700 Jahre alter Stollen im Harz entdeckt
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Sensationsfund: Ein Grabungshelfer untersucht die Fundstelle am Rammelsberg bei Goslar.
© Quelle: dpa
Goslar. „Man kann ruhig von einer Sensation sprechen“, sagt Niedersachsens Landesarchäologe Henning Haßmann. Auf der möglicherweise bis zu 3000 Jahre alten Müllhalde des Harzer Bergbaus am Rammelsberg in Goslar sind die Forscher auf einen beispiellosen Fund gestoßen: „Wir haben einen mehr als 700 Jahre alten, mit Holz gesicherten Stollen entdeckt“, sagte Haßmann am Donnerstag in Goslar.
Mittelalterliche Bergleute haben den Stollen etwa um das Jahr 1300 durch die Halde getrieben, um an eine noch nicht vollständig ausgebeutete Erzlagerstätte zu gelangen. Dass die Hölzer bis heute erhalten geblieben seien, liege an der konservierenden Wirkung der Schwermetalle in der Halde. Ein vergleichbarer holzgesicherter 700 Jahre alter Stollen sei zumindest in Mitteleuropa bisher nicht entdeckt worden.
Die Halde am Rammelsberg sei für die Forschung ein Glücksfall, freute sich Landesarchäologe Haßmann. Sie sei nämlich im Gegensatz zu anderen alten Halden völlig unberührt geblieben und nicht durch modernen Bergbau verändert oder gar zerstört worden. Dass bei den Grabungen viele Utensilien aus organischen Substanzen gefunden werden, wie Stoffreste, Lederriemen oder Seilstücke, liege am konservierenden Schwermetall im Boden. Andernorts wären zum Beispiel Balken im Boden schon nach wenigen Jahrzehnten verrottet gewesen.
Die Archäologen erforschen bereits seit dem Jahr 2009 die historische Halde, auf die Bergleute jahrhundertelang defekte Geräte und sonstige Utensilien geworfen haben, die für sie unbrauchbar geworden waren. Schon in den vergangenen Jahren hatten die Forscher dabei spektakuläre Funde gemacht: darunter die Reste einer mehr als 800 Jahre alten Bergmannssandale und das älteste bislang in Deutschland gefundene Grubenlicht. Das aus grobem Ton gefertigte Lämpchen stammt aus der Zeit vor 1200.
Wichtigster Fund dieses Sommers sei der holzgesicherte Stollen, sagte Grabungsleiter Lothar Klappauf. Die Bergleute haben ihn durch die Halde getrieben, weil sie damals keine andere Möglichkeit hatten, an ein früher nur teilweise ausgebeutetes Erzlager im Berg zu gelangen. „Wir sind gespannt, was wir bei den weiteren Grabungen in dem verfüllten Stollen finden“. Er hoffe zum Beispiel auf Bergmanns-Werkzeuge.
Der Landesarchäologe geht davon aus, das bei den weiteren Grabungen in den kommenden Jahren am Rammelsberg noch viele Überraschungen zu erwarten sind. Die Leitung des Museums Weltkulturerbe Erzbergwerk Rammelsberg will die einzigartige Grabungsstelle auch Besuchern zugänglich machen. Dazu soll ein Schrägaufzug aus den 1930-er Jahren wieder betriebsbereit gemacht werden. „Damit können die Gäste dann problemlos auf den Berg fahren“, sagte Kurator Johannes Großewinkelmann. Die erste Fahrt soll Ende kommenden Jahres starten.
dpa