Wedemark: Haben die Kita-Notgruppen bereits die Belastungsgrenze erreicht?

In der Wedemark steigt die Nachfrage nach Notbetreuung für Kinder. Laut Gemeindesprecher Ewald Nagel sind derzeit rund 150 Kinder in den kommunalen Einrichtungen sowie Kitas von freien Trägern untergebracht. Anfang des Monats waren es noch 60. Allein am vergangenen Wochenende, nachdem die Landesregierung die Kriterien für die Notbetreuung gelockert hatte, habe es 30 zusätzliche Anmeldungen gegeben. „Die konnten wir alle bedienen“, berichtet Nagel. Wie viele Kinder in der Kommune maximal betreut werden können – pro Gruppe sollten es laut Landesjugendamt maximal fünf Kinder sein –, kann Nagel hingegen nicht sagen. „Wir schauen, was wir möglich machen können.“ Einen Mangel an Personal und Räumen für die einzelnen Gruppen gebe es aktuell noch nicht. Allerdings stelle diese Situation die Gemeinde vor „dramatische Herausforderungen“, berichtet Bürgermeister Helge Zychlinski. Einige Mitarbeitende gehörten selbst zur Risikogruppe – aufgrund ihres Alters oder Vorerkrankungen – und stehen für einen Einsatz nicht zur Verfügung. Es gebe derzeit höhere Personalanforderungen, denn pro fünf Kindergartenkinder muss aktuell ein Erziehender kommen. Sonst seien zwei Mitarbeitende für 25 Kinder zuständig. Kinderfreunde: Belastungsgrenze ist erreicht: Die Gesellschaft Kinderfreunde Wedemark, die in der Kommune mehrere Einrichtungen als freier Träger betreibt, glaubt, dass sich die Notgruppen bereits jetzt an der Belastungsgrenze befinden. „Ministerpräsident Stephan Weil möchte auf eine Auslastung von 8 Prozent landesweit kommen. Da sind wir schon seit Wochen“, sagt Geschäftsführer Tim Arndt-Sinner. In der Krippe am Teich in Mellendorf werden aktuell 1,2 Prozent der Kinder betreut, ab kommenden Montag steigt die Zahl auf 6,7 Prozent. In der Krippe und dem Kindergarten Kinnerstuuv in Negenborn sind bereits jetzt 10 Prozent der Kinder vor Ort, die Zahl soll in der kommenden Woche auf 15 Prozent steigen. In der Einrichtung Wederacker in Mellendorf sind aktuell 13,1 Prozent der Kinder in Notgruppen untergebracht, ab kommenden Montag sogar 18,1 Prozent. „Der Ton der Eltern wird rauer“: Es gebe eine Vielzahl von Mitarbeitenden, die zur Risikogruppe gehörten oder in einem Haushalt mit teilweise Hochrisikopatienten lebten, berichtet Arndt-Sinner auf Anfrage. „Selbst wenn wir am Montag wieder öffnen dürften, könnten wir nicht alle Gruppe öffnen. Nüchtern betrachtet ist das die Lage.“ Es sei eine schwierige Zeit, aber zur Eindämmung der Pandemie seien alle diese Maßnahmen notwendig. Und: „Wir vermissen die Kinder.“ Reaktionen aus der Elternschaft empfinden die eingesetzten Betreuungskräfte und der Geschäftsführer teils als ungerecht. „Der Ton der Eltern wird rauer. Die Nöte und Sorgen steigen. Das verstehen wir natürlich. Aber es immer in der Kita abzuladen, ist sicher nicht der richtige Weg“, sagt Arndt-Sinner. „Wir sind das letzte Glied in der Kette und würden uns auch vieles anders wünschen. Es liegt aber nicht in unserer Macht.“ Aktuell habe er außerdem den Eindruck, dass die Akzeptanz für die von der Landesregierung beschlossenen Beschränkungen schwinde. „Das halte ich persönlich für sehr gefährlich“, sagt Arndt-Sinner, der auch im Bundesvorstand des Deutschen Kita-Verbands aktiv ist. Verwaltung der Kinderfreunde konferiert übers Telefon: Zum Alltag der Betreuungskräfte gehören Arndt-Sinner zufolge längst Telefonkonferenzen. Die Verwaltung der Kinderfreunde befinde sich aktuell im Homeoffice. „Wer selbst Kinder zu betreuen hat, schreibt eben noch um 23 Uhr die letzte E-Mail. Es ist, wie es ist, und wir müssen uns neu erfinden“, sagt er. Die Kita-Leitungen seien stets ansprechbar. Er selbst stehe im engen Kontakt mit den Erziehenden. „Ihre Sorgen und Nöte sind auch wichtig.“ Er erlebe aus ihrem Kreis eine hohe Zufriedenheit. Das freue die Verantwortlichen und zeichne die Arbeit der Kinderfreunde Wedemark aus. Auch die Gemeinde lobt das Engagement der Betreuenden vor Ort. Die Mitarbeitenden machten ihre Arbeit „bravourös“, sagt Nagel. Der Bürgermeister berichtet, dass die meisten Eltern Verständnis für die aktuelle Situation zeigten, und verspricht: „Wir arbeiten an allem, was wir können, um es den Eltern zu erleichtern.“ Die Kommune wolle die Situation in der Corona-Krise den Erziehungsberechtigten und ihren Schützlingen so gut es geht erträglich machen. Doch die Gemeinde, so sagt es der Wedemärker Bürgermeister, könne nicht alle individuellen Probleme bei der Kinderbetreuung lösen. Die Kindertagesstätten blieben weiterhin geschlossen. Die Plätze in der Notbetreuung seien im Wesentlichen den Eltern in sogenannten systemrelevanten Berufen und einem Berufszweig von allgemeinem öffentlichen Interesse vorbehalten, erklärt Zychlinski. Bei einigen Eltern hätte sich der Eindruck verfestigt, dass die Notbetreuung für alle Kinder offen ist. Anmeldeformular steht online bereit: Eltern, die ihre Kinder für die Notbetreuung anmelden wollen, finden das entsprechende Formular online auf der Internetseite der Gemeinde Wedemark auf www.wedemark.de. Zudem müssen beide Elternteile einen Nachweis des Arbeitgebers über die Beschäftigung einreichen. Das tägliche HAZ Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Hannover täglich gegen 6 Uhr im E-Mail-Postfach. Lesen Sie auch: Coronavirus: Maximal fünf Kita-Kinder pro Notgruppe Corona-Krise: Gemeinde streicht Kita-Gebühren Weitere Branchen profitieren: Welche Kinder dürfen jetzt in die Notbetreuung? Von Julia Gödde-Polley und Ursula Kallenbach