Uetze: Auf dem Campingplatz in Hänigsen herrscht Angst vor Obdachlosigkeit

Dauerbewohner des Campingplatzes am Freibad in Uetze-Hänigsen fürchten um ihre Zukunft. Die Betreiberin Kathrin Wilton will den Platz zum 30. Juni 2021 schließen, auf dem mehr als 20 Bewohner mit erstem Wohnsitz dauerhaft leben. „Wir haben Angst, dass wir obdachlos werden“, sagt Ralf Piskorek, der seit knapp vier Jahren auf dem Gelände wohnt. 1971 hatte der Campingplatz eröffnet, zu dem auch ein Wochenendhausgebiet gehört; die Dauerbewohner leben sowohl in Campingwagen als auch in kleinen Wochenendhäusern. Dass die bevorstehende Kündigung auch mit einem Wertverlust für die Dauerbewohner verbunden sein wird, befürchtet ein 68 Jahre alter Mann, der vor sechs Jahren mit seiner Frau auf den Campingplatz gezogen ist und nicht namentlich genannt werden will. „Ich habe 60.000 Euro investiert“, sagt er. Er habe das kleine Häuschen auf seiner Parzelle gekauft, saniert und eine Zentralheizung eingebaut. Gemeinsam mit einem Nachbarn habe er eine Kanalisation legen lassen. „Man weiß nicht, wohin“: Auf der Nachbarparzelle habe er eine Wohnung für seine Tochter gebaut. „Ich habe alles ringsum pflastern lassen und im vergangenen Jahr noch Rollrasen verlegt“, berichtet der 68-Jährige. Sein Häuschen sollte sein Altersruhesitz sein. „Wir stehen jetzt eigentlich auf der Straße“, sagt er. „Das Traurige ist, dass man nicht weiß, wohin“, sagt ein 69-Jähriger, der seit 20 Jahren seinen Wohnsitz auf dem Campingplatz hat und ebenfalls anonym bleiben will. Wenn er nicht in eine Zwei-Zimmer-Wohnung für rund 360 Euro Miete einschließlich Nebenkosten ziehen könne, müsse er einen Teil seiner Möbel wegwerfen. Für eine so niedrige Miete finde er aber keine Wohnung, glaubt er. Bewohner fordert Sozialplan: „Es muss alles zurückgebaut werden“, vermutet der 69-Jährige. Diese Kosten könne er nicht tragen. Die Gemeinde Uetze dürfe die Dauerbewohner nicht im Regen stehen lassen, fordert der Mann: Sie müsse eine Art Sozialplan aufstellen. Die Gemeinde weiß von der bevorstehenden Schließung. Grundsätzlich sei jeder Bürger selbst verpflichtet, sich um seinen Wohnraum zu kümmern, sagt Gemeindesprecher Andreas Fitz. Die Verwaltung wolle aber prüfen, ob sie bei der Wohnungssuche Unterstützung leisten könne. Auch Dauercamper Piskorek geht davon aus, dass er keine günstige Wohnung finden wird. Bevor er auf den Campingplatz gezogen sei, habe er mehr als zweieinhalb Jahre vergeblich danach Ausschau gehalten. „Ich habe gesucht, gesucht, gesucht und nichts gefunden.“ Klaus Urban, der im Sommer als Lastwagenfahrer arbeitet, zog vor zweieinhalb Jahren auf den Campingplatz. Er wollte in der Natur leben, sagt er. „Wenn ich von meinen Wochentouren zurückgekommen bin, war es hier für mich wie Urlaub.“ Suche im Internet nach neuem Stellplatz: Urban schaut sich bereits im Internet nach einem Wohnwagenstellplatz auf einem anderen Campingplatz um. Für ihn und Piskorek kommt nur ein Platz infrage, auf dem sie ihren ersten Wohnsitz anmelden könnten. „Wo man seinen Briefkasten aufhängen kann, damit man seine Post bekommt“, sagt Piskorek. Weil kleine Mietwohnungen rar seien, habe er schon über die Alternative nachgedacht, mit anderen eine Wohngemeinschaft zu gründen. Dann könnten sich mehrere die Miete für eine größere Wohnung teilen, und die Kosten für jeden Einzelnen wären nicht so hoch. Nur Dauercamperin Heike Hellwig, die seit 2018 auf dem Campingplatz wohnt, zeigt sich zuversichtlich, dass sie ihre gepachtete Fläche über den 30. Juni 2021 hinaus behalten kann. „Ich bin Optimistin“, sagt sie. Sie legt zurzeit auf ihrer Parzelle einen Garten für Bienen und Hummeln an. Kündigung kommt in Kürze: „Wir haben hintenherum erfahren, dass der Platz aufgeben wird“, klagt Urban. „Durch Mund-zu-Mund-Propaganda“, fügt Piskorek hinzu. Dem widerspricht die Betreiberin Kathrin Wilton. Sie habe die Pächter mündlich darüber informiert, dass sie ihren Platz schließen werde. „Die schriftliche Kündigung kommt in den nächsten Tagen“, sagt sie. „Es ist unsere freie Entscheidung, nach 50 Jahren den Campingplatz zuzumachen“, sagt Wilton. Angaben zu den Gründen will sie nicht machen. Ihr sei die Entscheidung nicht leicht gefallen, weil ihre Eltern die Anlage aufgebaut hätten. Ihr sei bewusst, dass es für die Bewohner nicht leicht werde, ihre Parzellen aufzugeben. Den Vorwurf, nicht mehr in die Anlage investiert zu haben, weist sie zurück: Noch 2019 habe sie neue Stromkästen aufstellen und im Hauptweg eine Drainage verlegen lassen. Einige Camper vermuten, dass das Gelände zu Bauland gemacht werden soll. Wilton verweist darauf, dass das baurechtlich nicht möglich sei. Tatsächlich weist der auf der Internetseite der Gemeinde einsehbare Bebauungsplan das Gelände als Campingplatz und Wochenendwohngebiet aus. Lesen Sie auch: Campingpark am Irenensee in Dahrenhorst will einer der attraktivsten Campingplätze in Niedersachsen werden Von Friedrich-Wilhelm Schiller