Roadtrip auf der B 3: Fotograf entdeckt die Schönheit der Bundesstraße
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Wolfgang Groeger-Meier vor seinem BMW 2002, Baujahr 1975.
© Quelle: Wolfgang Groeger-Meier
Hannover. Als Wolfgang Groeger-Meier kurz unaufmerksam ist, wird es brenzlig: Gerade noch rechtzeitig bringt er seinen grünen BMW 2002 von 1975 vor einer Fußgängerampel zum Stehen. „Mensch, cool!“, ruft der verdutzte Fußgänger, „in so einem habe ich meinen Führerschein gemacht.“ Oldtimerfan Groeger-Meier fährt rechts ran, um sich mit dem Mann zu unterhalten – genau deshalb ist er ja auf der Bundesstraße 3 unterwegs: Er will Land und Leute und damit seine alte Heimat besser kennenlernen. In Buxtehude, wo die B 3 beginnt, habe er seine Reise gestartet, berichtet Groeger-Meier. In mehreren Etappen, so erzählt der 55-Jährige, wolle er die über 700 Kilometer lange Straße bis Weil am Rhein abfahren – und markante Orte und Menschen auf der Strecke fotografieren.
Doch warum hat der Fotograf, der beruflich Autos für Magazine und Automobilhersteller ablichtet, ausgerechnet die B 3 gewählt? Als er zehn Jahre alt war, so berichtet Groeger-Meier, sei seine Familie aus einem Vorort von Paris nach Hannover gezogen. Immer, wenn die Autobahn verstopft war, wenn es in den Urlaub oder zu einem Ausflug gehen sollte, führte der Weg stattdessen über die B 3. „Die Straße war mir immer ein Begriff und hatte sich wohl in meinem Kopf festgesetzt“, sagt der heutige Münchner.
Schließlich entschloss er sich, der B 3 sein drittes Buchprojekt zu widmen. Zuvor hatte er bereits Reisebücher über Frankreich und Italien geschrieben. „Bundesstraße 3 – das klingt zunächst wenig aufregend“, sagt Groeger-Meier. Doch ihn reizte der Gedanke, die Straße, die er schon so oft bereist hatte, genauer zu entdecken.
Tour startet in Buxtehude
Im BMW 2002, den er sich extra für die Reise gekauft hatte, suchte er links und rechts der Bundesstraße nach spannenden Orten – vor allem in Niedersachsen. Groeger-Meier startete kurz hinter Buxtehude, machte Halt in Schneverdingen im Heidekreis, besuchte Celle, Hannover, die Innenstadt von Einbeck, aber auch kleine Dörfer wie Welle im Landkreis Harburg oder Münden nahe Göttingen.
Sein wichtigstes Accessoire neben dem Oldtimer war dabei seine Kamera. Groeger-Meier fotografierte Alleeabschnitte im ersten Morgenlicht, aber auch Fachwerkhäuser und alte Tankstellen. Manche Strecken fuhr er mehrmals ab – und entdeckte so zum Beispiel einen historischen Meilenstein nahe Schloss Marienburg.
An der B3 gibt es spannende Orte und Menschen zu erleben
„Genauso wichtig wie die Motive waren die Menschen, die ich getroffen habe“, sagt Groeger-Meier. Er besuchte eine Imkerin in Schneverdingen, die nach dem Tod ihres Mannes in der Arbeit mit den Bienen ihre Seelenruhe gefunden habe. Er sprach mit jungen Designern, die sich gegen Berlin oder Hamburg und für ein Leben auf dem Land, im 3000-Seelen-Dorf Münden, entschieden haben. .
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Im Hotel Villa Grunewald stieg Elvis mehrere Monate während seiner Militärzeit in Deutschland ab. Das Zimmer kann immer noch gebucht werden.
© Quelle: Wolfgang Groeger-Meier
Er traf auch eine Frau mit weißen Haaren und Perlenkette, die ihm stolz ihr Fotoalbum zeigte: Ende der Sechziger hatte sie für ein britisches Magazin Elvis Presley fotografiert, der von 1958 bis 1960 im Hotel Grunewald im hessischen Bad Nauheim wohnte. Noch heute erinnert eine Stele vor dem Haus an das Quartier des Musikers. Das Zimmer Nummer zehn, in dem Elvis lebte, ist noch im Originalzustand erhalten.
