Kommentar zur Marienburg: Die Welfen bleiben in der Pflicht
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Bleibt Eigentümer der Burg:
© Quelle: Rainer-Droese
Hannover. In Hollywood wird alljährlich der Negativpreis Goldene Himbeere für besonders missratene Filme verliehen. Wenn es eine Goldene Himbeere für verkorkste politische Großvorhaben gäbe, hätte Björn Thümler (CDU) sich diese redlich verdient. Im November verkündete Niedersachsens Wissenschaftsminister mit großer Geste den spektakulärsten Immobiliendeal der vergangenen Jahre: Die Marienburg sollte für einen symbolischen Euro an die Klosterkammer verkauft werden. Die selbstbewusste Behörde jedoch wollte davon nichts wissen. Außerdem blieben wichtige Fragen zum Verbleib teurer Kunstschätze völlig offen. Und dann entspann sich ein bizarrer Familienstreit im Welfenhaus darum, wem die Burg überhaupt gehört. Letztlich hatte das Land nicht einmal zweifelsfrei geklärt, ob Ernst August Erbprinz von Hannover wirklich berechtigt war, diese abzugeben – oder ob das Veto seines Vaters juristisch schwerer wiegt.
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Ernst August von Hannover spricht während einer Pressekonferenz auf Schloss Marienburg.
© Quelle: Holger Hollemann/dpa
Ernst August junior will die Burg loswerden, weil er sich mit den immensen Kosten ihres Unterhalts überfordert sieht. Er versichert, ihm sei daran gelegen, das Schloss dauerhaft für die Öffentlichkeit zu erhalten. Dafür gebührt ihm Respekt; er könnte das Denkmal auch verfallen lassen oder gewinnbringend an steinreiche Ölscheichs verhökern, die daraus ein abgeschottetes Privatrefugium fürs Wochenende machen.
Es geht nicht um Finanzhilfe für den Adel, sondern um den Erhalt von Kulturgut
Es ist gut, wenn Bund und Land sich an der Sanierung der Burg finanziell beteiligen. Es geht dabei nicht um die Subventionierung alten Adels, sondern um den Erhalt von bedeutendem Kulturgut. Die neugotische Marienburg, erbaut im 19. Jahrhundert von Hannovers letztem König Georg V., ist zwar kein uraltes Relikt des Mittelalters, doch auch Bauwerke der Epoche des Historismus haben einen eigenen Wert. Für Hannover ist die Burg einer jener identitätsstiftenden architektonischen Ankerpunkte, die in Zeiten weltweit uniformer Fußgängerzonen immer wichtiger werden. Außerdem entwickelt sie sich immer stärker zu einem Touristenmagneten, der auch Geld in die Region bringt.
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Die Marienburg bei Pattensen.
© Quelle: Rainer Droese
Die Welfen ganz aus der Verantwortung für das Schloss zu entlassen und künftige Kosten allein dem Steuerzahler aufzubürden, wäre allerdings auch kurzsichtig. In der Vergangenheit hat die Adelsfamilie immer wieder im großen Stil Kunstobjekte zu Geld gemacht; insbesondere Ernst August senior war mit seinem exzentrischen Lebensstil oft in den Schlagzeilen. Da wäre es nicht angemessen, wenn die Welfen jene Teile ihres historischen Erbes, mit denen sich kein großer Gewinn machen lässt, einfach an die öffentliche Hand weiterreichen könnten.
Der Weg, jetzt eine gemeinsame Stiftung zu gründen, weist in die richtige Richtung. Es ist ein Kompromiss, der allen Seiten Luft verschafft – und mit dem jetzt endlich die überfällige Sanierung der Burg beginnen kann.
Ernst August von Hannover im Exklusivinterview: „Das Geld ist weg“
Erbprinz bleibt doch Eigentümer der Marienburg
Von Simon Benne
HAZ