Wennigsen: Immer etwas zu tun: So pflegen Kleingärtner ihre Parzellen im Winter

Hinter einem kleinen verschnörkelten Tor liegt Peter Hanischs größtes Hobby. Wenn der 61-Jährige seinen Kleingarten betritt, betritt er auch seine selbst gestaltete Oase. Ein Weg aus roten Steinen schlängelt sich über die Wiese, unter einem Rosenbogen hindurch. Eine kleine Brücke führt gleich dahinter über den Teich. Links und rechts liegen mit Steinen umrandete Beete, Obstbäume stehen auf dem Rasen. Seit 13 Jahren hat Hanisch den Kleingarten in Degersen und gestaltet ihn nach seinen Vorstellungen. Seit drei Jahren ist er außerdem erster Vorsitzender des Vereins. Sein Garten, der so idyllisch aussieht, ist das Produkt vieler Arbeitsstunden. Die meisten Aufgaben fallen in der Gartensaison von April bis Ende Oktober an. Doch auch im Winter gibt es einiges, was der Kleingärtner erledigen kann und muss. „Es fällt immer etwas an“, sagt Hanisch. „Und im Sommer sagt man sich oft: Dies und jenes mache ich, wenn die Erntezeit vorbei ist.“ So zum Beispiel das Beschneiden des Birnbaums. Kernobstbäume sollen im Gegensatz zu Steinobstbäumen wie Kirschen nicht nach der Ernte sondern dann beschnitten werden, wenn sie nicht voll im Saft stehen. Die Äste der Birne in Hanischs Garten wuchern derzeit noch ungeordnet in alle Richtungen. Gleich daneben ist der Kompost – „noch so eine Winteraufgabe“, sagt der Kleingärtner. Denn der Kompost muss umgeschichtet werden, damit aus dem Abfall durch Durchlüftung die nährstoffreiche Erde wird. Etwa sieben Monate später ist der Kompost reif, die meisten Bestandteile sind zersetzt. Damit er im Sommer gute Erde hat, widmet sich Hanisch jährlich zum Winteranfang dieser Aufgabe. Frostschutz ist wichtig: „Ansonsten geht es bei vielen Aufgaben darum, den Garten frostsicher zu machen“, sagt Hanisch. Er setzt die Dahlien, „die absolut keinen Frost vertragen“, in sein Gewächshaus, in dem im Sommer Gurken und Paprika wachsen. „Hier haben sie es warm und im Frühling setze ich sie wieder raus.“ Auch den Teich mit den Goldfischen präpariert Hanisch für die kalten Tage. Auf der Wasseroberfläche schwimmt ein selbst gebauter Eisfreihalter: ein Styroporrechteck mit einem Hohlraum darunter. Unter der Vorrichtung könne sich auch bei starkem Frost kein Eis bilden, erklärt der Experte. So können sich die Fische darunter verstecken. Damit sie genügend Sauerstoff bekommen, steckt in dem Styropor noch ein Plastikröhrchen. Doch Hanisch vermutet: „Wahrscheinlich habe ich das umsonst aufgebaut.“ Die Winter würden immer milder. Der Klimawandel sei deutlich spürbar. So kann Hanisch hinter dem Gewächshaus sogar Kiwisträucher anpflanzen. „Vor zehn Jahren wären die mir noch eingegangen.“ Auch an anderer Stelle zeigt sich, dass die warmen Temperaturen den Garten beeinflussen: Im vorderen Grundstücksteil hat Hanisch eine Magnolie stehen, die bereits erste Knospen trägt. „Wenn es weiter so warm bleibt, kann es sein, dass sie in 14 Tagen blüht“, meint der Kleingärtner. Sollte es dann noch mal Frost geben, setze das der Pflanze allerdings zu. „Nur mit viel Glück treibt sie ein zweites Mal aus.“ Die Umstellung auf die wärmeren Winter bringt auch Probleme mit sich. „Ungeziefer und Wühlmäuse, die die kalten Winter früher nicht überlebten, zerstören nun viele Pflanzen“, sagt Hanisch. Der fehlende Schnee mache Blumen und Sträucher ebenfalls angreifbar, sollte es doch mal Nachtfrost geben. Viele freuen sich nach Weihnachten auf ihren Garten: Eine weitere Aufgabe im Winter: Alte und defekte Gerätschaften müssen repariert werden. „Da macht man dann alles, was man sonst nicht schafft“, sagt Hanisch. Er baue beispielsweise einen neuen Untersatz für seinen Wasserspeicher. „Im Winter kann ich hier auch so viel Krach machen, wie ich will. Das stört keinen. Aber nach Weihnachten kommen viele wieder her“, weiß er. Nicht ohne Grund: „Nach dem mächtigen Essen freuen sie sich darauf, sich wieder im Garten bewegen zu können.“ 60 Kleingärten gibt es in der Anlage der Gartenfreunde Degersen. Die Pächter seien bunt gemischt, sagt der erste Vorsitzende des Vereins, Peter Hanisch. Doch der 61-Jährige stellt seit ein paar Jahren einen Wandel fest: „Früher wurden die Gärten eher von Älteren gepachtet, heute kommen auch immer mehr junge Familien.“ Der Trend, bevorzugt gesunde Bioprodukte zu essen oder selbst Obst und Gemüse anzubauen, sei deutlich zu spüren, sagt Hanisch. „Kinder sollen wissen, wie das Essen entsteht und dass Kühe nicht lila sind.“ Viele Eltern legten darauf verstärkt ihr Augenmerk. „Außerdem sind Kinder im Garten eigentlich immer beschäftigt“, sagt Hanisch. Zwischen Zuckerschoten- und Kirschenernte hätten sie viel Platz zum Spielen. Das Kleingartengesetz sieht vor, dass ein Garten nicht nur mit Blumen und Wiese bepflanzt werden darf, sondern ein Teil als Ackerland genutzt werden muss – doch das sieht Hanisch nicht so streng. „Wo früher die Bewirtschaftung im Vordergrund stand, ist heute die Erholung wichtiger“, sagt er. „Aber die meisten fangen ohnehin nach ein paar Jahren an, Kartoffeln oder Gemüse anzubauen.“ Lesen Sie auch: Stadt kündigt 18 Kleingärten an der Schulenburger Landstraße 100 Jahre Kleingärten in Gehrden: Früher sicherten sie das Überleben Von Lisa Neugebauer