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Unterwegs als Local Guide: Wer sind Googles freiwillige Helfer?

Torben Mauch (l.) und andere Local Guides vor dem Brandenburger Tor in Berlin.

Torben Mauch (l.) und andere Local Guides vor dem Brandenburger Tor in Berlin.

Wo schmeckt die Pizza am besten? Wo ist der Service zuvorkommend? Und welches Lokal ist besonders familienfreundlich? Wer auf der Suche nach einem Lokal, einem Hotel oder einem Ausflugsziel ist, greift immer häufiger auf Bewertungen aus dem Internet zurück. Was bei Onlineeinkäufen schon längst gang und gäbe ist, wird bei Verbraucherentscheidungen in der realen Welt ebenfalls immer wichtiger.

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Bei der Orientierung kommt neben Bewertungsportalen wie Tripadvisor und Yelp häufig Google Maps zum Einsatz. 200 Millionen Plätze weltweit können Nutzer hier mit Sternen bewerten – darunter Fährhäfen in Grönland, Tankstellen im australischen Outback und Restaurants im Amazonas-Gebiet. Täglich kommen 20 Millionen Beiträge wie Rezensionen, Bilder, Antworten auf Nutzeranfragen und Aktualisierungen hinzu.

120 Millionen Guides aus 24.000 Städten

Besonders wichtig ist für Google dabei die Arbeit der sogenannten Local Guides. Diese Nutzer erhalten für ihre Beiträge Punkte und können dadurch in verschiedene Level aufsteigen. Geld zahlt Google dafür nicht. Wie viel Aufwand in Arbeitszeit das bedeutet, ist nicht nachzuvollziehen. Insgesamt nehmen weltweit 120 Millionen Guides aus 24.000 Städten an dem Programm teil.

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Einer von ihnen ist Torben Mauch. Der IT-Berater wohnt in München und reist beruflich durch ganz Deutschland. “Irgendwann wollte ich mich mit einem Hobby beschäftigen, das mit mir unterwegs ist. Wenn ich jetzt in Deutschland unterwegs bin – und ich sehe wirklich viele Städte – ist es eine Motivation, sich die Stadt und den Ort noch einmal genauer anzusehen.”

Seine erste Bewertung war ein Hotel in Belfast. “Am Anfang habe ich noch nicht so viel Wert auf das ausführliche Schreiben einer Bewertung gelegt, sondern habe primär Sterne vergeben. Ich glaube meine erste Bewertung lautete ungefähr: ‘War toll, hat mir hier gefallen.’ Jetzt schreibe ich Bewertungen, bei denen ich versuche so viel objektiven Inhalt wie möglich beizutragen.”

Knapp 50.000 Fotos in vier Jahren

In den vergangenen Jahren hat Mauch ein erstaunliches Portfolio als Local Guide aufgebaut. Seit 2016 fotografiert er nahezu alles, was ihm über den Weg läuft. Mehr als 650 Rezensionen und knapp 50.000 Fotos hat er bereits bei Google Maps hochgeladen und damit das höchste Level 10 erreicht. Doch wie sieht eine ideale Bewertung eigentlich aus? Auf der Plattform Local Guide Connect versammeln sich die digitalen Reiseführer und tauschen sich untereinander aus. Hier finden sie auch Beispiele für die gelungene Rezension. So sollte in einem Restaurant etwa kommentiert werden, wie die Atmosphäre ist, und ob das Lokal familien- oder behindertengerecht ist.

Seine Aktivität als Local Guide hat Torben Mauchs Sicht auf die Dinge verändert. “Ich hab vorher zum Beispiel nicht darauf geachtet, ob Toiletten im Untergeschoss eines Restaurants und nur über eine Treppe zu erreichen sind”, sagt er. Auch legt er großen Wert darauf, den Betreibern bei negativem Feedback noch vor der Bewertung direkt zu kontaktieren: “Das ist die Ehre des Local Guides, dass man nicht nur eine schlechte Bewertung abgibt. Man merkt bei der Rücksprache mit den Eigentümern, wie wichtig das Feedback ist. Mit manchen habe ich dann auch eine ganze Zeit lang noch eine Kommunikation.” Geschenke oder Vergünstigungen für seine Bewertungen erhält er von Restaurants oder bewerteten Unternehmen nicht. Besonderen Wert legt Mauch auch auf die Privatsphäre. So werden alle Fotos, auf denen Menschen zu erkennen sind, im Vorfeld sorgsam bearbeitet. “Ich lade kein Foto hoch, auf dem man Gesichter oder Autokennzeichen erkennen kann.”

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Als Local Guide hat Torben Mauch knapp 50.000 Fotos auf Google Maps hochgeladen.

Als Local Guide hat Torben Mauch knapp 50.000 Fotos auf Google Maps hochgeladen.

Neben Restaurants und Hotels, die Mauch auf seinen Reisen besucht, finden sich abgesehen von touristischen Ausflugszielen auch zahlreiche vermeintlich unspektakuläre Plätze wie Parkhäuser in seinen Bewertungen. So sind etwa die Öffnungszeiten wertvolle Informationen, aber auch die Breite der Parkplätze oder das Maximalmaß der Garage sind für besonders viele Menschen von Interesse. Ähnlich sieht es etwa bei Apotheken aus. Wer hat wann geöffnet und welche Notfallapotheke steht am Wochenende bereit?

