Neustadt: Sporthaus Pizzadienst vor dem Aus?

Das Bordenauer Restaurant Sporthaus öffnet stets von 17 Uhr bis 23 Uhr, dienstags bis sonntags. Dann sitzt Chefin Doris Kartal-Cornehl an einem der Tische, vor ihr das Telefon. Sie wartet auf das Klingeln, darauf, dass jemand etwas bestellen möchte. Stundenlang. In normalen Zeiten würden sonntags durstige Fans und Spieler vom Fußballplatz nebenan hineinströmen, oder der Skatklub und die Basketballer vom Stammtisch. Oft säße sie mit am Tisch, man kenne sich ja. In diesen Zeiten jedoch kommt niemand. Das Telefon bleibt stumm. Zwei Bestellungen am Tag: Anfang letzten Jahres hat Kartal-Cornehl sich beim Lieferdienst Lieferando registriert. Erst lief es gut, jetzt kämen meist nicht mehr als zwei Bestellungen pro Tag. Wenn der Laptop dann plötzlich piepe, erschrecke sie sich. „Ich bin eine Kämpferin“, sagt Kartal-Cornehl trotzig. Aber auch Kämpferinnen müssen sehen, wie sie offene Rechnungen bezahlen. Psychische Belastung: Das Sporthaus-Team ist familiär. Kartal-Cornehls Mann und Tochter helfen, dann noch eine Freundin. Sie liefern mit dem Privatauto, die Benzinkosten sind ein Problem. Es sei natürlich ein tolles Kompliment, wenn etwa jemand aus Welze bei ihr bestelle, aber: „Bei einer längeren Auslieferstrecke gleichen die Einnahmen die Kosten nicht aus.“ Nie hätte sie gedacht, wie sehr die Belastung an die Psyche gehe, erzählt die Gastronomin. Nach einem weiteren zermürbenden Tag des Wartens beschließt sie, dass es genug ist. Sie postet in der Facebook-Gruppe „Wir sind Bordenau“: Am 28. Februar ist Schluss. Der einzige Dorftreff: „Mir fehlen die Worte“, schreibt eine Nutzerin, ein anderer fragt: „Können wir irgendetwas tun?“ Auch Holger König, Vorstand des Turn- und Sportverein (TSV) Bordenau, war überrascht, als er den Post sah. Das Sporthaus gehört dem TSV, Kartal-Cornehl ist die Mieterin. „Die Gaststätte ist der einzige Dorftreff hier, die gibt es schon ewig“, sagt König. Kartal-Cornehl sei mit ihrer Energie und ihrem Herzblut die ideale Pächterin. Letztes Jahr spendete sie 76 Essen an die Wohnungslosenhilfe. Das Sporthaus bleibt – fürs Erste: Lesen Sie auch Neustadt Bordenau : Neuer Kiosk öffnet mit Postfiliale König kontaktiert die Gastronomin, er will helfen. Bereits seit Längerem kommt der Verein dem Sporthaus finanziell entgegen, unterstützt wo er kann. Am Freitag trafen sich die beiden zur Krisensitzung. Es war nicht die erste. „Wir wollen unser 100-Jähriges im nächsten Jahr mit dem Sporthaus-Team feiern“, betont der Vorstand. Am Ende fasste Kartal-Cornehl neuen Mut. Das Sporthaus wird nur noch freitags, sonnabends und sonntags öffnen, aber es bleibt. Sie sei eben eine Kämpferin, sagt sie. Von Alexander Plöger