Sehnde: Unterrichtsausfall „kann auch eine Chance sein“

Wie war das für Sie, die Schule am 16. März schließen zu müssen? Wir waren sprachlos, und ich hatte ein mulmiges Gefühl. Einen dementsprechenden Brief mit der Mitteilung an die Eltern zu verfassen, war keine schöne Aufgabe für mich, zumal es der erste Elternbrief von mir als Rektorin war. Den hatte ich mir anders vorgestellt. Welche Folgen ergeben sich für die Schüler, etwa hinsichtlich der anstehenden Klassenarbeiten? Wir haben den Kindern Übungsmaterial zur Vertiefung zukommen lassen. Das kommt im Schulalltag durch die Fülle des Arbeitslehrplans oft zu kurz. Wichtig ist uns, dass die Kinder diese Zeit auch nutzen, um andere Dinge zu lernen: Jetzt stehen Rücksichtnahme, Verständnis für andere Menschen, Gemeinschaftsgefühl und sinnvolle Freizeitbeschäftigung zu Hause auf dem Stundenplan. Klassenarbeiten rücken da eher in den Hintergrund. Wird der Unterrichtsausfall die Schüler zurückwerfen, oder sehen Sie darin auch Chancen? Für Familien ist die Schließung der Schulen und Kitas eine große Belastung und Herausforderung. Viele Eltern müssen nun Beruf und Kinderbetreuung ohne Hilfe der Großeltern unter einen Hut bringen, und die Sorge um die berufliche Existenz wird bei vielen Menschen immer größer. Das ist nicht einfach und kann zu Überforderung führen. Da können wir als Schule nicht verlangen, dass auch noch der Unterrichtsausfall von Eltern kompensiert wird. Deswegen gibt es von uns nur Material, welches die Kinder ohne Verpflichtung selbstständig bearbeiten können. Die Zeit auf engem Raum kann aber auch eine Chance sein, sich neu zu finden. Inwiefern? Eltern lernen ihre Kinder auf einer anderen Ebene kennen, und Familien müssen neue Wege finden, miteinander umzugehen. Unser Tag ist oftmals bestimmt durch zahllose Termine, sodass man immer seltener als Familie alltägliche Dinge erlebt. Nun ist Kreativität gefragt, und Werte rücken wieder mehr in den Mittelpunkt. Auch Langeweile muss ausgehalten werden. Sie ist wichtig und regt die Fantasie an. Daraus können tolle Dinge entstehen. Wichtig ist, dass der Tag der Kinder nicht nur durch Fernsehen und Computerspiele bestimmt wird. Wir müssen jetzt auf uns und auf andere Menschen aufpassen. Das müssen wir versuchen, den Kindern zu vermitteln. Von Patricia Oswald-Kipper