Lehrte: Finanzpolitiker empfehlen für Neubau des Schulzentrums Süd ÖPP-Verfahren

Das neue Schulzentrum Süd soll in einer sogenannten öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) errichtet werden. Das heißt, ein Unternehmen plant den neuen Gebäudekomplex an der Südstraße, in dem Realschule und Integrierte Gesamtschule unterkommen sollen, errichtet ihn in eigener Regie und ist dann 20 Jahre lang für die Instandhaltung verantwortlich. Diese Marschroute haben die Politiker im Lehrter Finanzausschuss jetzt einstimmig ausgegeben. Sie taten das aber erst nach langen Diskussionen und nachdem es zuvor im Schul- und im Bauausschuss kein Votum zu dem Thema gegeben hatte. Insbesondere die Mehrheitsgruppe aus SPD, Grünen und Die Linke hatte zunächst Vorbehalte gegen das ÖPP-Model gehegt. Erst im Finanzausschuss und unter Berücksichtigung eines Katalogs von acht Anforderungen lenkte die Mehrheit ein. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf 82 Millionen Euro: Das ÖPP-Modell ist im Vergleich zum Bau des Schulzentrums in städtischer Eigenregie und zur Beauftragung eines Generalunternehmers das günstigste. Trotzdem schlägt es in den derzeitigen Berechnungen maximaler Kosten mit 82 Millionen Euro zu Buche. Würde die Stadt das Mammutprojekt allein stemmen, wären nach Ansicht von Experten jedoch knapp 100 Millionen Euro fällig. Die Verwaltung würde es mangels ausreichend Personal auch gar nicht allein bewerkstelligen können, lautet die einhellige Meinung unter den Politikern und den Fachleuten aus dem Rathaus. SPD-Ratsherr Bodo Wiechmann hatte sowohl im Bau- als auch im Finanzausschuss die Vorbehalte der Ratsmehrheit gegen das ÖPP-Modell erläutert und davon gesprochen, dass man mit der richtigen Entscheidung regelrecht ringe. Wichtig sei es unter anderem, dass die beteiligten Schulen in den Planungen stets gehört würden, ein von der Stadt bestellter Projektsteurer den Fortgang der Dinge begleite und während der 20-jährigen Laufzeit des Vertrags bauliche Veränderungen und Erweiterungen möglich blieben, bei denen die Stadt nicht in eine Kostenfalle tappe. „Die Bindung auf 20 Jahre darf nicht zu hohen Mehrkosten führen“, betonte Wiechmann. Auch Christian Gailus (Grüne) betonte, seine Fraktion sehe ein ÖPP-Verfahren wegen der strikten Bindungen kritisch. CDU: Lehrte hat gute Erfahrungen mit ÖPP: Ein Experte einer Beratungsfirma aus Berlin versuchte, die Bedenken zu zerstreuen. Man sei nicht auf Gedeih und Verderb an den ÖPP-Partner gebunden und könne auch bei späteren Nachbauten Vergleichsangebote einholen und Dritte beauftragen, versicherte er. Das ÖPP-Verfahren sei auch nicht für alle Bauprojekte das geeignetste und preisgünstigste. Für das Schulzentrum Süd sei es das aber sehr wohl. CDU-Fraktionschef Hans-Joachim Deneke-Jöhrens warnte im Finanzausschuss davor, das ÖPP-Verfahren grundsätzlich zu verteufeln. Lehrte habe damit gute Erfahrungen gemacht, etwa beim Bau der neuen Feuerwache. Und schließlich sei das Modell das finanziell beste, argumentierte der Christdemokrat. Bürgermeister Frank Prüße (CDU) betonte, dass sich die Stadt grundsätzlich an das Prinzip der Wirtschaftlichkeit halten müsse, und versicherte ebenso, dass auch ein ÖPP-Verfahren „genügend Raum zur Gestaltung“ biete. Ein externer Überwacher soll das Projekt im Blick behalten: Der Finanzausschuss gab schließlich einmütig grünes Licht – dieses aber nur unter einer Reihe von Voraussetzungen, die Wiechmann zuvor formuliert hatte. Unter anderem muss sichergestellt sein, dass das neue Schulzentrum die baulichen und pädagogischen Anforderungen der zwei beteiligten Schulen berücksichtigt und diese in alle Planungen einbezogen werden. Das sogenannte Raumbuch, das entscheidend für das Bauprojekt ist, muss vom Rat separat beschlossen werden. Ein externer Projektsteurer soll während der Bauphase dem ausführenden Unternehmen stets auf die Finger gucken. Und schließlich müssen auch die künftigen Hausmeister Angestellte der Stadt bleiben. Den weiteren Planungen für einen weitgehenden Neubau des Gymnasiums an der Friedrichstraße steht nichts mehr im Weg. Auch der Bau- und der Finanzausschuss haben diesem Vorhaben jetzt einmütig zugestimmt. Das letzte Wort hat der Rat der Stadt in seiner Sitzung am 6. Mai. Demnach soll die Stadt als nächstes ein Planungsbüro damit beauftragen, eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu erstellen, die das günstigste Vergabeverfahren ermittelt. Auch dabei dürfte ein ÖPP-Verfahren wie beim Schulzentrum Süd wieder in Betracht kommen. Das Ringen um den richtigen Standort für das Gymnasium war lang und hatte im vergangenen Jahr auch den Bürgermeisterwahlkampf überlagert. Unter anderem war der Schützenplatz als Standort für einen vollständigen Neubau der Schule in Betracht gezogen worden. Das hatte Proteste unter anderem durch die Lehrter Schützen nach sich gezogen. Die Ratsmehrheit aus SPD, Grünen und Die Linke hatte zunächst Sanierungen und Anbauten an den denkmalgeschützten Altbau des Gymnasiums an der Friedrichstraße sowie eine Sanierung der Sek-II-Gebäude an der Burgdorfer Straße favorisiert. Die jetzt eingeschlagene Marschroute sieht Neubauten nördlich und südlich der Friedrichstraße und eine Sanierung des Altbaus vor, welcher zu einer Art Oberstufen-Campus werden soll. Für das Projekt müssen die Sporthalle an der Friedrichstraße und das benachbarte Müllerhaus abgerissen werden. Lesen Sie mehr: Darum müssen im Schulzentrum Süd die meisten alten Gebäude weg So sehen die Kostenschätzungen für das neue Schulzentrum Süd aus Neubau des Gymnasiums an der Friedrichstraße: Warum dieses Konzept das beste ist Von Achim Gückel