Wennigsen: Frauenzentrum berät in Konfliktsituationen

Gewalt in der Beziehung, Trennung, Scheidungsstreit, Stalking: Immer wieder geraten Frauen in ihrem häuslichen Umfeld in Krisensituationen. Oft bleiben ihre Notlagen aber von Freunden und Angehörigen unbemerkt – auch weil die Opfer nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen, um Hilfe zu bekommen. Seit dem Frühjahr 2020 erhalten Frauen und Mädchen mit derartigen Problemen dank der Sprechstunde des Frauenzentrums Ronnenberg im Wennigser Rathaus schnell Unterstützung. Insgesamt 17 Frauen aus der Gemeinde haben die beiden Sozialpädagoginnen Marion Weber und Beate Janisch vom Frauenzentrum innerhalb der ersten Monate bereits beraten – in 63 Gesprächen. Und das, obwohl der Start des Angebots wegen Corona doch etwas holprig verlief, sagen die beiden Sozialpädagoginnen. Corona erschwert den Start: „Aufgrund der Pandemie konnten wir nicht so stark auf unser Angebot aufmerksam machen, wie wir es uns gewünscht haben“, sagt Weber. Denn eine Vernetzung mit den Institutionen, wie etwa dem Frauenzentrum, Kitas und dem Jugendamt, sei aufgrund der Kontaktbeschränkungen nicht so einfach gewesen. Auch diverse Aktionen mussten abgesagt werden. Dennoch sind Janisch und Weber froh, dass so viele Frauen es zu ihnen in die Sprechstunde geschafft haben. Eines der größten Themen in ihren Sprechstunden sei sexuelle oder häusliche Gewalt gewesen, berichten die beiden. „Entweder kamen die Frauen nach dem ersten Vorfall, oder aber sie kamen, weil die Gewalt in den letzten Jahren immer mehr eskaliert ist und sie einen Ausweg suchten“, sagt Weber. Sie und ihre Kollegin schauen dann, wie sie die Hilfesuchenden stabilisieren und stärken können und wie diese aus der Situation entkommen können. Das zweite große Thema in den Sprechstunden seien Trennungen gewesen. Auch längere Begleitung ist möglich: Doch das Feld, bei dem die beiden hauptamtlichen Sozialpädagoginnen unterstützen, ist noch weitaus größer: Sie helfen bei Neuorientierung, Trennung und Scheidung, bei Konflikten, bei Stalking, seelischer, körperlicher und sexualisierter Gewalterfahrung, bei Traumatisierungen und weiteren psychosozialen Problemlagen. Eine Besonderheit, die den Frauen in Wennigsen und Gehrden, aber auch in Ronnenberg aufgefallen ist, ist, dass die Ratsuchenden im vergangenen Jahr häufiger zu ihnen gekommen sind. „Es gab mehr Frauen, die unsere Beratung über einen längeren Zeitraum genutzt haben“, sagt Weber. „Wir hatten mehr Beratungsgespräche bei der gleichen Anzahl an Hilfesuchenden.“ Eine mögliche Erklärung: „Wer stärker belastet ist, braucht auch eine längere Begleitung.“ Und diese bieten Weber und Janisch den Frauen gerne. „Dafür sind wir ja schließlich da.“ Beide betonen jedoch, dass sie keine Therapie anbieten können. „Wir sind aber dafür da, die Zeit bis zu einer Therapie zu überbrücken“, sagt Janisch. Es gibt kein Limit – jede Frau kann so oft zur Sprechstunde kommen, wie sie möchte und bis es ihr wieder gut geht. Hürde ist noch immer hoch: „Wir nehmen den Frauen keine Entscheidungen ab, aber wir können sie bestärken, ihnen alle Optionen aufzeigen“, sagt Weber und weist darauf hin, dass die Beratung auch Frauen offensteht, die etwa Probleme mit ihren Töchtern oder Kolleginnen haben oder in eine andere Krisensituation gekommen sind. „Ich bin nämlich auch in der Mediation ausgebildet“, ergänzt Janisch. Zudem steht den Frauen eine Rechtsberatung im Frauenzentrum zur Verfügung. Ganz allgemein können sie feststellen, dass sich im Bereich der häuslichen Gewalt in den vergangenen Jahren einiges entwickelt hat. „Das Thema wird in der Gesellschaft mehr thematisiert, aber es ist immer noch sehr schambehaftet“, sagt Janisch. Weber ergänzt: „Es kommen immer wieder Frauen zu uns, die seit Jahren schon in einer Beziehung mit einem gewalttätigen Partner leben.“ Vor allem in Wennigsen und Gehrden sei die Hürde, Hilfe einzufordern, noch hoch – denn die beiden Sozialpädagoginnen sind dort noch nicht so bekannt. Seit 1991 besteht in Ronnenberg das einzige kommunale Frauenzentrum Niedersachsens. Es bietet einen Treffpunkt und Veranstaltungsort für Frauen, der mit laufenden Angeboten und Gruppen sowie mit einem halbjährlich erscheinenden Veranstaltungskalender Frauen jedes Alters und jeder Nationalität einlädt, vorbeizuschauen und teilzunehmen. Zurzeit setzen die beiden Sozialpädagoginnen jedoch wegen der Corona-Pandemie auf Onlineangebote. Normalerweise aber gibt es auch verschiedene fortlaufende Gruppen, wie einen Deutschkurs, das Nähcafé, eine Gruppe für Frauen in Trennungssituationen und eine Gruppe für Frauen mit Suchtproblemen, die sich im Zentrum treffen. Ergänzt werden die Gruppenangebote normalerweise durch eine Mutter-Kind-Gruppe, die in Kooperation mit der Stiftung „Eine Chance für Kinder“ angeboten wird, sowie ein buntes Programm von Vorträgen, Kursen und Seminaren. Ein weiteres Anliegen ist, mit Workshops, Fortbildungen und Öffentlichkeitsarbeit zur Gewaltprävention beizutragen. Weitere Informationen zu den Onlineveranstaltungen und dem Frauenzentrum gibt es auf der Homepage der Stadt Ronnenberg www.ronnenberg.de. Beratung ist anonym: Daher betonen sie, dass die Beratung vollkommen anonym ist, auch die Lage der Sprechstunde sei so gewählt, dass ein Außenstehender nicht sehen kann, wohin genau die Frauen gehen. Zudem unterstehen Weber und Janisch der Schweigepflicht. Beide betonen zudem: „Wer nicht allein kommen möchte, kann auch eine Freundin mitbringen.“ Ihnen sei es wichtig, dass Frauen sich trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Nutzt das Angebot und empfehlt es auch euren Freundinnen, wenn ihr das Gefühl habt, dass sie Hilfe brauchen“, appellieren sie. Die Sprechstunden werden im Wennigser Rathaus an der Hauptstraße montags von 14.30 bis 17 Uhr sowie dienstags von 10 bis 12.30 Uhr angeboten. Dafür sind aber Terminvereinbarungen unter Telefon (0511) 431531 oder per E-Mail an frauenzentrum@ronnenberg.de notwendig. Zudem sind zahlreiche neue Onlineformate geplant. Von Lisa Malecha