Lieferdienste

Durstexpress und Flaschenpost kämpfen um Hannover

Durstexpress-Werbung in Hannover: Entschlossene Expansion.

Durstexpress-Werbung in Hannover: Entschlossene Expansion.

Hannover. Egal, ob „Ding Dong!“ oder „Jetzt geht’s um den Durst“ – den Werbeslogans von Durstexpress und Flaschenpost kann man in Hannover zurzeit nur schwer entkommen. Die Plakate der beiden Getränkelieferdienste hängen in der Innenstadt oft nur ein paar Dutzend Meter voneinander entfernt. Auch im Netz, etwa auf Facebook, werben sie massiv.

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Vorreiter ist Flaschenpost: Das Start-up aus Münster macht sich schon seit Oktober in Hannover breit. Mittlerweile hat es hier nach eigenen Angaben 150 Mitarbeiter und 60 Lieferwagen im Einsatz. Bald sollen es 100 Fahrzeuge sein. Konkurrent Durstexpress, der zur Oetker-Gruppe gehört, legte erst im April in der niedersächsischen Landeshauptstadt los, schickte dann aber gleich 200 Mitarbeiter und 70 Lieferautos ins Rennen.

Die entschlossene Expansion der beiden Lieferdienste verwundert auf den ersten Blick. Denn im Grunde bieten andere dieselbe Dienstleistung längst an: Klassische Getränkemärkte bringen Wasser, Saft und Bier schon seit Jahrzehnten zu ihren Kunden, wenn diese das wünschen. Seit ein paar Jahren liefern auch Supermärkte wie Edeka und Rewe bis zur Wohnungstür.

Ein Werbeplakat in Hannover

Ein Werbeplakat in Hannover.

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Keine Liefergebühr

Doch Flaschenpost, Durstexpress und ähnliche Newcomer bieten eine für viele Kunden unwiderstehliche Kombination: Für die Bestellung braucht man nur ein paar Klicks im Netz, die Preise liegen im Großen und Ganzen auf dem Niveau der Super- und Getränkemärkte – sie liefern aber viel schneller, nämlich in der Regel spätestens zwei Stunden nach Bestellung, und das obendrein ohne Liefergebühr.

Möglich sei das dank einer breiten Zielgruppe und deshalb guten Auslastung der Transporter, sagt Flaschenpost-Chef Stephen Weich im Gespräch mit der HAZ. Er sieht Flaschenpost als „Nahversorger für jedermann“, also für Studenten-WGs und Familien ebenso wie für die Seniorin im vierten Altbau-Stockwerk. Eine wichtige Rolle spiele auch die Software, die die Routen der Transporter effizient steuert.

Ähnlich erklärt Durstexpress-Chef Mario Benedikt den Erfolg. In seiner Firma laufe alles digital, „von der Warenbeschaffung und Personalplanung über die eigentliche Auftragsannahme und Kommissionierung der bestellten Getränke bis zur Tourenplanung“, sagt er. So könne man ohne Liefergebühr zu Preisen wie im Supermarkt anbieten.

Doch arbeiten die Start-ups wirklich so profitabel? Oder verbrennen sie Geld, um Konkurrenten abzuhängen, Kunden an die bequemen Lieferungen zu gewöhnen und anschließend die Preise hochzuschrauben?

Getränkemärkte wollen nachziehen

Flaschenpost-Chef Weich weist das zurück. In Münster und Köln arbeite man bereits heute profitabel. In den übrigen Städten werde das zehn bis 15 Monate nach dem Start auch so sein, sagt er. Fest steht aber auch, dass Flaschenpost genügend Investorengeld für eine aggressive Strategie eingeworben hat – Medienberichten zufolge mehr als 70 Millionen Euro.

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Andreas Vogel glaubt jedenfalls nicht, dass die neuen Konkurrenten ihre Preise ewig so niedrig halten. „Das ist eine Investition in die Zukunft“, sagt der Vorstand des Verbands des Deutschen Getränke-Einzelhandels, der mehr als 2000 klassische Getränkemärkte vertritt. Dennoch begegnet er den neuen Konkurrenten mit Respekt. Flaschenpost-Gründer Dieter Büchl sei ein „absoluter IT-Profi“, die Bestellung „mit drei Klicks“ eine echte Innovation, sagt er. Auch seine Mitglieder müssten das Einkaufserlebnis optimieren. „Daran arbeiten wir“, verspricht er.

Und die Arbeitsbedingungen?

Mit dem Lieferwagen durch den Stadtverkehr, dann mit Wasserkisten die Treppen hoch: Die Mitarbeiter von Getränkelieferdiensten brauchen Ausdauer. Gut bezahlt werden sie dafür offenbar selten. Wie andere Kurierdienste, die digital bestellte Waren zu normalen Handelspreisen ausliefern, sparen auch die Getränkelieferanten nicht zuletzt bei ihren Mitarbeitern – auch zulasten der Sozialkassen. Flaschenpost etwa bietet im Netz sowohl für Lageristen als auch für Fahrer lediglich Jobs auf 450- bzw. 850-Euro-Basis an. Berichte über defekte Klimaanlagen in den Fahrzeugen und eine kaputte Heizanlage im Lager Hamburg gibt es auch – aber das sind aus Sicht des Vorstandsvorsitzenden Stephen Weich „alte Kamellen“.

Dennoch suchen sowohl Flaschenpost als auch Durstexpress zurzeit Fahrer, auch in Hannover. Der Einstiegslohn liegt nach Firmenangaben bei 10 beziehungsweise 10,50 Euro pro Stunde, das obere Ende bei 12,50 Euro – plus Trinkgeld.

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Das Arbeitsleben von Kurierfahrern ist hart: Einen Einblick in die Branche gab es nach einer Razzia in Langenhagen, weil sich Fahrer aus der Ukrainer selbst an die Polizei gewandt hatten. Sie mussten bis zu elfeinhalb Stunden am Tag arbeiten – und das ist nicht das einzige Problem gewesen, wie Recherchen vor Ort zeigten.

Von Christian Wölbert

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