Sehnde/Lehrte: Haft- und Geldstrafen für Jugendclique

Der gemeinschaftliche Hinterhalt auf eine Jugendliche unter anderem am Spielplatz an der Breiten Straße in Sehnde hat einer Clique von fünf Jugendlichen und Heranwachsenden im Alter zwischen 19 und 26 Jahren Haft- und Geldstrafen eingebracht. Bei den Anklagevorwürfen vor dem Landgericht Hildesheim, in die auch ein 19-jähriger Sehnder und eine gleichaltrige Freundin aus Lehrte verwickelt waren, ging es um versuchte räuberische Erpressung, Raub, gefährliche Körperverletzung und unerlaubten Drogenbesitz. Ausgangspunkt für die Tat war ein Streit zwischen einer heute 19-jährigen Lehrterin und ihrer Freundin vor zwei Jahren. Diese soll vermeintlichen Partnern der Lehrterin erzählt haben, sie unterhalte mehrere Beziehungen gleichzeitig. Daraufhin habe diese beschlossen, ihrer Freundin „eine Lektion zu erteilen“. Darauf wurde sie einmal in einen Park in Hannover gelockt, wo sie von der Lehrterin und zwei Komplizen erwartet und malträtiert wurde. Als sie dies bei der Polizei anzeigte, plante die Lehrterin die zweite Falle. Im November 2018 schließlich wurde ihre Freundin auf den Spielplatz an der Breiten Straße in Sehnde gelockt. Angeklagte muss Schule zu Ende bringen: Dort lauerten ihr drei Bekannte der Lehrterin auf, die maskiert waren. Dabei wurde das Opfer von diesen nicht nur getreten und geschlagen, sondern ihm auch eine Tasche mit Wertgegenständen geraubt, die die 19-Jährige Lehrterin behielt – und sich deshalb auch der Hehlerei schuldig machte. Insgesamt wurde sie wegen versuchter räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung sowie Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Sie bekam allerdings zur Auflage, die Schule zu Ende zu bringen. Die relativ milde Strafe erklärt Steffen Kumme, Pressesprecher und Richter am Landgericht Hildesheim, damit, dass bei einer Jugendstrafe immer der Erziehungsgedanke im Vordergrund stehe. Zum Zeitpunkt der Tat war die Lehrterin 17 Jahre alt. Das Gericht habe zwar charakterliche Mängel, aber keine schädlichen Neigungen festgestellt, die Voraussetzung für den Vollzug einer Jugendstrafe seien. Sehnder muss 500 Euro zahlen: Der heute 19-jährige Sehnder, der das spätere Opfer auf den Spielplatz lockte, erhielt wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung und unerlaubten Drogenbesitzes eine Geldauflage von 500 Euro. Ein weiterer 20-jähriger Angeklagter wurde aufgrund seiner Rolle als Fahrer nach der Tat wegen Beihilfe zum Raub und Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen und muss 1000 Euro Geldstrafe zahlen. Beide Beträge gehen an die Lehrter Suchtberatungsstelle Drobel. Deutlich härter trifft es die beiden heranwachsenden und erwachsenen Angeklagten – sie bekamen keine Bewährung, weil sie bereits kriminell auffällig geworden sind. Der älteste, heute 26 Jahre alt, muss wegen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und unter Einbeziehung einer Vorverurteilung für zwei Jahre ins Gefängnis. Noch länger wird ein 21-Jähriger in Haft sitzen. Er erhielt nicht nur wegen gefährlicher Körperverletzung, sondern auch unter Einziehung von gleich drei Urteilen des Amtsgerichts Hannover eine Einheitsjugendstrafe – weil er zum Tatzeitpunkt erst 19 Jahre alt war – von drei Jahren und neun Monaten. Staatsanwalt forderte höhere Strafen: Nach Angaben Kummes war die Staatsanwaltschaft zunächst nicht mit dem Urteilsmaß für die gesamte Gruppe einverstanden. Während alle Angeklagten und ihre Verteidiger auf Rechtsmittel verzichtet hätten, habe dies die Staatsanwaltschaft zunächst nicht. Sie hatte beantragt, die 19-Jährige zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten mit Bewährung zu verurteilen – deren Verteidiger dagegen hatten nur eine Ermahnung beantragt. Und der 26-Jährige sollte wegen besonders schweren Raubes eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten absitzen. Für den 21-Jährigen war ebenfalls eine Jugendstrafe beantragt worden, und der 20-Jährige sollte eine zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafe erhalten. Lediglich der 19-jährige Sehnder sollte das Gericht nur mit einer Geldauflage von 1000 Euro verlassen dürfen. Letztlich verzichtete die Staatsanwaltschaft dann aber doch darauf. Inzwischen seien die Urteile für alle Angeklagten rechtskräftig, sagt Kumme. Von Oliver Kühn