Seelze: Theaterpädagogin Dorit David führt Regie bei der Zeitreise

Als Obentraut-Darsteller Rainer Künnecke vor zehn Jahren eine Theaterpädagogin suchte, die dramaturgisch arbeitet und Laienschauspieler leitet, musste Dorit David nicht lange überlegen. „Ich fand es ganz spannend, mit einem historischen Stoff zu arbeiten“, erinnert sie sich. Künnecke und sie hatten als Kollegen bereits gemeinsame Erfahrungen im Improvisationstheater Hannover 98 gesammelt. Aktuelle Themen werden eingebaut: Die Zeitreise sei ganz besonders und anders, erklärt David. Es gäbe viele Unterschiede zum Theaterspielen auf der Bühne, schließlich fände alles im Freien statt und sei weit auseinandergezogen. David nahm die Herausforderung damals an und leitet seit 2009 mit viel Erfolg das Ensemble der Zeitreise. Das Zusammenspiel aller Mitwirkenden sei hervorragend, schwärmt sie. Die Laienschauspieler, die sich einmal im Monat zu einem Stammtisch treffen, sammeln immer wieder neue Ideen. Gesellschaftliche Entwicklungen und besondere Ereignisse werden über das ganze Jahr festgehalten. Auch David und Künnecke haben stets aktuelle Geschehnisse im Blick, die sie mit den Ideen der Schauspieler bündeln und letztendlich auswählen. „Wir überlegen immer, was wir in den Vordergrund stellen wollen“, erzählt David. Die Leitgeschichte müsse erarbeitet werden, wobei die Grundstruktur immer gleich bliebe. Während die Schauspieler durch den Bürgerpark ziehen, spielen sie an verschiedenen Stationen. Alle, so David, würden aber auf der großen Bauernwiese zusammenkommen. Dass Obentraut immer in den Krieg zieht, ist fester Bestandteil des Stücks. Schließlich ist die Imagefigur des Seelzer Stadtmarketings ein Reitergeneral aus dem Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648). Aber was ihm auf seinem Weg widerfährt, ändert sich jährlich. Das Publikum, das wiederholt an der Zeitreise teilnimmt, erkennt also den Vereidigungsplatz und den Schauplatz für die Kriegsvorbereitungen wieder. „Das Spiel auf dem letzten Schauplatz am Lagerfeuer hingegen ändert sich jedoch regelmäßig“, verrät David. Für die Zukunft könne sie sich vorstellen, auch einmal ein ganz anderes Konzept zu entwerfen, bei dem die Zeitreise ganz anders aufgezogen würde. Drehbuch und ausgefeilte Technik: Wenn alle Ideen und Vorschläge zusammen getragen sind und das Thema festgelegt ist, beginnt David, das Drehbuch zu schreiben. „Dafür benötige ich bis zu vier Tage“, sagt sie. Bis zu sechs Mal tauschen Künnecke und David das Drehbuch untereinander aus, fügen Änderungen und Ergänzungen hinzu. Für David ist die Arbeit mit dem Schreiben des Drehbuchs allerdings noch nicht beendet. „Ich muss mir überlegen, welche Technik wir einsetzen können, welche Geräusche wir benötigen und welche Musik das Geschehen untermalen kann“, berichtet sie. Bei der Realisation wird sie tatkräftig von Rolf Zikowsky, Geschäftsführer der Firma Rilling und Partner, unterstützt. David trifft sich mit allen Schauspielern vor der Aufführung zu einem dreitägigen Workshop. Das seinen für alle zwar anstrengende Tage, die aber viel Spaß bereiten und die Teilnehmer in eine freudige Anspannung versetzen. Davids Aufgabe ist es auch, die Gesamtsituation, die das Publikum wahrnimmt, zu berücksichtigen. „Das kann der einzelne Schauspieler nicht leisten“, erklärt sie. Bei der Aufführung der Zeitreise im Bürgerpark ist die Theaterpädagogin auch im Stück involviert, was ihr eine versteckte Regie ermöglicht. „Ich bin immer die Moritatenfrau und kündige die jeweiligen Szenen an“, erzählt sie. Manchmal würde sie auch als Bauersfrau durch das Dorf schleichen und könne so Einzelne an ihren Einsatz erinnern oder auch mal schnell eine Requisite suchen. Im Laufe der Jahre ist das Zeitreiseteam zusammengewachsen. „Zu Beginn war es für mich nur ein Arbeitsauftrag, aber inzwischen sind persönliche Bindungen entstanden“, freut sich David. Die Laienschauspieler seien großartig, voller Engagement, nähten Kostüme selbst und schrieben Texte. Bei dem Zusammenspiel zwischen allen Begebenheiten und Charakteren würde für sie persönlich viel rüberkommen. Und wenn sie nach dem Spektakel im Bürgerpark im Zug sitzt und zurück nach Hannover fährt, ist sie sich jedes Jahr immer wieder sicher, dass sie auch weiterhin dabei bleiben möchte. Jährlich ziehen 30 Darsteller in bunten Kostümen durch den Bürgerpark, in diesem Jahr bereits zum elften Mal. An verschiedenen Stationen geben sie den Zuschauern einen Einblick in die Vergangenheit während des Dreißigjährigen Krieges. Schauspieler Rainer Künnecke verkörpert dabei Reitergeneral Michael von Obentraut, der fähige Männer sucht, um gegen Tilly in den Krieg zu ziehen. Ob Wahrsagerin, Bauernvolk, Magd oder Musiker, die Darsteller lassen gemeinsam alte Zeiten aufleben und bringen das Jahr 1625 nach Seelze. Obentraut ist seit 2008 die Imagefigur von Seelzes Stadtmarketing. Die Zeitreisenden sind als Obentraut-Gefolge auch bei Stadtempfängen und anderen Veranstaltungen gefragt. Wir stellen einige Darsteller mit ihren Rollen vor und blicken mit ihnen gemeinsam hinter die Kulissen. Die nächste Zeitreise wird am Freitag, 21. August, angeboten. Lesen Sie auch Zeitreisende besuchen Rittergilde von Stromberg Darsteller bereiten sich auf zehnte Obentraut-Zeitreise vor Obentraut-Zeitreise: Böllerschüsse fallen im Bürgerpark Einblick in die Vergangenheit: Nanette Bystrom verkleidet sich seit sieben Jahren für die Zeitreise Schauspiel Zeitreisende: Dulli will Seelze von Letter abspalten Von Heike Bake