Streckenradar

„Heftige Klatsche“: So reagiert die Politik auf das „Section Control“-Urteil

Kameras stehen am Ende der «Section Control Radarstrecke» an der Bundesstraße 6 in der Region südlich von Hannover. Das Verwaltungsgericht Hannover erklärte die Anlage jetzt für rechtswidrig.

Kameras stehen am Ende der «Section Control Radarstrecke» an der Bundesstraße 6 in der Region südlich von Hannover. Das Verwaltungsgericht Hannover erklärte die Anlage jetzt für rechtswidrig.

Hannover. Nach dem Urteil des hannoverschen Verwaltungsgerichts, das das Streckenradar "Section Control" für illegal erklärt hat, gibt es heftige Kritik an Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD). Pistorius habe vor Gericht eine krachende Niederlage einstecken müssen und sich über alle Einwände hinweggesetzt, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Jörg Bode. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Belit Onay, sprach von einer "heftigen Klatsche für den Überwachungsdrang von SPD und CDU."

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15.000 Mal gegen das Grundgesetz verstoßen?

Das Verwaltungsgericht hatte am Dienstag der Klage eines Anwalts recht gegeben, der seine Freiheitsrechte durch die kürzlich in Betrieb genommene Anlage verletzt sieht. Es hatte vor allem bemängelt, dass eine Rechtsgrundlage für den Pilotbetrieb der zwischen Gleidingen und Rethen installierten Anlage fehle. Sie muss nun sofort abgeschaltet werden. Das forderte auch der Grüne Onay. „Trotz fehlender Rechtsgrundlage und entgegen des Urteils vom Bundesverfassungsgericht hat Innenminister Pistorius an der Section Control festgehalten. Diese Ignoranz von Bürgerrechten und Datenschutz zieht sich wie ein roter Faden durch die Innenpolitik der Großen Koalition“, sagte Onay.

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Bode von der FDP erinnerte daran, dass es seit Monaten Kritik an der Anlage gegeben habe. Dennoch sei sie Anfang des Jahres in Betrieb genommen worden. „Die Landesregierung hat damit etwa 15000 mal gegen das Grundgesetz verstoßen“, meinte der Freidemokrat mit Blick auf die am Radar bereits vorbei gefahrenen Autofahrer. „Der Mann, der eigentlich die Verfassung schützen sollte, hat sie schon häufiger gebrochen, als alle Beobachtungsobjekte des Verfassungsschutzes zusammen“, urteilte Bode über Pistorius.

CDU will Polizeigesetz überprüfen

Das Innenministerium in Hannover erklärte am Nachmittag, dass die Anlage „im Laufe des Diensttages abgeschaltet“ werde. Die Entscheidung sei bedauerlich, denn die Abschnittskontrolle leiste einen Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit und sei wirksamer als das übliche punktuelle „Blitzen“. Durch das das neue Polizeigesetz werde eine Rechtsgrundlage geschaffen werden. „Die Polizeidirektion Hannover und das Innenministerium werden sich die Entscheidungsgründe ansehen und kurzfristig über die Beschwerde zum OVG Lüneburg entscheiden“, erklärte das Ministerium am Dienstag.

Aus der Regierungskoalition reagierte zunächst der innenpolitische Sprecher, Sebastian Lechner. „Uns ist Datenschutz sehr wichtig, deshalb schauen wir uns jetzt das Urteil in Ruhe an.“ Man werde das Urteil bei den Besprechungen zum neuen Polizeigesetz berücksichtigen, in dem für das Streckenradar eine Rechtsgrundlage geschaffen werden sollte. „Wir müssen sehen, welche Konsequenzen wir aus dem Urteil ziehen“, sagte Lechner. Karsten Becker, Experte der SPD, betonte hingegen, die Anlagen seien nicht ohne Rechtsgrundlage aufgestellt worden. Schließlich könne man die Anlagen auch über eine Generalklausel legitimieren. Im übrigen stünden im Fall der Section Control zwei Grundrechte gegeneinander – das Recht auf informelle Selbstbestimmung und das Recht auf körperliche Unversehrtheit. „Die Verkehrstoten auf einer solchen Strecke rechtfertigen schon das Aufstellen von Radargeräten.“ Becker sagte, das OVG werde das Urteil gewiss überprüfen.

Von Michael B. Berger

HAZ

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