontrolliere man beispielsweise nach längerer Zeit mal wieder in einer bestimmten Straße auf Falschparker, so tue man dies oft mit einem mahnenden Hinweis hinter dem Scheibenwischer, statt gleich abzukassieren. Als Aufklärung, die nicht auf das Portemonnaie abzielt, können auch die mittlerweile 20 Geschwindigkeitstafeln gelten, die die Stadt immer wieder neu im Stadtgebiet platziert, um Autofahrer zum Einhalten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu bewegen und gleichzeitig deren Tempo zu dokumentieren. „Das ist der mahnende Zeigefinger. Das hilft aber nicht bei allen Autofahrern“, sagt der Bürgermeister. Mit Tempo 115 über die Walsroder Straße: Stadtmitarbeiter Lehmann, der für die Blitzeranlagen zuständig ist, nennt Beispiele: Mit 90 Kilometern pro Stunde in einer Tempo-30-Zone oder mit 115 Sachen über die Walsroder Straße, obwohl dort nur Tempo 50 erlaubt ist – solche Verstöße habe man leider auch schon feststellen müssen. Wer das zulässige Tempolimit nur ganz knapp überschreitet, braucht hingegen auch den neuen Blitzeranhänger nicht zu fürchten. In Tempo-30-Zonen löst das Gerät erst ab 40 Kilometer pro Stunde aus, in 50er-Zonen ab 61 Kilometer pro Stunde. Bei der Ahndung des Verstoßes, für den die Region Hannover als Bußgeldstelle die Hälfte der Einnahmen kassiert, werden im Geschwindigkeitsbereich bis 100 dann noch drei Kilometer pro Stunde als Toleranz abgezogen. In der vergangenen Woche hatte der Langenhagener Blitzeranhänger nur zu Schulungszwecken am Straßenrand geparkt, teure Konsequenzen für Autofahrer hatte das nicht. Der erste echte Einsatz für das gepanzerte Gefährt ist für die Tage nach Ostern geplant, und zwar zunächst in Kaltenweide. Sicher sein können sich Raser aber ab sofort auch an anderen Stellen nicht: Insgesamt gibt es stadtweit rund 100 zugelassene Messpunkte – in Tempo-30-Zonen, in der Nähe von Schulen und Kitas, aber auch an den Hauptverkehrsstraßen. Teuer wird es für Schnellfahrer jetzt auch wieder auf der Bothfelder Straße/Landesstraße 382 in Fahrtrichtung Silbersee. Langenhagens einziges stationäres Blitzgerät ist repariert und hat seit Dienstagmorgen wieder Autos im Kamerafokus. Stadtmitarbeiter Uwe Lehmann hat sich die ersten Daten angesehen: „Nach ein paar Stunden wurden schon zehn Autos geblitzt.“ 75.000 Euro hatte sich die Stadt die eigentlich als vandalismussicher geltende Anlage im Jahr 2013 kosten lassen. Mehrere Anschläge zeigten, dass diese Einschätzung so nicht richtig ist. Zuletzt hatten Unbekannte den Blitzer an Weihnachten 2019 in Brand gesteckt. Die Täter konnten nicht ermittelt werden. Der Schaden belief sich auf rund 43.000 Euro, hinzu kam der Einnahmeverlust für die Stadt und die Region als Bußgeldstelle. Die bei der Attacke verwendete brennbare Flüssigkeit war auch im Mastinneren heruntergelaufen, sodass auch der Stahlmast nun erneuert werden musste. Dass es letztlich 15 Monate dauerte, die Anlage zu reparieren, lag laut Lehmann zuletzt auch an der schwierigen Suche nach einer Fachfirma. Zwischenzeitlich hatte die Stadt den Blitzer optisch so weit herrichten lassen, dass es den Anschein erweckte, die Anlage funktioniere wieder. Der zweite Blitzeranhänger soll bald folgen: Außer dem Blitzeranhänger verfügt die Stadt seit Langem auch über eine mobile Blitzeranlage, die auf einem Stativ montiert wird, aber bei Dunkelheit nicht funktioniert. Langenhagens einziger stationärer Blitzer an der Bothfelder Straße ist gerade repariert worden. Und auch die Polizei ist regelmäßig mit ihren Laserpistolen im Einsatz. Die Stadt denkt allerdings auch schon einen Schritt weiter, dem ersten soll möglichst schnell ein zweiter Blitzeranhänger folgen. Mit der Rechtskraft des Haushalts für 2021 will die Verwaltung den Kauf ausschreiben, im nächsten Winter könnte die Lieferung erfolgen – und dann sollen zwei Geräte mit dicker Panzerung Raser ins Visier nehmen. Von Frank Walter