Blühende Bildschirme: Diese Videospiele machen Gartenarbeit zum Abenteuer
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Wer keinen Garten hat, kann seine Pflanzen digital hegen und pflegen.
© Quelle: RND-Montage, Foto: pexels
Landwirtschaft und Computerspiele gehören schon lange zusammen. Ein Dauerbrenner ist der „Landwirtschafts-Simulator“. Seit einigen Jahren wird die Nische immer beliebter, inzwischen ist auch die japanische Bauernhofserie „Story of Seasons“ ein internationaler Bestseller.
Auf den ersten Blick mögen diese Spiele aussehen wie ein digitaler Naturersatz. Doch die Natur steht nicht immer im Vordergrund, meist geht es um Zeit- und Ressourcenmanagement. Im „Landwirtschafts-Simulator“ fahren die Digitalbauern mit großen Landmaschinen durch ihre Monokulturen. In „Story of Seasons“ wird eine heile Welt inszeniert, in der es auch um Angeln, um die Pflege von Freundschaften und das Erforschen von Höhlen geht. Der Ackerbau ist hier eine Beschäftigung unter vielen; in wenigen, immer gleichen Schritten wachsen Tomaten, Melonen oder andere Früchte sicher zur Reife.
Idyllische Naturwelten wie aus dem Bilderbuch
Dass echte Gartenarbeit anders aussieht, weiß Gamedesignerin Elin Meinecke. Die Wahlhamburgerin kennt sowohl virtuelle als auch echte Gärten seit ihrer Kindheit. Heute gestaltet sie das Spiel „Evergreen Garden“. Dafür malt sie idyllische Naturwelten wie aus dem Bilderbuch – mit Acrylfarbe, per Hand – und setzt aus den abfotografierten Elementen ihr Spiel zusammen. „Evergreen Garden“ zeigt aber nicht nur optisch Liebe zum Detail, sondern setzt sich auch genauer damit auseinander, was im Garten passiert. Pflanzen werden „von Insekten oder anderen Schädlingen“ bedroht, sagt Meinecke. Im historischen Setting des Spiels gibt es keine Pestizide. Die Rettung kommt durch altes Wissen, welche Pflanzen einander helfen, wenn sie nah beieinander stehen. Der Mechanismus ist im Spiel vereinfacht, aber die Botschaft sei wichtig, bekräftigt Programmierer und Projektpartner Tobias Pohlmann: Es gehe um „die Vorzüge eines gemischten Gartens“.
In „Evergreen Garden“ fließt Wissen ein, das viele Familien über Generationen weiterreichen. Nicht nur Meinecke erzählt vom Garten ihrer Großmutter. Auch Fabian Rudzinski, Entwicklungschef des hessischen Studios Buntspecht & Rabe, hat viel von seinen Großeltern gelernt – „warum man Schnecken am besten mit anderen Schnecken loswird“ oder „warum man unbedingt einen Holunder pflanzen sollte“. Heute gibt er das Wissen im Naturgarten an die eigenen Kinder weiter. Und mit seinem Studio sucht er ein großes Publikum. Rudzinski entwickelt mit „Mein Grüner Garten“ ein sogenanntes Serious Game – die Vermittlung von Wissen ist ein erklärtes Ziel. „Wenn es fertig ist, würden wir es gerne dem Lehrbetrieb zur Verfügung stellen“, sagt der Spieleentwickler.
Gartenarbeit als ein melancholisches Abenteuer
Beide Projekte sind noch in Arbeit, haben keinen festen Erscheinungstermin. Sie sind Teil einer ganzen Welle von Spielen, die Natur nicht nur als Kulisse begreifen. Mal geht es verspielt um die Wirkungen ausgedachter Pflanzen wie in dem Indie-Hit „Strange Horticulture“. Mal geht es darum, die Blumen besonders natürlich darzustellen. In dem grafisch aufwendig gestalteten „Garden Life“ winden und ranken sich die Gewächse umeinander, statt gleichförmig nebeneinander im Beet zu stehen. Zu einem melancholischen Abenteuer wird die Gartenarbeit dagegen in „Botany Manor“. Hier setzt sich eine Botanikerin im Ruhestand mit ungewöhnlichen Pflanzen und ihren komplexen Bedürfnissen auseinander. Was die Pflanzen wollen und brauchen, müssen Spieler beim Erkunden von Haus und Umgebung selbst herausfinden.
Neue Gartenspiele inszenieren ihre Rückzugsorte meistens nostalgisch. Eine modernere Ruheinsel steckt ebenfalls in der Entwicklung. „Pocket Oasis“ wird eine Art Balkongarten zum Mitnehmen – das Spiel werde zuerst für iPhone, iPad und Nintendo Switch entwickelt, sagt Luciana Viganò vom Schweizer Studio knit‘n‘purl. Im Mittelpunkt stehe ein ruhiger, entspannender Ort. Bespielt wird jeweils ein virtueller Balkon, auf dem Pflanzen individuell platziert und gepflegt werden müssen. Aber das Spiel solle „nicht stressig“ werden, sagt Viganò. Menschen, die keine Zeit zum Gärtnern oder keinen Balkon haben, sollen in „Pocket Oasis“ auch mal „zehn Minuten auf die Pflanzen schauen“ können. Und wenn sie die Erdbeeren gut pflegen, dürfen sie Marmelade daraus machen.
Die Sonne im Gesicht fehlt schon
Ein ruhiges Spielerlebnis, ein Traum vom schönen Garten – darum geht es in diesen Spielen. Analoge Gärten können diese Spiele aber nicht ersetzen. Dafür fehle am Bildschirm schon „die Sonne im Gesicht“, wie Programmierer Tobias Pohlmann es ausdrückt. Eher geht es darum, Begeisterung für ein Thema zu wecken. Vielleicht treibt die Begeisterung auch neue Spielerinnen und Spieler in echte Gärten.