Die ganz große Politik und die Öffentlichkeit in Springe

Wenn nicht gerade ein Aufreger-Thema die Springer Bürger bewegt oder eine Wahl ansteht, dann ist ihre Einstellung zur Demokratie ein wenig wie die von Eltern zu ihren Kindern, die sich ins eigene Zimmer zurückgezogen haben: Wenn wir nichts hören, wird schon alles in Ordnung sein. Entsprechend leer ist auch meist der Zuhörerraum in den Ausschuss- und Ratssitzungen. Wäre das in Corona-Zeiten nicht eine gute Gelegenheit, einfach mal per Videokonferenz zu tagen, die Entscheidungen über die Zukunft der Stadt quasi vom Küchentisch aus zu treffen? Mag sein – jedoch: So eine Sitzung wäre auf gut Deutsch gesagt für die Tonne. „Beschlüsse, die ohne Öffentlichkeit gefällt werden, sind null und nichtig“, hatte Bürgermeister Christian Springfeld schon vor einigen Tagen in einem Interview betont. Was dann? Stadt und Politik befinden sich seit längerer Zeit im Austausch über Möglichkeiten, öffentliche Sitzungen (und damit Beschlüsse auch über Aufregerthemen wie den geplanten Rathaus-Um- und Ausbau) ab Mitte Mai wieder möglich zu machen. Eine Variante, die die Stadt vorgeschlagen hatte: das sogenannte Pairing. Dabei würden die einzelnen Fraktionen und Gruppen einzelne Politiker aus den Ausschüssen und dem Rat abziehen – rechnerisch immer so („Pairing“ heißt auf Deutsch etwa Paarbildung), dass das Stimmverhältnis bewahrt bleibt. Doch die Gegenwehr aus der Politik war zu groß. „Das geht nur, wenn alle mitmachen“, sagt Springfeld. Unter anderem wehrte sich die AfD jedoch deutlich: Die zweiköpfige Fraktion, sonst im politischen Alltag meist eher zurückhaltend, sah keinen Anlass, die demokratischen Gepflogenheiten auf diesem Wege zu verändern: Schließlich gebe es genug Räume, in denen man sich mit dem nötigen Abstand treffen könne. Anders als die Regionsversammlung etwa verzichtet man in Springe nun also auf Pairing. Nun also Plan B: Die Ausschusssitzungen sollen vorerst ausschließlich in der Aula des Schulzentrums Süd stattfinden – dort wo sich sonst eigentlich nur der Rat trifft. Hier sei, so Springfeld, genug Platz, um den nötigen Abstand zu halten. Besucher könnten oben auf der Tribüne sitzen. Durch die angrenzende Mensa sei auch in die andere Richtung genug Ausweichplatz. Sollte es tatsächlich mehr Zuschauer als Plätze geben, sollen extra Eintrittskarten vergeben werden. Von Christian Zett