Kita-Kosten belasten Haushalt der Samtgemeinde Sachsenhagen stark

Die Kosten bei der Kinderbetreuung explodieren, zurückzuführen ist das auf immer neue Gesetze. In der Folge wurden die Leistungen ausgeweitet, welche die Städte und Gemeinden in den Einrichtungen erbringen müssen. In der jüngsten Sitzung des Rates der Samtgemeinde schlug Bürgermeister Jörn Wedemeier nun Alarm. Er mache sich „persönlich große Sorgen“, wenn er die Kosten der Kinderbetreuung betrachte, wie sie sich im Haushalt abbilden. Defizit um 93,7 Prozent gestiegen: Die Zahlen dazu: Vor vier Jahren gaben die Samtgemeinde und ihre Gemeinden (Hagenburg und Sachsenhagen, Auhagen und Wölpinghausen) 1,17 Millionen Euro für die Kinderbetreuung aus, vor zwei Jahren waren es 1,63 Millionen Euro, in diesem Jahr sind laut Haushaltsplan 2,27 Millionen Euro fällig. Samtgemeindebürgermeister Wedemeier hat spitz nachgerechnet. „Das Defizit ist innerhalb von nur vier Jahren um 93,7 Prozent gestiegen.“ Die finanzielle Belastung für Samtgemeinde und Gemeinden sei „nicht länger tragbar“, sagt Wedemeier. Die Samtgemeinde schreibt in diesem Jahr laut Haushalt ein Minus in Höhe von 814.000 Euro. Sie betreibt sechs Kitas selbst, zwei werden vom Flecken Hagenburg unterhalten, eine ist in freier Trägerschaft (Waldkindergarten, Deutsches Rotes Kreuz, Hagenburg). Um herauszufinden, ob die Samtgemeinde Sachsenhagen ein Einzelfall ist, hat sich Wedemeier bei den Kämmerern im Landkreis Schaumburg erkundigt, deren Zahlen erfragt und addiert. Ergebnis: Für dieses Jahr wird insgesamt ein Defizit von 37,61 Millionen Euro erwartet. Die 1,9 Millionen Euro, die aus dem Kreishaus fließen, sind bereits eingepreist. Fazit: Was Sachsenhagen bedrückt, bedrückt auch die anderen Städte und Gemeinden; dies gilt sogar in ganz Niedersachsen. Über 50 Prozent der Steuereinnahmen gehen an den Kreis: Die Jugendhilfe, zu der die Kinderbetreuung gehört, ist eigentlich Aufgabe der Landkreise. Also schlägt Wedemeier das Defizit, das in der Samtgemeinde anfällt, auf die derzeit geltende Kreisumlage von 51,8 Prozent der Steuereinnahmen auf. So kommt er auf eine „rechnerische Kreisumlage“, wie er sagt, von 72,5 Prozent. Wedemeiers Vorstoß hat allerdings einen Schönheitsfehler. Lesen Sie auch: Ist ein Ende der Kita-Krise- in der Region Hannover in Sicht? 1994 haben Schaumburgs Kommunen die Aufgabe der Kinderbetreuung vom Landkreis übernommen – in eigener Verantwortung und vor allem: in eigener Kostenträgerschaft. Dies alles hat man in einem Vertrag niedergelegt. Die bis dahin freiwillig betriebenen Kitas wollte man auf jeden Fall weiter betreiben. Finanziell war das kein Problem, weil nicht so viele Kinder wie heute Kitas besuchten. Und diejenigen, die hingingen, wurden nicht so lange und so umfassend betreut. Anspruch auf Betreuung seit 1996: Das änderte sich, als sich die Welt der Arbeit und der Familie änderte. Seit 1996 haben Familien das gesetzlich verbriefte Recht, dass die Kommune ihnen einen Platz für drei- bis sechsjährige Kinder bietet; seit 2013 gilt dies auch für ein- bis dreijährige Kinder. „Alle Kollegen gehen davon aus, dass die zusätzlichen Einrichtungen, die derzeit geplant oder schon gebaut werden, das Defizit erheblich steigern werden“, sagt Wedemeier. In der Samtgemeinde weiß man zum Beispiel, dass in den nächsten Jahren zusätzliche Krippenplätze hermüssen. Lesen Sie auch: In Wunstorf fehlen aktuell 417 Kita-Plätze Wedemeier platziert seine Warnung vor einem finanziellen Kollaps direkt in die Phase, in der hinter den Kulissen der Doppelhaushalt des Landkreises Schaumburg für 2021 und 2022 zusammengezimmert wird. „Wir brauchen eine Lösung, die den Kommunen auskömmliche Umlagen sichert“, sagt Wedemeier. Also hat er den Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund gebeten, sich beim Land „für eine deutlich bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen bei der Kinderbetreuung einzusetzen“. Als Ultima Ratio könnte sich Wedemeier sogar vorstellen, den Vertrag aus dem Jahr 1994 aufzukündigen. „Dann fällt die Zuständigkeit für die Kinderbetreuung zurück an den Landkreis.“ Von Arne Boecker