Schon vor dem Roadtrip suchte Groeger-Meier nach spannenden Orten entlang der Strecke, einige besichtigte er sogar schon vorab. Zwischen März 2017 und September 2018 fuhr er die B 3 dann Stück für Stück ab – immer wenn die Zeit zwischen Job und Familie es zuließ. Etappenweise fuhren Freunde und Journalisten mit, die die Erlebnisse in subjektiven Texten festhielten, die im Buch nachzulesen sind.
Entschleunigung mit dem BMW 2002
Besonders beeindruckt habe ihn die Lüneburger Heide, wo er sich einige Tage auf einem Forstgut einquartierte. Die Möbel stammten aus den Sechzigerjahren, inklusive originalem Waschbecken und altmodischer Schleuderstange an den Gardinen. „Man konnte dort richtig abschalten und einfach ankommen“, sagt Groeger-Meier.
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Sonnenaufgang: Bundesstraße 3 bei Pattensen
© Quelle: Wolfgang Groeger-Meier
In einem Oldtimer zu fahren, habe ihn die Umgebung bewusster wahrnehmen lassen. „Man ist nicht so abgekapselt von der Umwelt, wie bei einem modernen Auto“, sagt der Fotograf. Liegen geblieben sei der 2002er BMW nie – nur einmal musste die Frontscheibe gewechselt werden, weil sie einen Riss hatte.
Fernweh kann auch in Deutschland gestillt werden
Die Bundesstraße sei für ihn immer ein Stück Heimat gewesen, und doch kenne der weit gereiste Fotograf Barcelona besser als Marburg. „Ich glaube, so geht es vielen Leuten“, sagt Groeger-Meier. „Das Buch ist auch entstanden, um zu sagen: Hey, Deutschland ist auch schön.“ Der Münchner bezeichnet die B 3 sogar als deutsche Traumstraße. „Sie ist natürlich nicht die Route 66, aber ich konnte ja auch schlecht schreiben: B 3 – die am wenigsten langweilige Straße Deutschlands“, sagt er. Aber es ginge auch gar nicht nur um sie Bundesstraße 3: Das Buch sei viel mehr eine Einladung vor der eigenen Haustür nach Reisezielen zu suchen.
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Die Bundesstraße 3
Die B3 ist insgesamt rund 760 Kilometer lang und damit die zweitlängste Bundesstraße Deutschlands. Sie führt von Buxtehude bis Weil am Rhein. Etwa 290 Kilometer verlaufen durch Niedersachsen.
Die Bundesstraße 3 ist auf eine alte Römer- und Handelsstraße zurückzuführen. An der B 3 finden sich immer noch Spuren von keltischer und römischer Kultur – etwa Reste einer römischen Straße in der Gegend vom hessischen Bad Vilbel.
Mitte des 18. Jahrhunderts wuchs die Bedeutung der Strecke, unter anderem als Verbindung zur Frankfurter Messe, und sie wurde zu einer Chaussee ausgebaut.
In den Fünfzigerjahren galt die B 3 als gefährlichste Fernstraße der Bundesrepublik – teilweise verlief sie auf Kopfsteinpflaster, zudem fehlten Ampelanlagen. Die Kreuzung der B 3 mit der B 75 bei Buchholz in der Nordheide galt lange als „Todeskreuzung“.
Heute führen mehrere Umgehungs- oder Schnellstraßen von der ursprünglichen Straßenführung weg, um die Ortschaften vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Stellenweise führt die B 3 auch über Autobahnabschnitte – so etwa bei Soltau oder zwischen Celle und Hannover. Im Bau befindet sich die Umgehungsstraße Hemmingen (Region Hannover), die im Herbst fertig sein soll. Stellenweise führt die B 3 auch über Autobahnabschnitte. so etwa bei Soltau oder zwischen Celle und Hannover. Mit dem Namen B 3n (das n steht für neu) sind Umgehungsstraßen der Bundesstraße oder Autobahnzubringer gekennzeichnet.
Von Lisa Neugebauer
HAZ