Hydrokultur: Wie Sie Zimmerpflanzen im Wasserglas aufziehen
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Zimmerpflanzen in Wasser statt in Erde: Das ist momentan Trend.
© Quelle: Pixabay
Bei Schnittblumen ist es üblich, sie in eine wassergefüllte Vase zu stellen – bei Zimmerpflanzen eher ungewöhnlich: Doch genau das ist derzeit ein beliebter Trend unter Pflanzenliebhabern und ‑liebhaberinnen. Dabei kommen gewöhnliche Zimmerpflanzen in ein mit Wasser gefülltes Glasgefäß. Durch diesen Effekt, der etwas an ein Aquarium erinnert, wird die Pflanze zur ungewöhnlichen Dekoration. „Das ist natürlich das Faszinierende an Water Plants“, sagt Jürgen Herrmannsdörfer. Er ist Gärtnermeister und Vorstandsmitglied im Fachverband Raumbegrünung und Hydrokultur, der zum Zentralverband Gartenbau (ZVG) gehört. Er sieht den Trend als ein Produkt der Corona-Zeit: „Seit dem Lockdown merken wir, dass Topfpflanzen zunehmend gefragt sind und dass viele kreative Ideen rund um Pflanzen aufkommen.“
Pflanzen komplett ohne Erde wachsen zu lassen ist keine ganz neue Idee. Im Gartenbau ist die Methode als Hydrokultur bekannt: Dabei stehen Zimmerpflanzen in einem Topf, der mit Blähton und Wasser gefüllt ist. Gegossen wird über einen Übertopf mit Wasserstandsmesser, der die aktuelle Füllhöhe der beiden Gefäße anzeigt. Für Lebensmittel, Heilpflanzen und Stecklinge setzt man überdies die Hydroponik ein. Hier wachsen die Pflanzen in einer Nährlösung – so brauchen sie weniger Wasser als bei herkömmlichen Methoden und wachsen besser.
Wo keine Erde ist, bleiben die Hände und das Zuhause sauber
Die Vorteile, die die Aufzucht in Wasser mit sich bringt, liegen auf der Hand: Wo keine Erde ist, bleiben die Hände und das Zuhause sauber. Statt täglichem Gießen reicht es, ab und zu Wasser nachzufüllen. Zudem leben oft Schädlinge wie Trauermücken in der Blumenerde und steigen mit dem Gießwasser nach oben, um Ihr Zuhause zu bevölkern.
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Wer jedoch glaubt, dass eine Pflanze in Wasser immer gut aussieht und keine Arbeit macht, irrt sich: „Das Manko bei den Water Plants ist das Glasgefäß“, sagt Herrmannsdörfer. Naturgemäß sei es so, dass die Pflanze Licht brauche, die Wurzeln aber lieber dunkel stehen. „Die hellen Wurzeln, die eine Pflanze beim Ausgraben hat, wird sie deshalb nicht behalten“, sagt der Gärtnermeister. „Daher werden die Wurzeln im Lauf der Zeit braun“ – was wiederum die Optik der Water Plant etwas beeinträchtigt. „Außerdem befördern Wasser und Licht das Algenwachstum. Nach ein paar Wochen, spätestens Monaten, wird das Glas voller Algen sein.“ Da immer ein wenig Wasser verdunstet, bilden sich zudem schnell Kalkränder im Inneren des Gefäßes. Um das zu verhindern, müssen die Gefäße laut dem Pflanzenexperten regelmäßig gründlich gereinigt werden, normalerweise einmal in der Woche.
Methode ist eher für die Aufzucht geeignet
Was Hobbygärtner und -gärtnerinnen zudem beachten sollten: „Keine Pflanze kann sich allein von Wasser ernähren. Zwar enthält Wasser Nährstoffe wie Kalzium oder Magnesium, aber Stickstoff und Phosphor fehlen komplett“, sagt Herrmannsdörfer. Eine Zeit lang halte eine Pflanze das aus. Aber auf Dauer stelle sie ohne Nährstoffe das Wachstum ein oder zeige Mangelerscheinungen. Anzeichen dafür sind gelbe und hellgrüne Blätter. Deshalb muss dem Experten zufolge unbedingt flüssiger Dünger mit ins Wasser, am besten ein Grünpflanzendünger, der die Nährstoffgrundversorgung sicherstellt.
