Neue Marken, neue Märkte

Kommt jetzt die Stromrevolution für Biker?

Amerikanische Elektro-Enduro: die Zero DSR.

Amerikanische Elektro-Enduro: die Zero DSR.

„Die Zahlen, die der europäische Motorradverband herausgeben hat, weisen für alle Zweiräder über 50 Kubik, egal ob mit Verbrenner oder mit Elektroantrieb, für 2021 eine leichte Steigerung von 3 Prozent aus“, sagt Werner Hagstotz. „Ganz anders aber sieht es aus, wenn man nur die Elektrobikes nimmt. Die Zahl, 23.000 Stück, mag zwar absolut gesehen noch klein sein, aber der Zuwachs liegt hier gegenüber 2020 gar bei starken 28 Prozent!“

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Und auch der Markt der elektrisch betriebenen Roller à la Vespa boome. Statt mit dem Auto mit dem elektrischen Roller zur Arbeit zu fahren, das sei für viele heute nicht nur ein Statement in Sachen Umweltschutz, sondern spare vor allem Geld, nicht nur angesichts der aktuellen Spritpreise, so der Professor für Markt- und Meinungsforschung, dessen Institut etliche größere Motorrad- und Automobilhersteller berät.

Michael Lenzen hat beobachtet, „dass wir an der Schwelle stehen, wo sich kein Hersteller größerer Hubraum-Klassen dem Thema Elektromobilität verschließen kann. Und selbst ein Mann wie KTM-Boss Stefan Pierer, eigentlich ein Verfechter des Verbrenners, sagt, dass Elektro durchaus sinnvoll sein könne – wenn auch für ihn bisher nur bei kleineren Hubräumen.“ Vor allem aber sind es die chinesischen Hersteller, die das Vorstandsmitglied des Bundesverbands der Motorradfahrer (BVDM) als Wegbereiter der Elektromobilität auf zwei Rädern sieht: „Unter anderem Voge, eine Marke, die bereits eine Reihe von verbrennergetriebenen Bikes auf dem deutschen Markt anbietet, arbeitet mit Nachdruck an einem Elektro-Bike, das natürlich auch nach Deutschland kommen wird.“

China hat der Konkurrenz gezeigt, wie Elektromobilität geht

Was die Chinesen zum starken Herausforderer der ohnehin noch nur im stillen Kämmerlein vor sich hin experimentierenden Platzhirsche von BMW bis Yamaha macht, ist die Kombination aus günstigem Preis und guter Qualität, die man mittlerweile erreicht hat. „Die Zeiten, in denen aus China ausschließlich extrem preisgünstige, aber auch minderwertige Roller für den Baumarkt kommen, sind vorbei“, so Lenzen. Heute setze man bei Voge und den weiteren in Deutschland verfügbaren China-Marken wie Zontes, CF Moto oder Alrendo auf Qualitätszulieferer von Bosch, die Brembo-Tochter Bybre oder bei Reifen auf Produkte europäischer Hersteller.

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Auch Hagstotz ist überzeugt von der chinesischen Vorreiterrolle. „Nicht nur bei den Motorrädern, sondern bei der Elektromobilität per se haben die Chinesen eine sehr hohe Lernkurve erreicht. Kein Wunder, schließlich hat man im Prinzip bereits Hunderttausende von elektrisch betriebenen Zweirädern gebaut.“ Und da mittlerweile auch das Design der China-Bikes stimme, lernten interessierte deutsche Kundinnen und Kunden, dass Elektromobilität auf zwei Rädern nicht nur gut funktioniere, sondern vor allem keine 30.000 Euro kosten müsse, so der Experte. „Auch für 6000 oder 7000 Euro bekommt man heute ein vernünftiges E-Bike oder für 4000 Euro einen guten E-Roller.“

30.000 Euro – etwa so viel kostet die Live Wire, das bisher einzige Elektromotorrad von Harley-Davidson, gleichzeitig eines der wenigen überhaupt, das etablierte Hersteller bisher anbieten. Wobei das so nicht ganz richtig ist. Denn etabliert ist längst auch Zero, eine US-Marke, deren Portfolio mittlerweile neun verschiedene Modelle, vom Sportler über das Naked Bike bis zur Enduro, umfasst. Größter Unterschied zu traditionsreichen, jahrzehntealten Marken wie BMW, Ducati, Honda oder KTM ist, dass Zero gerade einmal seit 2007 existiert und schon immer ausschließlich auf Elektromobilität gesetzt hat. Trotz dieser kurzen Zeitspanne hat man eine Reife erlangt, die Zero nicht unverdient zum Marktführer gemacht hat. Allerdings sind auch Zero-Bikes alles andere als ein Schnäppchen. Zwischen 13.500 und deutlich über 21.000 Euro liegt hier der Preis, je nach Modell und Akkukonfiguration.

Noch ist das Angebot an Elektromotorrädern sehr überschaubar

So exklusiv ist bisher das Angebot bei den Elektromotorrädern, dass das Fachmagazin „Motorrad“ im vergangenen Jahr den italienischen Hersteller Energica, wie Zero seit rund einem Jahrzehnt mit der serienmäßigen Produktion von E-Bikes befasst, als einen der „übriggebliebenen Pioniere der E-Mobilität auf zwei Rädern“ bezeichnete. Ebenso wie bei Zero und Harley-Davidson steht bei Energica oder auch bei der finnischen Marke Verge der Preis einer weiteren Verbreitung entgegen. Unter 20.000 Euro geht hier nichts. Deutlich günstiger ist mit 11.200 Euro zwar das schon seit einigen Jahren von KTM angebotene Modell Freeride E-XC. Die reinrassige, leichtgewichtige Enduro ist mit nur „90 Minuten Fahrspaß“, so KTM, aber wohl nur als Sportgerät nutzbar.

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Die Frage, was eigentlich die Japaner in Sachen elektromobiler Motorräder machen, hat „Motorrad“ im vergangenen Jahr so beantwortet: „Die Erfahrung zeigt: Die riesigen japanischen Konzerne brauchen öfter lange, bis etwas Neues kommt, dann aber mit der Konsequenz einer Planierraupe.“ Es wird also wohl Elektro-Bikes geben von Honda, Kawasaki, Suzuki oder Yamaha, wann aber ist noch offen.

Avantgarde im Hochpreissegment: die Verge TS aus Finnland.

Avantgarde im Hochpreissegment: die Verge TS aus Finnland.

Noch sind es vor allem kleine bis sehr kleine Start-ups, die sich neben den Chinesen, Zero, Energica, Verge und Harley-Davidson dem Thema Elektromotorrad widmen. „Die schwedische Firma Regent Motorcycles etwa bietet mit dem vielversprechend betitelten Modell No. 1 für 12.495 Euro einen puristischen Nachbau der SR 500 an. Jener ikonischen Einzylindermaschine von Yamaha, die in den 80er-Jahren eines der meistverkauften Motorräder überhaupt war“, weiß Hagstotz zu berichten. „Allerdings kommen viele dieses Start-up-E-Motorräder nicht über den Rang als Concept-Bike hinaus, das heißt, sie gehen nie in Serie.“

Aber selbst wenn sie in Serie gehen sollten, bliebe die Frage nach dem Vertrieb, nach der Wartung und der Ersatzteilversorgung wohl unbeantwortet, da diese kleinen Unternehmen die Rundumversorgung oftmals strukturbedingt gar nicht leisten können. Der Kunde, der hier kauft, muss sich also bewusst sein, dass er im besten Fall eine Reihe von Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen muss.

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