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Markenstreit

Wie zwei Niedersachsen mit der Marke „Ballermann“ reich wurden

Annette und André Engelhardt auf ihrer Ballermann-Ranch.

Annette und André Engelhardt auf ihrer Ballermann-Ranch.

Scholen. Annette und André Engelhardt haben sich mal wieder als großzügig erwiesen. 777 Euro, verlautet aus dem Kreis Diepholz, hat das Ehepaar aus dem Dörfchen Scholen bei Sulingen vor Kurzem für das Tierheim Lindern gespendet, und es war nicht die erste Zuwendung dieser Art. Die Engelhardts können es sich aber auch leisten: Ihnen gehört der Ballermann. Nein, keine Saufbude auf Mallorca. Sondern die Rechte an dem Begriff Ballermann. Am Donnerstag haben sie mal wieder einen Prozess geführt, in München, weil eine Gastwirtin aus Cham in Bayern eine Ballermann-Party veranstaltet hat, ohne die beiden zu fragen.

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Es klingt ein bisschen seltsam, dass ein Paar aus der tiefsten und vergleichsweise grauen niedersächsischen Provinz sich eine Bezeichnung hat schützen lassen, die für Sonne und Schlager und sonstige Ausschweifungen unter dem Einfluss von – in diesem Fall wörtlich gemeint – eimerweise Alkohol steht. Aber tatsächlich muss man die Engelhardts nicht nur fragen, wenn man geschäftsmäßig was Ballermannmäßiges auf die Beine stellen will. Man muss ihnen auch was zahlen. Der Spaß kostet 1,50 Euro für jeden Gast, der sich zu Musik und Saufen und Sonstigem einfindet. Mindestens jedoch, und das ist dann weniger großzügig, 750 Euro.

Keine Party ohne Lizenz

Das müsse so teuer sein, sagt André Engelhardt trocken. Denn er habe kein Interesse an kleinen Ballermann-Partys, die schädigten nur das Image der Marke. Und dass er auch Prozesse führe deswegen, habe nichts mit mangelnder Großherzigkeit zu tun, sondern damit, dass er „die Marke verteidigen“ müsse, sonst werde sie verwässert und irgendwann von den Gerichten nicht mehr als Marke anerkannt. Tatsächlich wurde das genau so in dem Prozess in München, bei dem es um eine Feier in einer Diskothek namens „Nachtschwärmer“ ging, diskutiert: ob Ballermann überhaupt noch eine Marke ist, nicht einfach eine Beschreibung. Dann wäre das Wort nicht mehr schützenswert.

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Engelhardt selbst empfindet sich übrigens als durchaus kulant: Die Gastwirtin aus Cham habe, wie alle, die absichtlich oder unabsichtlich vergessen haben zu recherchieren, ob sie den Namen Ballermann überhaupt nutzen dürfen, ein „Nachlizensierungsangebot“ bekommen. Werde das nicht angenommen, gebe es Post vom Anwalt. 400 solcher Markenverletzungsverfahren habe er bisher geführt, erzählt Engelhardt. Nicht bei jedem sei es zum Prozess gekommen. Aber keines habe er verloren.

1994 ging das alles los. André Engelhardt war Jurastudent und hatte eine Hausarbeit über das Markengesetz geschrieben. Er kannte sich also aus, als er kurze Zeit später auf Mallorca war und ihm auffiel, dass auf der Trinkermeile an der Platja de Palma die Lokalität Balneario No. 5 und die Lokalität Balneario No. 7 jeweils 50 Gäste hatten. Vor der Bude namens Balneario No. 6 aber, die die saufseligen Deutschen zum „Ballermann 6“ vernuschelt hatten, verausgabten sich 2000 an Bier und Schnaps und Sangria. Zu Hause wollte Engelhardt dann eigentlich ein Kneipe namens Ballermann 6 aufmachen. Plastikstühle, Eimer, dachte er, leicht verdientes Geld. Die Lizenz als Schankwirt hat er nie bekommen. Aber er hat sich, ganz korrekter Geschäftsmann, erkundigt, ob der Name vielleicht geschützt war. War er nicht. Also hat er ihn schützen lassen.

Bingo. Damals hat das 500 oder 700 Mark gekostet, genau weiß er es gar nicht mehr. Heute hält das Paar die Rechte an 16 verschiedenen Ballermann-Kombinationen und verkauft die Nutzung an Partyveranstalter ebenso wie an Hersteller von – beispielsweise – ätherischen Ölen oder Christbaumschmuck. „Wenn irgendwo Ballermann draufsteht, haben wir die Finger drin“, sagt Engelhardt.

„Lady Di“ lief nicht

Auch die Bezeichnung „Lady Di“ hat das Ehepaar Engelhardt als Marke eintragen lassen. Einen Tag nach dem Tod der Prinzessin. Da schluckt man ja schon, doch André Engelhardt ist schlicht stolz: „Nach uns haben das noch 50 oder 60 andere versucht, aber wir waren einfach schneller.“ Pietätlos findet er das nicht, die Dame hieß ja gar nicht Lady Di, sie hieß Diana, Princess of Wales.

Es lief allerdings nicht so geschmiert mit der Lady. Die Engelhardts assoziierten mit ihr Stil und Eleganz und Schönheit und haben den Namen an die Hersteller von Dessous und Sekt und Parfüm und Bettwäsche verkauft. Dummerweise assoziierte der Rest der Deutschen Lady Di mit Tod und unglücklicher Ehe und wollte damit nichts zu tun haben. Nur am Devotionalienhandel in England haben die Engelhardts verdient. Inzwischen ist die Marke erloschen.

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Egal: Das Ehepaar ist mit seinem Markenrechtshandel reich geworden. In 24 Jahren waren es tatsächlich nur acht Marken. Aber der Ballermann war und ist die Goldgrube. Wie reich sie sind, verrät André Engelhardt nicht, aber für das Tierheim Lindern reicht es immer noch, und für eine „Ballermann-Ranch“ mit Hunden und Pferden in Scholen ebenfalls. „Wenn ich jetzt aufhören würde, es wäre genug“, sagt er und grinst durchs Telefon. Und der Prozess in München? Er fand das Verfahren jetzt auch nicht sooo wichtig. Das Urteil werde Ende September verkündet, sagt er.

Auf der Engelhardt-Ranch in Scholen gibt es übrigens auch Ballermann-Partys. Lizenzfrei. Der Rechteinhaber selbst bittet zum Fest.

Von Bert Strebe

HAZ

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