Angela Merkel auf der Hannover Messe 2019: Neue Industriepolitik gefordert
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Wollen in der Industriepolitik enger zusammenarbeiten: Bundeskanzlerin Angela Merkel und Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven vor der Eröffnung der Messe.
© Quelle: Rainer-Droese
Hannover. Diskussionen über die Industriepolitik prägen in diesem Jahr die Hannover Messe. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte am Sonntagabend auf der Eröffnung der Industrieschau eine Reaktion der Europäischen Union auf die Handelskonflikte der USA und die staatlich gelenkte Wirtschaft in China. "Wir erleben, dass sich Spielregeln verändern", sagte Merkel vor rund 2500 Gästen im Hannover Congress Centrum. "Darauf müssen wir europäische Antworten finden." Auf der Messe präsentieren bis Freitag rund 6500 Aussteller aus 75 Ländern etwa Roboter und vernetzte Maschinen für die Industrie.
Die EU müsse im internationalen Handel „auf ein gewisses Maß an Gleichbehandlung drängen“, sagte Merkel. Außerdem müsse das europäische Wettbewerbsrecht überarbeitet werden, damit Unternehmen sich mit „strategischen Fusionen“ für die Zukunft wappnen können. Es reiche nicht, nur die aktuelle Marktlage zu betrachten. Damit bezog die Kanzlerin sich auf den kürzlich von der EU-Kommission untersagten Zusammenschluss der Zughersteller Siemens und Alstom. Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven aus dem diesjährigen Partnerland plädierte für den industriellen Schulterschluss zwischen Deutschland und seinem Land und meinte: „Wir können eine Menge voneinander lernen.“
Merkel deutete an, dass sie die Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) stärker fördern will. „Eine KI-Strategie von gestern kann morgen schon nicht mehr ausreichend sein“, sagte die Kanzlerin. Sie sei sich noch nicht sicher, ob Deutschland schon die Voraussetzungen habe, um „weltweit mitzuspielen“. Die Bundesregierung hatte erst im Herbst ihre Strategie zur Förderung von KI-Forschung vorgestellt.
Die Industriepolitik stand auch auf einer Podiumsdiskussion kurz vor der Eröffnungsfeier im Zentrum. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kritisierte dabei die Ideen von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der vor Kurzem eine nationale Strategie für Deutschland vorgestellt hatte und unter anderem die Produktion von Batteriezellen für Elektroautos mit Steuergeldern anschieben will. Eine „kleine Planwirtschaft“ sei nicht die richtige Antwort auf neue Herausforderer wie China, sagte BDI-Präsident Dieter Kempf.
Altmaier lieferte sich auf der Bühne einen Schlagabtausch mit Kempf. „Manchmal wird gesagt, es sei Planwirtschaft, was wir vorhaben. Aber ich will dafür sorgen, dass Marktwirtschaft eine Chance behält.“ Die Politik müsse stärker führen, um den Wohlstand langfristig zu sichern. Die Summe betriebswirtschaftlicher Entscheidungen entspreche nicht unbedingt der richtigen Entscheidung für die Volkswirtschaft, betonte er.
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Rund 30 Unternehmen hätten sich um die Fördergelder für die Batteriezellproduktion beworben, sagte Altmaier. Dies zeige, dass die Wirtschaft manchmal „Auftrieb“ benötige. Zurzeit stammten noch rund 80 Prozent des Werts eines deutschen Autos auch von deutschen Firmen. Falls Konzerne wie BMW und VW die Batterien jedoch in Asien zukauften, verliere das Land einen großen Teil der Wertschöpfung. Bei Internetdiensten hätten Deutschland und Europa schon den Anschluss verloren, warnte Altmaier. Ein Beleg dafür sei die vor Kurzem vom Volkswagen-Konzern getroffene Entscheidung, seine Fabriken mithilfe der „Cloud“ des US-Unternehmens Amazon zu vernetzen.
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