Neustädter debattieren um Gebetsruf vor Moschee

Die Ankündigung der Moscheegemeinde, zum Ramadan ab Donnerstag, 23. April, für einen Monat jeden Abend einen Gebetsruf über Lautsprecher vor der Moschee zu übertragen, stößt nicht nur auf Gegenliebe. Um Aufklärung bittet unser Leser Wolfgang Knebel. „Verständnis setzt Verstehen voraus“, sagt er und regt an, den Aufruf zu übersetzen. Neustädter Moscheengemeinde will sich öffnen: Der Text bedeutet in etwa: „Allah ist der Größte. Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allah gibt. Ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Allahs ist. Kommt zum Gebet. Kommt zum Heil. Es gibt keinen Gott außer Allah“, wie der Gemeindevorsitzende Asim Demir bestätigt. „Ich glaube allerdings, dass auch viele der türkischen Gemeindemitglieder den arabischen Text nicht unbedingt verstehen“, sagt er. Bei der öffentlichen Übertragung gehe es auch darum, dass die Gemeinde sich öffnet und im Stadtleben zeigt. „Wie sollen wir uns sonst integrieren?“, fragt der Gemeindevorsteher. Leser diskutieren auf Facebook: Geteilte Meinungen gibt es vor allem auf Facebook. „Übers Internet wäre es besser“, findet etwa Leser Sebastian Hein. „So wird anderen Menschen mit einem anderen Glauben der Gebetsruf aufgedrängt. Ich glaube, das ist nicht förderlich.“ Joachim Sandrock antwortet: „Na und? Die Kirchen bimmeln doch auch ...“ Da ist Willi Meier anderer Meinung. „Der Gebetsruf ist ein öffentliches Bekenntnis zu ,Allah‘ und bekundet damit einen Machtanspruch auf Durchsetzung des ,Willens Allahs‘ in der Gesellschaft“, schreibt er. Den Vergleich mit den Kirchenglocken findet er nicht nachvollziehbar. „Das Glockenläuten hat keine inhaltliche Aussage, sondern lädt lediglich alle zum Gottesdienst ein. Es ist ein Klang und keine in Worte gefasste Aufforderung.“ Ein öffentlicher Gebetsruf erzeuge „eine Spannung, in der sich Bürger deutscher Abstammung nicht mehr wie zu Hause fühlen können“, meint Meier. Gemeindemitglied sieht Ruf als Trostspender: Josef Bruns schreibt: „Ich finde es scheußlich, seinen Glauben und die Religion einer Gruppe von Menschen so herauszurufen. Das ist doch viel zu persönlich, um andere Glaubensrichtungen nicht zu belästigen.“ Fatih Köse, der der Moscheegemeinde angehört, erklärt: „Bundesweit, eigentlich in vielen Ländern der EU, wird derzeit öffentlich in den Moscheen zum Gebet gerufen. Eine Entwicklung, die der Corona-Krise zu verdanken ist. Die Gebetsrufe sollen der muslimischen Gemeinschaft, die aufgrund der Einschränkungsmaßnahmen nicht die Moscheen besuchen können, Trost spenden.“ Und er weist darauf hin, dass die Rufe ja nur zeitlich begrenzt ertönten. Lesen Sie auch: Öffentlicher Gebetsruf zum Ramadan in Neustadt Gebetsruf: Was hören wir, Sümeyra Emrem? Von Kathrin Götze