Auffällig ist für Mauch, dass viele Dienstleister und Einzelhändler ihre Informationen nur sehr sporadisch oder überhaupt nicht gepflegt haben. “Der stationäre Einzelhandel in Deutschland hat die Vorteile von Google Maps noch gar nicht so richtig verstanden. Wir als Local Guides machen sehr viele Sachen, die der Einzelhändler sonst selbst machen könnte. Ich verstehe zum Beispiel nicht, warum bei manchen Apotheken keine Öffnungszeiten durch die Betreiber gepflegt werden. Viele Einzelhändler haben das Potenzial noch nicht so richtig entdeckt.”

Erkennungssoftware und Mitarbeiter filtern Spambeiträge

Generell gibt es über die Funktion Google My Business die Möglichkeit für Betreiber, ihr Unternehmen bei Maps zu listen. Aber auch Local Guides können Orte anlegen und zum Beispiel Öffnungszeiten editieren. Damit diese Funktion nicht missbraucht wird, gibt es einen Prüfmechanismus. Werden die Öffnungszeiten oder ein Ort neu gelistet, so erscheint bei anderen Local Guides ein Aufruf, diese Informationen zu überprüfen. So verifizieren sich die Guides gegenseitig. Zusätzlich setzt Google automatische Erkennungssysteme und maschinelles Lernen ein, um die Millionen Beiträge auf Spam und irrelevante Informationen zu filtern.

“Unsere maschinellen Lernmodelle achten dabei auf bestimmte Wörter oder Sätze, untersuchen Muster in Inhalten, die ein Nutzerkonto bereits in der Vergangenheit gepostet hat, und können auf diese Weise verdächtige Bewertungen erkennen”, heißt es dazu von Kevin Reece, Director of Product bei Google Maps. Zudem setzt Google auf zusätzliche Teams von geschulten Mitarbeitern und Analysten, die Bewertungen, Fotos, Geschäftsprofile und weitere Inhalte prüfen. Laut Google werden die unangemessenen Inhalte so größtenteils bereits entfernt, bevor Nutzer sie überhaupt zu sehen bekommen.

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“Auch meine Änderungen werden nicht immer sofort akzeptiert. Das kann dann durchaus mal drei Monate dauern, bis dann bestätigt ist, dass an einer bestimmten Stelle ein Aussichtspunkt ist”, sagt Torben Mauch. Gegen manipulierte Bewertungen zum Beispiel durch die Konkurrenz können sich Unternehmer wehren, indem sie einen entsprechenden Beitrag an Google melden. Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder auch Regelverstöße, die den Prüfmechanismen und den Algorithmen entgehen. So berichtet Mauch von Usern, die etwa Bilder von dem Menü einer Fastfoodkette erstellen und diese für jede Filiale der Kette in ganz Europa hochladen. “Es gibt einige Local Guides, die Level 10 erreicht haben, das aber nicht verdienen, weil sie sich nicht an die Richtlinien halten. Das ärgert mich, weshalb ich solche falschen Local Guides bei Google melde.”

Ein Feature, das künftig die Authentizität der Guides verbessern soll, ist die Folgefunktion. So können Nutzer, ähnlich wie auf sozialen Netzwerken, Local Guides abonnieren und deren Bewertungen auf einen Blick einsehen. “Die Folgefunktion ist spannend, weil sie nachhaltig die Qualität erhöhen wird, weil man nicht mehr so anonym ist”, meint Mauch.

Eine Community jagt Wertstoffinseln

Weniger anonym läuft es auch in der Local Guides Community: Die jüngste Challenge unter den Guides ist aktuell das Hinzufügen von Wertstoffinseln, also Sammelstellen für Altpapier und Glas. Wer kann in kürzester Zeit die meisten Inseln aufspüren und anlegen? Natürlich muss dabei auch die Qualität der Informationen stimmen, betont Mauch. “Es ist dann keine Bewertung, aber man hilft den Leuten und es ist eine gute Unterstützung der Gemeinschaft, die vor Ort wohnt und Google Maps nutzt.”

Neben der Jagd auf Punkte und Meilensteine, die mit virtuellen Abzeichen belohnt werden, ist es wohl das, was den größten Reiz ausmacht: Mit den eigenen Bewertungen anderen Menschen dabei zu helfen, sich zu orientieren, sich zu entscheiden und neue Orte zu entdecken. Zudem wächst die Community der Local Guides, die auch in der realen Welt zu sogenannten Meetups zusammenkommen. Das erste europäische Treffen in Krakau hat Mauch organisiert.

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Ganz unbemerkt ist Mauchs Verdienst für die Plattform auch bei Google nicht geblieben. Als besonders aktiver Guide wurde er im vergangenen Jahr in den Hauptsitz nach Kalifornien eingeladen. Gemeinsam mit 200 anderen Rezensenten aus aller Welt durfte er den Googleplex besuchen. “Gerade für mich als IT-affiner Mensch ist das natürlich das Land der Propheten”, sagt Mauch. Auch schätzt er die diverse Community der Local Guides, die sich über Ländergrenzen, Kulturen und Religionen hinwegsetzt. “Hier trifft man virtuell oder real eine Friseurin aus den USA, eine Fernsehmoderatorin aus der Ukraine, einen Arzt und einen Reiseführer aus Indien oder einen Mitarbeiter von der Steuerbehörde in Brasilien. Das sind Leute, mit denen würde man nie in Kontakt kommen, und das ist genau das Spannende daran.”

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