CO₂-Handel – So bringt das eigene E-Auto Geld
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Mit dem Strom kann auch Geld fließen – zumindest ein bisschen, wenn man in den Handel mit CO₂-Quoten einsteigt.
© Quelle: Florian Schuh/dpa-tmn
München/Stuttgart. Wer in Deutschland ein E-Auto kauft und fährt, wird belohnt: Mit dem Umweltbonus lassen sich im Zuge der Anschaffung mehrere tausend Euro vom Listenpreis zurückergattern. Kfz-Steuer muss über Jahre hinweg nicht gezahlt werden.
Seit Jahresbeginn ist ein neuer Anreiz im Spiel. Halterinnen und Halter von vollelektrischen E-Autos können sich leicht ein paar Hundert Extra-Euro pro Jahr verdienen. Möglich macht es der Handel mit Verschmutzungsrechten. Seit dem 1. Januar können daran auch private Halter teilnehmen.
Rechtliche Grundlage ist das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote“. Damit dürfen laut ADAC „auch Halterinnen und Halter von Elektroautos das von ihnen eingesparte CO₂ ,weiterverkaufen‘“.
Das Prozedere ist einfach, der Hintergrund komplizierter. Im Prinzip können E-Autofahrer nunmehr die Einsparung von CO₂-Emissionen in Form von Emissionszertifikaten an Mineralölunternehmen verkaufen. „Diese müssen eine sogenannte Treibhausgas-Minderungsquote – THG-Quote – erreichen“, sagt Jeannine Rust vom Auto Club Europa (ACE).
Zwischenhändler vereinfachen das Prozedere
Durch den Ankauf von eingespartem Treibhausgas in Form dieser Verschmutzungsrechte bietet sich den Konzernen die Option, Strafzahlungen zu entgehen. „Sie kaufen eingespartes CO₂ und schaffen dadurch einen Ausgleich zu den von ihnen ausgestoßenen Klimagasen“, sagt Marion Jungbluth, Mobilitätsexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Bislang konnten betroffene Mineralölunternehmen Emissionszertifikate im Verkehrssektor nur Energieversorgern abkaufen.
Um das Verfahren für Privatleute zu strukturieren und einfach zu halten, werden Zwischenhändler eingeschaltet. Die bündeln Einzelanträge der Halter und übernehmen die Auszahlung: Ein direkter Kontakt zwischen Verbrauchern und Kraftstoffproduzenten ist demnach nicht vorgesehen.
Nicht nur die Halter reiner E-Autos dürfen den Bonus einstreichen. Auch wer ein elektrisches Motorrad oder einen E-Roller mit Zulassung hat, ist berechtigt. Zulassungsfreie Fahrzeuge sind laut Verbraucherschutz dagegen ausgeschlossen, ebenso Plug-in-Hybride.
Es entwickelt sich ein dynamischer Markt
Schon mehr als 35 Anbieter sind seit Anfang des Jahres in die neue Form des Quotenhandels eingestiegen. „Aufgrund dieser Neuerung hat sich ein äußerst dynamischer Markt entwickelt“, sagt ACE-Sprecherin Jeannine Rust. Eine Übersicht liefert die Liste des Branchenportals Electrive.
Anträge sind in der Regel schnell gestellt: Beim Zwischenhändler eingereicht werden müssen der Fahrzeugschein (Zulassungsbescheinigung Teil 1), Kontaktdaten und Daten für den Zahlungsverkehr.
Der Gesetzgeber hat sich offenbar dazu entschlossen, auch den weiteren Bürokratieaufwand zu minimieren. Deshalb wird für private Halter eine Pauschale angesetzt. Sie basiert laut Verbraucherschutz auf einem Schätzverbrauch von jährlich 1943 kWh, den das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) bekanntgegeben hat.
„Belege zur tatsächlichen Nutzung, also zum Beispiel wie viele Kilometer im Jahr zurückgelegt werden oder mit welchem Strommix das E-Fahrzeug zu Hause geladen wird, sind nicht notwendig“, sagt Verbraucherschützerin Marion Jungbluth.
Spanne zwischen 250 und 400 Euro
Eingereichte Anträge werden über die Zwischenhändler durch das Umweltbundesamt (UBA) als zuständige Behörde zertifiziert. „Anschließend verkaufen die Anbieter die gesammelten Zertifikate des UBAs an die Kraftstoffunternehmen“, sagt Jungbluth. Abzüglich einer Provision für die Dienstleister fließen die Erlöse dann an die Halter zurück – in der Regel, denn es gibt Ausnahmen.
Bei der Wahl des Zwischenhändlers sollte man deshalb genau hinschauen. Die Bedingungen unterscheiden sich. Der ACE empfiehlt einen genauen Blick in die Geschäftsbedingungen. „Die Ausschüttung unterscheidet sich je nach Anbieter in Art und Höhe deutlich“, sagt ACE-Sprecherin Rust. „Aktuell liegt der Bonus zwischen 250 und 400 Euro.“
Zudem gibt es je nach Anbieter die Auswahl zwischen festgesetzten und variablen Boni. Der ACE rät bei Festbeträgen zur Vorsicht, da bei steigenden CO₂-Preisen nur der Zwischenhändler profitiert. „Es ist davon auszugehen, dass die Preise am Markt steigen“, sagt Rust. Bei flexiblen Erlösen besteht theoretisch dennoch die Gefahr, dass diese geringer ausfallen, falls die Preise sinken. Wegen der möglichen Marktschwankungen werden teils Erlösspannen angegeben.
Teils fließen aber auch gar keine Erlöse an den Halter, wenn jene zum Beispiel in Umweltschutzprojekte gesteckt werden. „Manche Zwischenhändler behalten sich sogar das Recht vor, die an sie übertragene THG-Quote gar nicht erst zu verkaufen – und dann auch kein Geld auszuzahlen“, heißt es beim ADAC.
Keine Eile bei den Anträgen geboten
Besonders attraktiv sind laut ACE deshalb Angebote, die eine Mindestauszahlung garantieren. Ihre Seriosität untermauern Zwischenhändler ebenfalls, wenn sie ihre Provisionen offenlegen.
Den Erlös aus der THG-Quote können Halter und Halterinnen einmal im Jahr einstreichen. „Den Fahrzeugschein müssen Sie jährlich neu einreichen, um die Prämie zu erhalten“, sagt Marion Jungbluth. Wird oder wurde das betreffende E-Auto erst im Laufe des Jahres zugelassen, gibt es einen anteiligen Erlös.
Bei Gebrauchtfahrzeugen gilt: „Hat der Vorbesitzer oder die Vorbesitzerin den Quotenschein bereits verkauft, kann dieser im selben Jahr nicht noch einmal gehandelt werden“, sagt ACE-Sprecherin Rust. Aber auch, wer dienstlich ein E-Auto fahre, könne vom THG-Quotenhandel profitieren – „vorausgesetzt der Firmenwagenbesitzer oder die Firmenwagenbesitzerin stehen im Fahrzeugschein“.
Eilig braucht man es als Halter indes nicht zu haben. Bis 28. Februar eines Folgejahres müssen die Zwischenhändler die Unterlagen beim Umweltbundesamt einreichen. Marion Jungbluth vom Verbraucherzentrale Bundesverband sagt: „Die erste Meldung bei einem Dienstleister können Sie also bequem bis Ende 2022 erledigen.“
RND/Stefan Weißenborn, dpa