Es ist zwar die Generalprobe, aber von Anspannung oder Nervosität ist bei den beteiligten Akteuren, Musikern und der Regie nichts zu spüren. In der Mehrzweckhalle der Freien Waldorfschule Sorsum herrscht spürbar Gelassenheit bei den Mitgliedern der Theater-AG. Regisseurin Susanne Theis legt sogar noch einmal ihre Liste für den Requisitencheck zur Seite, um Fragen zu dem neuen Stück zu beantworten. Die ausgebildete Sprachtrainerin und AG-Leiterin zeigt einen Zettel, auf dem die Besetzungen und weitere Aufgabenverteilungen aufgelistet sind: ein Blatt Papier mit unzähligen Namen und Worten, unterschiedlich groß geschrieben. „Diesmal ist es ein Großprojekt, weil insgesamt 24 Schüler aus der neunten bis elften Klasse beteiligt sind“, sagt Theis. Für das alljährliche und freiwillige AG-Projekt seien so viele Anmeldungen verzeichnet worden, sagt Theis.
Viel Livemusik und Gesang
In diesem Jahr steht bei der Theater-AG das Stück „Kommt ein Mann zur Welt“ von dem Theaterbuchautoren Martin Heckmanns auf dem Spielplan. Seit etwa acht Monaten probt die AG bereits für die Premiere. „Damit sich alle Schüler einbringen können, aber auch, weil es einfach schön ist, haben wir jede Menge Livemusik und Gesang eingefügt“, sagt die Regisseurin. Das Besondere: Die Schauspieler sind auch als Musiker oder Sänger im Einsatz. „Es bedarf schon einer genauen Planung, die Wege zwischen Bühne und Musikerpodest in einen reibungslosen Ablauf einzubinden“, sagt Theis. Für diese und andere Herausforderungen seien szenische Lösungen gefunden worden.
Instrumentale Vielfalt und bekannte Lieder
Dann bittet sie alle mitwirkenden Schauspieler auf die Bühne. Sie sollen noch einmal gemeinsam den „Konjunktur-Cha-Cha“ proben. Das 1960 durch das Hazy Osterwald-Sextett bekannt gewordene Lied wird vom musikalischen Leiter Ludwig Theis sowie den Schülern Gideon Achenbach und Marian Cordes instrumental begleitet. „Im Stück kommen Gitarre, Bass, Akkordeon, Harfe und ein Streichquartett zum Einsatz“, sagt die Regisseurin nach der kurzen Szenenprobe. „Zu hören sind auch Songs von Rio Reiser, Udo Lindenberg und Hermann van Veen“, zählt die Regisseurin auf. Nur zwei der Schüler seien ausschließlich als Musiker an der Aufführung beteiligt. Elftklässler Cornelius Theis ist im Rahmen seiner Jahresarbeit für Bühnenbild und Kostüme verantwortlich.
Ungeschminkte Wahrheiten und 40 verschiedene Rollen
Dass auch dies einen großen Aufwand erfordert, zeigt der Umfang des Projekts. „Es gibt mehr als 40 Rollen. Allein die Hauptfigur wird von vier verschiedenen Schülern verkörpert“, sagt Theis. In dem Stück von Heckmanns geht es um die Lebensgeschichte eines Mannes im Zeitraffer: Er wird geboren, fällt vom Baum, wird Aktionskünstler und Schlagersänger, hat Erfolg und noch mehr Misserfolge, bindet sich, wird Vater und verlassen, wird krank und ist sein Leben lang auf der Suche nach sich selbst – so weit die Kurzfassung. Für die Regisseurin liegt eine Besonderheit in der verblüffenden Sprache: „Es werden Wahrheiten ungeschminkt ausgesprochen, die sonst nur gedacht werden“, sagt Theis. Es gehe auch um Selbstbilder und Selbstverantwortung.
Insgesamt drei Aufführungen sind geplant
Wie die Waldorfschüler im Zeitraffer Klartext sprechen und dabei bewusst kein Blatt vor den Mund nehmen, können Besucher bei der Premiere am Mittwoch, 1. Mai, ab 18.30 Uhr sowie am Freitag und Sonnabend, 3. und 4. Mai, jeweils ab 19.30 Uhr in der Mehzweckhalle der Schule erleben. Der Eintritt ist frei, Spenden werden gerne entgegengenommen.
Von Ingo Rodriguez