Ein Unfall an der Biogasanlage in Ronnenberg – mit austretenden Giftstoffen und vielen schwer verletzten Menschen: Dieses Szenario hat am Donnerstagabend bei einer groß angelegten Einsatzübung auf dem Gelände an der Gehrdener Straße insgesamt 120 Rettungskäfte in Atem gehalten. An der etwa dreistündigen Übung waren insgesamt 34 Einsatzfahrzeuge verschiedener Feuerwehren, des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und der Polizei beteiligt. „Es geht vor allem darum, die Arbeit an den Schnittstellen zwischen den Feuerwehreinheiten, dem Rettungsdienst und der Polizei zu trainieren“, sagte Übungsleiter Bernd Kmiec-Schulz von der Feuerwehr Ronnenberg zu Beginn der Übung beim Eintreffen der ersten alarmierten Feuerwehr aus Weetzen.
Übung unter realistischen Bedingungen
Kmiec-Schulz hatte das Szenario mit Vanessa Grüneberg und dem Leiter der Stadtfeuerwehr-Gefahrstoffeinheit, Kristof Schwake, rund eineinhalb Monate lang vorbereitet. Zum Einsatz kamen auch Schauspieler von der Notfalldarstellung des DRK, Einheiten der Feuerwehren aus Ronnenberg, Wennigsen, Seelze und Osterwald – inklusive eines Dekontaminationszeltes zur Entfernung gefährlicher Stoffe sowie einer Aufklärungsdrohne. „Realitätsnah und unter Stress soll die Übung sein“, sagte Kmiec-Schulz, als sich ein erster Erkundungstrupp bei einem Vertreter der Biogasanlage über den Unfall informierte und dann die Gefahrenzone absperrte. Für Realitätsnähe hatten die Übungsleiter gesorgt: Zum Einsatz kamen auch Darsteller, die am Unfallort als Eltern hysterisch nach ihren verletzten Kindern riefen.
Fehler beim Abtransport verletzter Frau
Laute Hilferufe bemerkten die Einsatzkräfte auch, als es darum ging, offenbar verletzte Darsteller aus der Gefahrenzone zu bringen. Die Feuerwehrleute kamen auch stellenweise an ihre Grenzen. Nach etwa 15 Minuten hatte sich Kmiec-Schulz erste Fehler notiert. „Eine Verletzte wurde ohne Tragetuch vom Unfallort weggeschleift“, sagte er. Auch eine Beobachterin des DRK hatte dies registriert – immerhin hatte die Darstellerin dabei sogar einen Schuh verloren. „Den richtigen Abschleppgriff lernt man in jedem Erste-Hilfe-Kurs“, sagte sie kritisch. Zu einem späteren Zeitpunkt zog sich eine weitere Darstellerin – trotz Tragetuch – leichte Abschürfungen am Handrücken zu. In der Bilanz sprach die Feuerwehr am Tag nach der Übung von „Problemen bei der Personenrettung und Betreuung, insbesondere zu Beginn der Übung.“
Aufbau und Übergabe klappen reibungslos
Reibungsloser klappten das zügige Aufbauen der Dekontaminationsplätze sowie die Übergabe der Darsteller von dort an die Rettungssanitäter. „Es dürfen keine Schadstoffe verschleppt werden“, erläuterte Übungsleiterin Grüneberg die Funktion der Dekontamination. Zu diesem Zeitpunkt hatte Ronnenbergs Stadtbrandmeister Gunnar Scheele den hysterischen Vater-Darsteller, notgedrungen in den Schwitzkasten genommen – um ihn daran zu hindern, sich ohne Schutzkleidung der Unfallstelle zu nähern.
Feuerwehr analysiert Probleme
Dort kamen Rettungskräfte mit Chemikalienschutzanzügen zum Einsatz, um eie simuliertes Loch in einer Gasleitung abzudichten. Kmiec-Schulz beobachtete auch Probleme mit der Reparatur. Kurz zuvor war außerdem ein Absturz der Drohne gemeldet worden. „Das darf im Notfall nicht passieren“, sagte ein Feuerwehrmann. Am Tag nach der Übung räumte die Feuerwehr Kommunikationsprobleme zwischen Einsatz- und Abschnittsleitungen ein sowie bei der „Ordnung der Fahrzeuge“. Ziel der Übung sei es aber auch gewesen, Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Ein Gefahrgutunfall mit derart vielen zusätzlichen Aufgabestellungen und Spezial-Einheiten werde auch sehr selten geübt, teilte Sprecher Maximilian Lüerßen mit.
Von Ingo Rodriguez