Im Test: So spielt sich die Kampagne von „Call of Duty: Modern Warfare 2“
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„Call of Duty: Modern Warfare 2“ verzichtet auf kalkulierte Skandalmomente.
© Quelle: Infinity Ward/Activision
Nur wenige Spieltitel stehen derart synonym nicht nur für ihr Genre, sondern gar für Videospiele an sich, wie „Call of Duty“. Seit 2003 ist das jährliche Herbstrelease eines neuen Teils so sicher wie das Amen in der Kirche, und die Qualität schwankt naturgemäß. Stieß „Modern Warfare“ von 2019 noch auf weitestgehend positive Resonanz, kamen „Black Ops: Cold War“ (2020) und „Vanguard“ (2021) bei Spielerschaft und Kritikerinnen und Kritikern weniger gut an. Mit „Modern Warfare 2″ folgt nun der direkte Nachfolger des 2019er-Titels – und tritt zugleich namentlich in die Fußstapfen des skandalträchtigsten Spiels der Reihe.
„Modern Warfare 2“: keine kalkulierten Skandale
Denn im „Modern Warfare 2″ von 2009 (vor dem Reboot der Reihe) machte die Mission „No Russian“ Schlagzeilen, weil man darin aufseiten der Täter an einem Flughafenmassaker teilnahm, um eine Terrororganisation zu unterwandern – nur in der deutschen Version konnte nicht auf Zivilisten geschossen werden. Auch das „Modern Warfare 1″-Reboot von 2019 war nicht arm an Geschmacklosigkeiten. So erlebte man etwa als Kind einen Giftgasangriff auf ein Dorf im Nahen Osten mit – hier wurden offensichtlich die Bilder des syrischen Bürgerkrieges nachgeahmt. Auf solche mutmaßlich kalkulierten Skandalmomente verzichtet der neue Teil jedoch, genau wie auf den ganz großen „Call of Duty“-Bombast.
Die Kampagne von „Modern Warfare 2″ schlägt stattdessen überraschend häufig ruhigere Töne an, Schleich- und Undercovermissionen machen den Großteil der fünf bis sechs Spielstunden aus. Arm an großen, lauten Actionsequenzen ist die Geschichte zwar nicht, sie sind aber seltener geworden – und dadurch umso mitreißender.
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Mindestens so oft wie zu schießen ist in „Call of Duty: Modern Warfare 2" das Schleichen angesagt.
© Quelle: Infinity Ward/Activision
Klischees und simple Feindbilder
Die Handlung setzt nach wie vor auf Klischeefiguren und simple Feindbilder: Ein iranischer Terrorist ist in den Besitz von US-amerikanischen Raketen gekommen und will diese über ein mexikanisches Drogenkartell in die Staaten schmuggeln. In der Rolle mehrerer Soldaten des britischen Geheimdienstes geht es nach Europa und in den Nahen Osten, am häufigsten jedoch nach Mexiko. Die Aufgabe ist, mal wieder die Welt zu retten – nicht ohne den ein oder anderen vorhersehbaren Verrat und einige Rettungen in letzter Sekunde.
Die 17 Missionen variieren in Länge (fünf bis 45 Minuten), Tempo und grundlegendem Design stark. In einer geht es ballernd einen Berghang nach unten, in der nächsten muss Luftunterstützung aus einem AC-130-Gunship geleistet werden, dann wieder geht es zu einem lautlosen Scharfschützeneinsatz auf eine Atlantikinsel und weiter in ein Nahostkriegsgebiet, bei dem Helikopter und Fahrzeuge zum Einsatz kommen. Dabei gibt es so manche Längen, aber auch überraschend Neues, etwa Dialogoptionen oder eine Schleichmission mit Crafting, in der Materialien gesammelt und zu Items verarbeitet werden.
Grummelige Testosteronbomben
War die Kampagne des allerersten „Modern Warfare“ noch „Black Hawk Down“, ist das neue „Modern Warfare 2″ nun vielmehr „Sicario“: kein Kriegsblockbuster, sondern ein spannungsgeladener Agenten-Action-Thriller. Nur das Skript bleibt weiter auf Kopfabschaltniveau: vorhersehbar, voller platter Sprüche („Krieg kennt keine Freude, er kennt nur Feinde“), fragwürdiger Moral und eindimensionaler Figuren, die allem voran grummelige Testosteronbomben sind.
Das unterhält über seine kurze Spielzeit tadellos – und öffnet anschließend die Pforten zu einem Multiplayer, der im Shootergenre herausragend abwechslungsreich ist. Von Klassikern wie Team-Deathmatch über neue taktische Modi wie Geiselrettung und Fahrzeugschlachten bis zu Koop-Einsätzen und der neuen Version des Battle-Royale-Ablegers „Warzone“.
„Call of Duty“ ist mit „Modern Warfare 2″ so gut wie seit langer Zeit nicht mehr. Im Multiplayer sowieso, aber auch in der Kampagne, die zwar noch immer viele Schwächen hat – Längen, dumme KI, unfaire Stellen und das Drehbuch etwa –, mehr als kompensiert wird das jedoch durch das ruhigere Grundtempo und dadurch höhere Spannung, die Varianz an Schauplätzen und Einsatzzielen sowie die beeindruckende grafische Umsetzung.
USK: ab 18 Jahren
Plattform: PC, Xbox Series X/S, Xbox One, Playstation 5/4
Entwickler: Infinity Ward
Publisher: Acitivision
Release: 28. Oktober 2022
Preis: circa 70 bis 80 Euro