Niedersachsens Schüler sollen besser schreiben lernen
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Niedersächsische Schüler sollen sich intensiver mit den Grundregeln der Rechtschreibung befassen.
© Quelle: Jens Kalaene/dpa
Hannover. Schüler in Niedersachsen sollen besser schreiben lernen. „Eine sichere Rechtschreibung ist eine wesentliche Grundfertigkeit und eine wichtige Kulturtechnik“, sagte Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) bei der Vorstellung eines Materialbandes für Deutschlehrer im Sekundarbereich I. Es sei wichtig, dass sich nicht nur Grundschüler mit Rechtschreibregeln befassen, sondern auch Jugendliche in den Jahrgängen 5 bis 10.
„Nur wenige Schüler schreiben aus dem Bauchgefühl richtig“
Mit der 100-seitigen Materialsammlung reagiere das Land auch auf eine Studie des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen, das im Auftrag der Kultusministerkonferenz die Fertigkeiten am Ende der Grundschule untersucht hatte. Bundesweit hatten an der Studie im Jahr 2016 rund 30.000 Viertklässler aus allen 16 Bundesländern teilgenommen, vorgestellt wurden die Ergebnisse erst im Oktober 2017. Danach hatten in Niedersachsen 27,9 Prozent der Viertklässler den Mindeststandard in Rechtschreibung in Deutsch nicht erreicht. Ein Grund für die schlechteren Kenntnisse in deutscher Rechtschreibung dürfte wohl auch sein, dass in die Klassen immer mehr Kinder mit ausländischen Wurzeln kommen.
Fata und Mutta
Es gibt ganz unterschiedliche Methoden, Schreiben zu lernen. „Schreiben nach Gehör“ meint, dass Kinder sich aus einer Anlauttabelle Buchstaben heraussuchen, die so klingen wie das Wort, das sie schreiben sollen. Wichtig ist das Ausprobieren, erst später kommt die korrekte Rechtschreibung. Schüler schreiben was sie hören, zum Beispiel „Maschiene“ statt „Maschine“ und „Mutta“ statt „Mutter“. Bei der „Rechtschreibwerkstatt“ lernt jedes Kind in seinem eigenen Tempo mit individuellen Übungseinheiten. Eine Studie von Psychologen aus Frankfurt hatte allerdings jüngst ergeben, dass nicht diese modernen Methoden, sondern die alte Fibelmethode zu den besten Rechtschreibergebnissen bei Grundschülern führt. Dabei werden Buchstaben und Wörter nach festen Vorgaben für alle Kinder zugleich eingeführt.
„Nur wenige Schüler schreiben aus dem Bauchgefühl richtig“, sagte Sandra-Kay Behrendt, Fachberaterin Unterrichtsqualität bei der Landesschulbehörde, die die Materialsammlung mit vielen praktischen Ideen für den Unterricht mitentwickelt hat. Um so wichtiger sei es, die Grundregeln zu beherrschen. Mitgeholfen haben auch mehrere Lehrer aller Schulformen. Durchs Hören lerne man das richtige Schreiben nicht, sagte Claudia Bax, die an der Leonore-Goldschmidt-Schule, der früheren Integrierten Gesamtschule (IGS) Mühlenberg in Hannover, unterrichtet. Entscheidend sei die Schriftsprache: „Es heißt ja auch nicht Rechthörung, sondern Rechtschreibung.“ In der Materialsammlung sei besonders Wert auf kooperatives Lernen gelegt worden, betonte Grit Hopf, ebenfalls Fachberaterin an der Landesschulbehörde. Es gebe viele Übungen, die Kinder in Gruppen erledigen könnten.
In dem Band geht es um Themen wie Silben, Wortbausteine, Zusammen- und Getrennt-, Groß- und Kleinschreibung, Fremdwörter und Kommasetzung. „Es ist ein Angebot von Lehrern für Lehrer“, betonte Behrendt. Die Materialsammlung sei für Oberschulen, Haupt- und Realschulen, Gesamtschulen sowie Gymnasien gleichermaßen geeignet.
Schülerwettbewerbe und frühe Förderung
Kultusminister Tonne will noch mit anderen Maßnahmen die Rechtschreibfähigkeit bei Kindern stärken. So sollen Schülerwettbewerbe zur Orthografie etabliert, Beispielaufgaben und Musterkonzepte bereitgestellt werden. Zudem soll das Programm „Lesen macht stark“ eingeführt werden. Ziel ist es, frühzeitig einzugreifen, wenn Kinder Probleme beim Schriftsprachenerwerb haben. So soll eine möglicherweise drohende Lese-Rechtschreib-Schwäche verhindert werden.
Björn Försterling, Bildungsexperte der FDP, kommentierte die Bemühungen des Ministeriums mit den Worten: „Die Studie kommt zu dem Ergebnis, das Viertklässler nicht richtig schreiben können. Gut, dass das jetzt in der 5. Klasse korrigiert werden soll. Aber was will die Landesregierung unternehmen, damit auch die künftigen Viertklässler richtig schreiben können? Anscheinend nicht viel. Wir Freie Demokraten hätten da eine Idee: Das Abschaffen von Schreiben nach Gehör.“
Tatsächlich steht diese Forderung auch als Ziel im Koalitionsvertrag von CDU und SPD. Tonne sagte dazu, man könne nur Methoden abschaffen, die auch tatsächlich eingeführt seien. Das Land lege nur Kernkompetenzen fest, schreibe aber keine Methoden vor. Diese legten die Schulen selbst fest. Die meisten Grundschulen setzten auf die sogenannte Fibelmethode. „Schreiben nach Gehör“ werde in Reinkultur an keiner Schule benutzt.
Von Saskia Döhner