Heizen mit Fernwärme: Bin ich trotzdem von Gasengpässen betroffen?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/5HPA4K5JKJCQ3L7F4JX6EM3CXE.jpeg)
Fernwärme wird – wie es der Name verrät – nicht im eigenen Haus erzeugt, sondern als fertiges Produkt geliefert.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Viele Häuser werden über zentrale Gasheizungen im Gebäude betrieben – nicht jedoch bei der Fernwärme. Ganz unabhängig sind Kundinnen und Kunden von den Gasengpässen allerdings nicht. Was Sie zum Heizen mit Fernwärme wissen müssen.
Auch Fernwärme wird in erster Linie mit Gas erzeugt
Bei der Fernwärme wird die Wärme nicht über eine Heizung im Haus erzeugt, sondern gelangt über ein Wärmenetz von einem Kraft- oder Heizwerk in die Wohnung, so das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Die sogenannte thermische Energie wird also als fertiges Produkt geliefert, zum Beispiel von einem Blockheizkraftwerk oder Fernheizwerk, aber auch von nachhaltigeren Anlagen wie Kraftwerken mit sogenannter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), Geothermiekraftwerken, Müllverbrennungsanlagen oder solarthermischen Kraftwerken.
Nicht selten wird diese Fernwärme allerdings durch Erdgas erzeugt, wie die Verbraucherzentrale erklärt. 42 Prozent der Fernwärme sei im Jahr 2018 etwa durch den Einsatz von Gas erzeugt worden, 32 Prozent durch Müllverbrennung oder Wärmelieferung von Dritten, die Wärme entstand also beispielsweise bei industriellen Prozessen. Als Brennstoffe kamen zudem Steinkohle (19 Prozent) und Braunkohle (6 Prozent) sowie Mineralöl (1 Prozent) zum Einsatz.
Aktuell liefert die Fernwärme zudem nur einen kleinen Teil der benötigten Wärme. Einer Statistik des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 2018 zufolge hatte Fernwärme in der Beheizung von Wohnungen gerade einmal einen Anteil von etwas über 14 Prozent.
Preissteigerungen auch bei Fernwärme möglich
Die Preisentwicklung bei Fernwärme wird etwas anders geregelt als etwa von reinen Gasversorgern. Die Anbieter rechnen nämlich nicht nur einen, sondern zwei Preise ab: Den Grundpreis pro Kilowatt angeschlossener Leistung und den Arbeitspreis in Cent pro Kilowattstunde, erklärt die Verbraucherzentrale. Der Grundpreis ist demnach ein fester Betrag pro Jahr, der Arbeitspreis hingegen rechnet den tatsächlichen Wärmeverbrauch ab. „Durchschnittlich macht der Grundpreis einen Anteil an den Gesamtkosten von etwa 25 Prozent aus, der Arbeitspreis ungefähr 75 Prozent“, so die Verbraucherzentrale.
Anders als etwa bei Gaskundinnen und -kunden können sich Fernwärme-Kundinnen und -Kunden ihre Anbieter nicht aussuchen. Die Planung und der Betrieb des Kraftwerks sowie der Netze liegen in der Hand eines Unternehmens. Dadurch hat jedes Fernwärmeunternehmen in seinem Bezirk eine Monopolstellung, erklärt die Verbraucherzentrale.
Wie viel teurer wird Fernwärme?
Fernwärme galt lange Zeit als wirtschaftliche und nachhaltigere Alternative. Ähnlich wie die Strom- und Gaspreise dürften allerdings die Kosten für Fernwärme steigen – auch wegen der erschwerten Beschaffung von Gas und Holz. Laut der Verbraucherzentrale fallen die Fernwärmepreise je nach Anbieter allerdings sehr unterschiedlich aus.
Die Stadtwerke München (SWM) verzeichneten im zweiten Quartal 2022 beispielsweise eine Gesamterhöhung von 116 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Anbieter LSW aus Wolfsburg kündigte bereits zum 1. Juli eine Preissteigerung für Fernwärme von rund 70 Prozent an. Kundinnen und Kunden des Versorgers RheinEnergie müssen zum 1. Oktober mit einem Anstieg von 73 Prozent rechnen.
Zwar ist Fernwärme damit immer noch teurer als Gas oder Öl. Wer mit Gas oder Öl heizt, verbraucht allerdings mehr davon, um die gleiche Menge Wärme zu erzeugen. Denn im Fernwärmepreis sind bereits Umwandlungsverluste enthalten. Bei einer Gas- oder Ölheizung entstehen diese Erzeugungsverluste hingegen erst vor Ort im Heizungskessel, erklärt die Verbraucherzentrale.
Wann sich Fernwärme lohnt
Wer über den Wechsel auf Fernwärme nachdenkt, sollte zunächst prüfen, ob sich die Beschaffungskosten lohnen. Besonders empfehlenswert ist Fernwärme nämlich dann, wenn möglichst viele Nutzende an das Fernwärmenetz angeschlossen sind, meint die Verbraucherzentrale. Denn die Verlegung der Netze und der Bau der Erzeugungsanlagen ist mit hohen Kosten verbunden. Bei einem kleineren Gebäude fallen zum Beispiel Umstellungskosten in Höhe von etwa 8000 bis 15.000 Euro an, etwa für die Entsorgung der Altanlage, den Anschluss an das Fernwärmenetz und den Einbau der sogenannten Fernwärmeübergabestation.
In Neubauten kann ein Fernwärme-Anschluss bei dichter Bebauung sinnvoll sein oder wenn zusätzliche industrielle oder gewerbliche Nutzende mit versorgt werden. Wer einen Altbau umrüsten möchte, kann dies von einem Experten oder einer Expertin am besten beim nächsten anstehenden Kesseltausch der Öl- oder Gasheizung einschätzen lassen.
Fernwärme als grünere Alternative
Fernwärme gilt im Vergleich zu anderen Heizarten als klimafreundlicher – besonders, wenn sie mit erneuerbaren Energien erzeugt wird. Die Wärmenetze können nämlich auf eine große Auswahl erneuerbarer und klimaneutraler Wärmequellen zugreifen, betont das BMWK. Zudem könne dieses Wärmenetz Wärmespeicher besser einbinden als einzelne Gebäude und sogar selbst als Wärmespeicher fungieren.
Besonders geeignet ist Fernwärme für den urbanen Raum, da dort selbst kein Raum für die Erzeugung von erneuerbarer Wärme zur Verfügung steht. Bisher verbrennen die meisten Kraftwerke größtenteils allerdings noch fossile Brennstoffe und Fernwärme kann noch nicht überall effizient eingesetzt werden.
Laden Sie sich jetzt hier kostenfrei unsere neue RND-App für Android und iOS herunter