Woher kommt der Ökostrom? Ein Besuch beim Windrad Neustadt-Eilvese

Das Erste, was man von dieser Harley-Davidson hört, ist: nichts. Motorradfahrer Holger Ochs demonstriert es: Statt eines satten Motorensounds ist die Harley Livewire ziemlich leise, erinnert an das Surren eines herannahenden ICE. Das Modell ist das erste elektrisch betriebene Motorrad der Marke. Normalerweise fährt der Zweiradfan Ochs zwar eine klassische Harley. „Die passte aber nicht zum heutigen Anlass“, sagt er. Denn Ochs wollte wissen, woher sein Ökostrom kommt. Dafür hat er sich die E-Harley gemietet und ist aus Stuhr bei Bremen nach Eilvese gekommen, zur Windkraftanlage der Windgemeinschaft Eilvese. Grüne Alternative: Die Windgemeinschaft ist ein Projekt von Otto Muhsmann aus Eilvese und Fritz Meyer aus Suttorf. 1998 haben sie die Gemeinschaft gegründet, um eine Alternative zu den großen Stromkonzernen zu schaffen. Weitere Gesellschafter schlossen sich an, unter anderem Marcus Biermann, der als Gründer der Genossenschaft Natur-Energie an weiteren Windkraft- und Fotovoltaikanlagen in der Region Hannover beteiligt ist. Zum Windrad sind noch zwei Solaranlagen in Hagen und Schmalenbruch bei Winzlar hinzugekommen, sodass die Gemeinschaft einen Strommix aus Wind- und Sonnenenergie anbietet. Die Gemeinschaft produziert lokal, liefert aber deutschlandweit. „Wir haben sogar Kunden am Bodensee“, berichtet Gesellschafter Olaf Reß. Insgesamt seien es etwa 400. Das entspreche einer Auslastung von 60 Prozent. Bei der Vermarktung kooperieren die Gesellschafter mit dem Stromanbieter EnyWay. Das junge Start-up aus Hamburg bündelt viele kleine Ökostromvertriebe. Auf die Windgemeinschaft ist Ochs durch seinen Sohn aufmerksam geworden, der erst Stromkunde in Eilvese war und später Mitarbeiter bei EnyWay geworden ist. Strom von „Otto und Fritz“: Seit September kauft er selbst Strom aus Eilvese. Das hinter seinem Energieanbieter echte Personen und keine anonymen Konzerne stehen, ist ihm wichtig. „Durch die Website kenne ich die beiden nur als Otto und Fritz“, sagt Ochs und lacht. Er zückt sein Handy. „Ich muss erstmal ein Selfie mit euch machen, sonst glaubt mir mein Sohn nicht“, sagt er. Fachsimpelei über die E-Harley kam ebenfalls nicht zu kurz. Es sei ein völlig anderes Fahrgefühl als bei normalen Motorrädern, berichtet Ochs den Eilvesern. Eine Demonstration der kraftvollen Beschleunigung des Gefährts – in drei Sekunden auf 100 Stundenkilometer – ließ er sich nicht nehmen. Sein Fazit: „Die Maschine macht einfach Spaß.“ Nun wisse er auch, woher der Strom dafür komme. Lesen Sie auch Stadtwerke Neustadt: Fotovoltaik auf Feuerwehrzentrum versorgt 100 Haushalte Neustadts Windkraft-Problem ist mit neuen Erkenntnissen nicht gelöst Neustadt: Windkraftunternehmer Alexander Jäger-Bloh sieht Energiewende gefährdet Von Alexander Plöger