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Aufzucht: Ableger lassen sich gut in einer mit Wasser gefüllten Vase ziehen.
© Quelle: Cottonbro Studio/Pexels
„Grundsätzlich muss man sich dafür entscheiden, was man mit der Pflanze machen will“, sagt Herrmannsdörfer. „Ich bin der Meinung, dass sie nicht für immer im Wasser bleiben kann.“ Pflanzen als Water Plants zu kultivieren, hält er primär bei der Aufzucht für sinnvoll: etwa wenn es darum geht, einen Ableger oder einen Steckling zu ziehen. „Am Anfang sollte die Pflanze aber nicht zu viele Blätter haben. Je kleiner der Steckling, desto höher die Chance, dass er gut anwächst.“
Bei größeren Pflanzen sieht er die Gefahr, dass die Pflanze keinen Halt mehr findet: „Die Wurzel hat im Wasser keine Möglichkeit, sich festzuhalten.“ Insbesondere bei weiten Gefäßen ist das schnell der Fall. Gläser mit engem Hals stützen die Pflanzen besser – allerdings haben sie den Nachteil, dass sie sich schwieriger reinigen lassen. Das Problem: „Wenn eine Pflanze kopflastig wird, kann sie umkippen.“ Spätestens dann müsse man entscheiden, was man mit dem Gewächs machen wolle.
Orchideen mögen keine nassen Füße
Wer den Trend selbst ausprobieren will, muss darüber hinaus wissen: Nicht jede Zimmerpflanze lässt sich als Water Plant aufziehen. Viele beliebte Arten wie zum Beispiel Orchideen mögen gar keine nassen Füße. „Vorzugsweise eignen sich Philodendron-Arten, die ihre Luftwurzeln schnell zu Wasserwurzeln umwandeln können“, sagt Herrmannsdörfer. „Schefflera und verschiedene Ficus-Arten gehen auch. Auch die Efeutute würde ich dazu zählen, genau wie Aglaonema, das auch als Chinesisches Immergrün bekannt ist.“ Beliebt sind zudem alle Monstera-Arten. Sie alle lassen sich zunächst in Glasvasen stellen. Um sich einen Überblick zu verschaffen, empfiehlt Herrmannsdörfer die Infoseite www.original-hydrokultur.de. Dort sind viele Pflanzenarten – geordnet nach Lichtbedarf – aufgelistet, die sich für eine Hydrokultur eignen.
Das Fazit des Experten: „Das sieht natürlich ganz witzig aus. Ich sehe das aber nur als Lösung für eine gewisse Zeitspanne.“ Danach empfiehlt er, die Pflanzen in einen Topf zu setzen – aber nicht unbedingt in einen, der mit Erde gefüllt ist. „Wenn der Steckling oder Ableger Wurzeln gezogen hat, würde ich ihn in ein Hydrokultursystem einsetzen.“ Dabei kommt die Pflanze in einen Topf mit Löchern. Die Wurzeln werden mit Blähtonkugeln bedeckt. Diese sorgen dafür, dass die Wurzeln Halt im Topf finden. Der Topf kommt wiederum in einen Übertopf mit Wasserstandsmesser. So profitieren Pflanzenliebhaber und -liebhaberinnen auch weiterhin von den Vorteilen, die die Hydrokultur mit sich bringt. Das Gießen ist unkomplizierter, das Umtopfen einfacher und sauberer. Gleichzeitig gibt es bei Blähton so gut wie keine Wurzelschädlinge. Und: In der Regel sind Pflanzen, die in Hydrokultur wachsen, robuster – und erfreuen auf diese Weise ihren Besitzer über eine lange Zeit.