Pattensen: Die Pattenserin Elisabeth Bock feiert 100. Geburtstag

„Wer hätte das schon gedacht, dass man mal 100 Jahre alt wird und immer noch Freude am Leben hat?“ Und wie die dazugehörige Feier abläuft, das hätte sich die junge Elisabeth Bock wohl ebenso wenig vorstellen können – doch dazu später mehr. Die etwas ältere Elisabeth Bock macht es sich an ihrem ganz besonderen Ehrentag wechselweise im Sessel, im Wohnzimmer und auf der Terrasse in Pattensen-Mitte gemütlich. Die Sonne strahlt, wie sich das für diesen Anlass geziemt. Es wird ein besonderer und auch langer Tag. Der Startschuss erfolgt bereits um 10 Uhr mit einem vom dänischen Kaffeehaus in Pattensen gelieferten Frühstück, der Mittagsschlaf entfällt heute ersatzlos. Zu Kaffee und Kuchen ist ein kleiner Teil der Familie zu Besuch, im Sitzkreis mit gebotener Distanz. Zwischendurch gilt es immer wieder, Blumensträuße und andere Geschenke entgegenzunehmen. Hier noch ein Anruf, da noch ein Brief. Zum Geburtstag gibt es Glückwünsche per Skype: Eigentlich hätte die Jubilarin nun ihre fünf Enkel und vier Ur-Enkel um sich herum gehabt, aber Corona („Dieser Virus macht den Leuten zu schaffen“) hat auch ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wer allerdings in Zeiten der Spanischen Grippe, die mehr Leben als der Erste Weltkrieg kostete, zur Welt gekommen ist, der lässt sich davon nicht die Laune verderben. Und seit 1920 hat sich viel getan, was nun von Nutzen ist. Heißt: Tablet in die Hände, Kopfhörer auf die Ohren, Skype anwerfen, schon sind selbst die Nachkommen in Schweden da, wenn auch irgendwie anders. Gehen, Sehen, Hören – es fällt alles ein wenig schwerer, aber es klappt immer noch bemerkenswert gut. Bewundernswert. Die Frage nach ihrem Erfolgsrezept beantwortet Lilli, wie sie auch genannt wird, gewohnt sachlich: „Ja, die Gene sicherlich – und viel Schlaf. Im Schlafen hätte ich eine Eins bekommen.“ Ihr Vater Lambert und ihre Mutter Anna-Gertrud sind in deutlich schwierigeren Zeiten jeweils 84 Jahre alt geworden, das taugt als Beleg. Ein anderer Teil der Wahrheit ist, dass Elisabeth Bock ständig in Bewegung gewesen ist. Seit sie 14 war, hat sie immer auch außer Haus gearbeitet, ob als Arbeiterin auf einem staatlichen Gut oder zuletzt als Putzfrau in der heutigen Bundespolizeidirektion Hannover in der Möckernstraße. Und: Selbst mit 90 ist sie noch mindestens einmal pro Woche mit dem Rad in Richtung Schwimmbad gefahren – mal, um in der Sauna zu schwitzen, meist aber, um einige Bahnen zu ziehen. Erinnerungen an die Kindheit sind noch sehr präsent: Apropos: Schwimmen gelernt hat die gebürtige Rheinländerin im Rhein-Herne-Kanal. Erst am Ufer entlang, später wagemutig mittendrin. Die Erinnerungen an die Kindheit in Oberhausen, Stadtteil Lirich, sind noch immer sehr präzise, wie gefühlt alle anderen auch. Der Kopf spielt mit, und so überrascht die gebürtige Konrad an ihrem 100. Geburtstag mit der pikanten Anekdote, dass ihr späterer Mann bereits verlobt war, als sie ins Spiel kam… Als Soldat der Wehrmacht war der Thüringer Artur Bock im Zweiten Weltkrieg mit seiner Truppe nach Oberhausen beordert worden, um Luftschutzbunker zu errichten. Auf die Hochzeit kurz nach Kriegsende im Juli 1945 kam im Jahr darauf das erste von drei Kindern zur Welt. Elisabeth Bock selbst hatte übrigens neun Geschwister: zwei ältere Brüder, sechs ältere Schwestern sowie das Nesthäkchen Hilde, mit der sie besonders verbunden gewesen ist – und die, nebenbei gesagt, stolze 97 Jahre alt geworden ist. Bock zog es 1971 der Liebe wegen nach Pattensen: Weil die Wohn- und Ernährungssituation in der zerbombten Großstadt desolat war, zog die junge Familie in die Heimat nach Dornburg/Saale in Thüringen. Als Ende der Fünfzigerjahre absehbar wurde, dass es bald deutlich schwieriger werden würde, Eltern und Geschwister zu besuchen, ging es im Februar 1961 retour. Nun aber nicht von einer in die andere Besatzungszone wie 15 Jahre zuvor, sondern von einem deutschen Staat in den anderen. Zehn Jahre später folgte der nächste Umzug, nach Pattensen. Der Hauptgrund hierfür war, dass es Hilde der Liebe wegen nach Arnum verschlagen hatte. Kontakte knüpfte die Neu-Pattenserin vor allem über die katholische Gemeinde St. Maria, mit der sie seit Rentenbeginn 1980 die Welt entdeckte. „Wo man überall gewesen ist … Ja, ich bin schon viel gereist und konnte viel von der Welt sehen“, sagt Elisabeth Bock und denkt unter anderem an Irland, Israel und Italien. Die Zeit der großen Wanderungen, Radtouren und Reisen mit Schiff oder Flugzeug gehört mittlerweile aber der Vergangenheit an, das nächste Ziel von Elisabeth Bock liegt deutlich näher, in Pattensen: Am 7. Mai geht‘s zum Friseur. Lesen Sie auch: Mit 100 Jahren plötzlich Model Jedes dritte heute geborene Mädchen wird 100 Jahre und älter Weitere lokale Nachrichten lesen Sie auf haz.de/pattensen Von Ulrich Bock