Katholische Kirche

Missbrauch: Havliza fordert Zugang zu Unterlagen der Bistümer

Niedersachsens Justizministerin Brabara Havliza.

Niedersachsens Justizministerin Brabara Havliza.

Hannover. Im Skandal um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche drängen Bund und Land auf weitere Aufklärung. Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) forderte die Bistümer auf, den Staatsanwaltschaften Einblick in die dort vorliegenden Unterlagen zu gewähren. „Ich erwarte nunmehr von den Bistümern eine gute und konstruktive Zusammenarbeit mit der Justiz“, sagte Havliza der HAZ. „Dies ist ein wichtiger Schritt zur umfassenden Aufklärung der im Raume stehenden Vorwürfe, was selbstverständlich Aufgabe der Justiz und nicht der Kirche ist.“

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Generalstaatsanwaltschaften sollen berichten

Havliza hat die drei Generalstaatsanwaltschaften in Niedersachsen um einen Bericht gebeten, wie viele der von den Bistümern Hildesheim und Osnabrück genannten Missbrauchsfälle Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen sind oder waren. Aus der „Missbrauchsstudie“ gehe hervor, dass offenbar nicht alle der untersuchten Fälle den Staatsanwaltschaften in Niedersachsen bekannt seien, erklärte das Justizministerium. Zum Teil hätten offenbar die Bistümer selbst die Prüfung vorgenommen, ob eine strafbare Handlung vorgelegen hat oder nicht.

Auch Bundesjustizministerin Katarina Barley pocht darauf, dass alle Unterlagen offen gelegt werden. „Natürlich erwarte ich von der Kirche, dass sie ihre Akten zugänglich macht“, sagte die SPD-Politikerin der Wochenzeitung „Die Zeit“. Der Rechtsstaat akzeptiere keine Geheimarchive, sagte Barley. „Alle Unterlagen in den kirchlichen Archiven können von den Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt und ausgewertet werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.“

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Studie: 3677 Minderjährige sexuell missbraucht

Nach der von der Bischofskonferenz 2014 in Auftrag gegeben Studie sollen zwischen 1946 und 2014 insgesamt 1670 katholische Kleriker 3677 meist männliche Minderjährige sexuell missbraucht haben. Der Leiter der Untersuchung, Harald Dreßing, hatte nach deren Veröffentlichung einen mangelnden Aufklärungswillen in weiten Teilen der Kirche beklagt. Den Autoren der Untersuchung sei etwa kein Zugang zu Originaldokumenten in den Kirchenarchiven eingeräumt worden. Zudem werden in der Studie keine Namen genannt.

Auch der Kriminologe Christian Pfeiffer kritisierte die mangelnde Transparenz der Studie. Die Kirche habe nur einen pauschalen Datensatz zur Verfügung gestellt. „Die Wissenschaft braucht Zugang zu den Akten jedes einzelnen Bistums. So wissen sie nicht, wo fand welcher Missbrauch statt. In welchem Bistum wurden die Täter gestoppt, in welchem konnten viele von ihnen ungehindert weitermachen?“, sagte Pfeiffer der HAZ. Pfeiffer wollte die Studie ursprünglich selbst anfertigen, nahm dann aber Abstand, weil ihm die Kirche keinen Zugang zu den Originalakten gewähren wollte.

Bistum benennt Ansprechpersonen

Das Bistum Hildesheim betonte, dass die Archive bereits durch einen unabhängigen Juristen ausgewertet worden seien. Zudem setze man die Empfehlungen aus einer unabhängigen Studie von 2017 um. „Das Bistum Hildesheim gibt als Konsequenz aus dem IPP-Gutachten die Intervention von sexualisierter Gewalt in externe Hände“, sagte Bistums-Sprecher Volker Bauerfeld der HAZ. In den kommenden Wochen würden externe, unabhängige Fachleute benannt, die als Ansprechpersonen für Fälle sexualisierter Gewalt in fünf verschiedenen Regionen des Bistums angesiedelt würden.

Von Marco Seng

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