Politische Ankündigungen ohne Konsequenz

Für die Imam-Ausbildung fehlt noch ein Institut

„Dabei wird es jetzt langsam Zeit“: Imame wie Mikall Taysan erhalten ihre Ausbildung bisher nicht in Deutschland.

„Dabei wird es jetzt langsam Zeit“: Imame wie Mikall Taysan erhalten ihre Ausbildung bisher nicht in Deutschland.

Hannover. An der Universitär Osnabrück solle eine „grundständige Imam-Ausbildung eingerichtet werden“ – so steht es im jüngst beschlossenen Vertrag von SPD und CDU zur Bildung einer Regierungskoalition in Hannover. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel will, dass Bund und Länder eine zukunftsfähige Imam-Ausbildung entwickeln. So hat es die Kanzlerin vergangene Woche in ihrer Regierungserklärung im Bundestag kundgetan. Doch abseits der politischen Erklärungen tut sich bislang wenig,  eine deutschsprachige Imamausbildung in Deutschland zu etablieren, findet Roman Singendonk vom Instititut für Islamische Theologe an der Universität Osnabrück: „Dabei wird es jetzt langsam Zeit.“

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In Osnabrück wird seit Jahren  Islamische Theologie unterrichtet, allerdings vorrangig für Religionspädagogen. Die Schulung von Predigern wäre Sache der Religionsgemeinschaften, wie es auch im evangelischen und katholischen Bereich üblich ist, wo Prediger- beziehungsweise Priesterseminare im Anschluss an die universitäre Ausbildung den Nachwuchs schulen. Die Universität Osnabrück habe indes seit mehr als sieben Jahren eine berufsbegleitende Weiterbildung von Imamen angeboten, erläutert Singendonk, der dieses Projekt koordiniert. „Wir sorgen uns, dass die Expertise, die wir uns erarbeitet haben, verloren geht, wenn wir nicht bald ein Regelstudium schaffen.“ Nach Singendonks Worten haben das berufsbegleitendende Studium jedes Jahr etwa 25 Teilnehmer wahrgenommen, sodass mittlerweile um die 175 Absolventen in den Genuss dieser Ausbildung gekommen sind.

Imam-Ausbildung eine Chance für Osnabrück

Der Wissenschaftler betont, dass eine reguläre Imam-Ausbildung in Osnabrück auch eine große Chance für die niedersächsische Universität wäre, die derzeit das größte Islamzentrum in Deutschland sei – neben Münster, Frankfurt, Tübingen und Nürnberg/Erlangen. Eine ordentliche Imam-Ausbildung in Deutschland, die die Politik fordere, könnte auch verhindern, dass Einfluss vom Ausland auf die Prediger genommen werde.  Bislang werden Prediger etwa aus der Türkei nach Deutschland geschickt, was von einigen Politikern auch kritisch gesehen wird. „Im Grunde können bei einer solchen Ausbildung alle nur gewinnen, auch die Gemeinden, die Imame bekommen, die mehr vom Alltag in Deutschland wissen“, sagt Singendonk. So wäre es ein großer Schaden, wenn das bisher erworbene Wissen des Instituts verloren ginge, weil nicht rechtzeitig neue Strukturen aufgebaut werden.

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Auch die Universität Osnabrück hat nach Worten ihrer stellvertretenden Präsidentin Martina Blasberg-Kuhnke mit Freude vernommen, dass ihre Universität im niedersächsischen Koalitionsvertrag als mögliches Ausbildungszentrum genannt wird. „Das begrüßen wir natürlich sehr, dass es in Deutschland ausgebildete Imame und auch Seelsorgerinnen geben soll“, sagte die Professorin der HAZ.  Denn Osnabrück biete dafür gute Voraussetzungen. So stünden bereits im Sommer 25 Absolventen und Absolventinnen zur Verfügung, die durch die Regelstudienzeit gegangen seien und dann einen Master oder Bachelor gemacht haben werden. In islamischer Theologie bilde man sogar Volltheologen heran – im Gegensatz zu den protestantischen und katholischen Instituten, die ausschließlich Religionspädagogen ausbildeten.

Von Michael B. Berger

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