Der Abstieg eines Prunk-Hotels
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„Das Haus war mal das Aushängeschild im Harz“: Aber bereits vor den drei Großbränden war das Hotel verfallen.
Bad Harzburg. Ortsbrandmeister Markus Hirsch traf am Sonntag als einer der ersten am Brandort ein „Da war die Stadt wieder komplett in Rauch gehüllt, und die Flammen schlugen aus dem Dach“, sagt er. Dem Feuerwehrchef der 23.000-Einwohner-Stadt im Harz und seinen Kollegen kamen die Bilder bekannt vor - schon im Mai 2014 und im Dezember 2015 mussten sie ähnliche Brände löschen. In beiden Fällen wurde wegen Brandstiftung ermittelt - die Täter aber nie gefunden.
Der jüngste Einsatz verlangte den Helfern viel ab, betont Hirsch. Besonders betroffen seien die Ehrenamtlichen darüber, dass zwei ihrer Kollegen bei den Löscharbeiten verletzt worden sind. Eine junge Feuerwehrfrau brach mit Kreislaufproblemen zusammen. Ein Feuerwehrmann wurde mit einer Kohlenmonoxidvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert. „Er war leichenblass, und es ging es ihm sehr schlecht“, berichtet Hirsch. Daneben hatte die Feuerwehr auch praktische Probleme. Die Flammen hatten sich weit im Inneren des Gebäudes ausgebreitet. „Unsere 30 Meter lange Drehleiter war einfach zu kurz“, sagt der Ortsbrandmeister. Deshalb alarmierten die Bad Harzburger die Berufsfeuerwehr aus Hannover - die mit einem 55 langen Teleskopmast zu Hilfe eilte.
Warum die Ruine erneut in Brand geriet, ist unklar. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen, konnte bislang aber noch nicht ins Innere des Gebäudes vordringen, um Spuren zu sichern. „Das Haus ist einsturzgefährdet, außerdem ist die Hitze noch viel zu stark“, sagte Corinna Bräuer von der zuständigen Polizeidienststelle in Goslar.
Sein Bedauern über den erneuten Brand äußerte der Braunschweiger Investor Thomas Funke auf Anfrage der HAZ. Er hatte die Ruine 2015 übernommen und wies darauf hin, dass das Gelände eingezäunt ist und dort regelmäßig Wachleute ihre Runden drehen. Es sei aber nicht zu verhindern, dass immer wieder „Gruseltouristen“ die Ruine betreten, obwohl sie sich in Gefahr begeben. „Wenn unsere Leute den Zaun repariert haben, wird er sofort wieder beschädigt“, sagt Funke. Er machte den Bad Harzburgern aber Hoffnung: Pläne für den Bau eines neuen Vier- oder Fünf-Sterne-Hotels seien bereits fertig.
Damit würde sich der Kreis schließen. Schließlich galt der Harzburger Hof nach seiner Eröffnung 1874 für Jahrzehnte als eines der prächtigsten Hotels Deutschlands. Damals seien viele Reiche und Prominente dorthin gereist, um auf dem 18.000 Quadratmeter großen Gelände sowie in der im Hotel untergebrachten Spielbank vom Alltag abzuschalten, sagt Bürgermeister Ralf Abrahms. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Hotel von britischen Soldaten beschlagnahmt und als Erholungszentrum genutzt. Nach dem Krieg eröffnete der Harzburger Hof wieder. „Er erreichte aber nie mehr den Glanz alter Tage“, sagt Abrahms.
Der endgültige Abstieg begann vor etwa 20 Jahren. Spekulanten, überforderte Betreiber und nun eben die Brandserie ließen das einst hochherrschaftliche Haus verkommen . Oder, wie es der Bürgermeister ausdrückt: „Die Ruine ist die Zahnlücke unseres schönen Ortes.“
Von Gerko Naumann
Interview mit Bürgermeister Ralf Abrahms
Herr Abrahms, was haben Sie gedacht, als Sie gehört haben, dass es schon wieder im Harzburger Hof brennt? Es war ja nicht das erste Mal, dass ich deswegen aus dem Bett gerissen wurde. Ich bin sofort zum Tatort geeilt. Meiner Meinung nach handelt es sich eindeutig um Brandstiftung. Wie kommen Sie darauf? Weil wir an dieser Stelle schon mehrfach Probleme mit Bränden hatten, die eindeutig auf Brandstiftung zurückzuführen waren, bei denen aber bisher keine Täter identifiziert werden konnten. Befürchten Sie, dass die Brände
Auswirkungen auf den Tourismus in
Bad Harzburg haben werden? Nein, wir haben auch schon andere Brände überstanden, und das Gelände liegt eigentlich im Verborgenen. Mehr Sorgen machen mir Abenteurer, die sich unerlaubt auf dem Gelände herumtreiben und sich – und wenn etwas passiert – auch unsere Feuerwehrleute in Lebensgefahr bringen. Deshalb fordere ich den Investor auf, das Gelände ständig zu kontrollieren und zu sichern. Was würden Sie sich für die Zukunft des Harzburger Hofs wünschen? Vor allem, dass die gefährliche Ruine so schnell wie möglich wegkommt. Wir als Stadt würden uns freuen, wenn dort irgendwann mal wieder ein hochwertiges Hotel stehen würde. Immerhin war das Gebäude mal das Aushängeschild im Harz für Touristen aus ganz Deutschland. Interview: Gerko Naumann„Ich gehe von Brandstiftung aus“
HAZ