Omikron-Welle und Weihnachten in Sicht: Was jetzt jeder Einzelne tun kann
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Weihnachtsmarkt in Hamburg mit 2G-Regel und Maskenpflicht: Es braucht jetzt eine nachhaltige Strategie gegen die fünfte Welle.
© Quelle: imago images/Hanno Bode
Noch kämpft Deutschland gegen die Delta-Variante. Doch schon um Weihnachten herum dürfte Omikron zum Problem werden, die noch ansteckendere Mutante. Erst vor wenigen Wochen in Südafrika entdeckt breitet sie sich rasant in Europa aus. Omikron bringt bereits die Fallzahlen in Großbritannien und Dänemark zum Explodieren und verursacht in der Summe mehr schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle.
Auch in Deutschland erwarten Expertinnen und Experten mit der neuen Virusvariante eine neue Infektionswelle. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Omikron übernimmt“, sagte Lothar Wieler, Chef des Robert Koch-Instituts (RKI) am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). „Wir rechnen damit, dass sich die Situation dadurch für alle noch einmal deutlich verschärft.“ Verhindern lässt sich eine fünfte Welle wohl nicht mehr. Jeder Einzelne kann aber etwas dazu beitragen, sie zumindest abzuschwächen.
Die stärkste Waffe: Impfen und Boostern
Die wichtigsten Waffen gegen alle Virusvarianten, einschließlich Omikron, sind und bleiben die Impfstoffe. Sie schützen vor Infektionen mit Symptomen wie Husten oder Fieber, ebenso wie vor schweren Verläufen und Todesfällen. Lassen sich viele Menschen gegen Covid-19 impfen, wird in der Bevölkerung eine Immunität aufgebaut, die die Übertragung des Virus eindämmt. Folglich kommt es auch seltener zu schweren bis tödlichen Krankheitsverläufen.
Allerdings lässt die Schutzwirkung der Impfstoffe mit der Zeit nach. Deshalb spielen sowohl bei Delta als auch bei Omikron die sogenannten Booster-Impfungen eine große Rolle. Eine dritte Impfdosis kann die Immunantwort von Geimpften noch einmal verstärken, wenngleich diese gegenüber Omikron geringer ausfallen als noch bei der Delta-Variante.
Ein alleiniges Mittel gegen Omikron seien die Auffrischungsimpfungen aber wahrscheinlich nicht, betonte die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek. Denn ihr Schutz nimmt ebenfalls mit der Zeit ab. „Im Moment habe ich das Gefühl, dass vermittelt wird: Lassen Sie sich boostern, und die Welt ist wieder gut. Das ist nicht so“, sagte Ciesek, und stellte ferner klar: „Es reicht nicht, sich auf die Booster-Kampagne zu konzentrieren.“ Es brauche nun „alle Tools, die wir haben“.
Testen hilft auch bei Omikron
Gemeint sind damit etwa die Corona-Tests. Sowohl PCR- als auch Antigenschnelltests sind in der Lage, Omikron nachzuweisen. „Würde theoretisch in der jetzigen Situation jede Person etwa einen Schnelltest pro Woche machen, dann könnte die Pandemie eingedämmt werden“, hatte ein Gruppe von Forschenden – darunter Ciesek, Physikerin Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation sowie Immunologe Carsten Watzl – Anfang November in einem Positionspapier erläutert.
Sie empfahlen, einen „gezielten Einsatz im Verdachtsfall, vor Treffen mit vulnerablen Personen, in großen Gruppen oder in Gruppen mit hoher Übertragung“, also zum Beispiel unter ungeimpften Schülerinnen und Schülern. Auch für Geimpfte und Genesene mit einer länger zurückliegenden Impfung könne der Einsatz eines Tests sinnvoll sein.
Bei den Antigenschnelltests muss berücksichtigt werden, dass sie keine hundertprozentige Sicherheit bieten. Sie entdecken weniger Infektionen, weil sie nicht so sensitiv sind wie der PCR-Test. Das heißt, sie sind weniger zuverlässig, wenn es darum geht, einen Infizierten als infiziert zu erkennen. Deshalb sollte im Fall eines positiven Schnelltests immer ein PCR-Test zur Bestätigung folgen.
Sich regelmäßig testen lassen hilft also weiterhin, um sich im Alltag besser abzusichern. Allein seien die Tests aber nicht mehr in der Lage, die Winterwelle zu brechen, so die Forscherinnen und Forscher weiter. Als sie ihr Positionspapier schrieben, war der Auslöser der Winterwelle noch die Virusvariante Delta. Omikron war damals noch nicht entdeckt. Sobald sich die Mutante in Deutschland ausbreitet, dürfte das Infektionsrisiko deutlich zunehmen. Da sie den Impfschutz teilweise umgehen kann, dürften sich mit ihr nicht nur Ungeimpfte, sondern auch Geimpfte und Genesene anstecken.
Fester sozialer Kreis an Kontakten in diesem Corona-Winter
Treffen Sie möglichst wenige und wenn, dann immer dieselben Menschen in einem festen sozialen Kreis – und etablieren Sie diesen Kreis am besten schon jetzt in der Vorweihnachtszeit.
Lothar Wieler
RKI
Deshalb rät das RKI auch dazu, alle nicht notwendigen Kontakte zu reduzieren. In ihrem aktuellen Wochenbericht spricht sich die Behörde etwa dafür aus, größere Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern abzusagen oder gegebenenfalls virtuell stattfinden zu lassen. „Bitte schränken Sie ihre Kontakte auf das Nötigste ein“, forderte RKI-Chef Wieler die Bürgerinnen und Bürger auf. „Treffen Sie möglichst wenige und wenn, dann immer dieselben Menschen in einem festen sozialen Kreis – und etablieren Sie diesen Kreis am besten schon jetzt in der Vorweihnachtszeit.“
Für sicherere Kontakte sollen auch die 2G-, 3G- und 2G-plus-Regelungen helfen. Bund und Länder hatten sich Anfang Dezember darauf geeinigt, dass der Zugang zu Einrichtungen und Veranstaltungen der Kultur und Freizeit, also etwa Kinos oder Restaurants, auf Genesene und Geimpfte beschränkt sein soll, unabhängig von der Sieben-Tage-Inzidenz. In einigen Bundesländern brauchen Genesene und Geimpfte zudem einen tagesaktuellen, negativen Corona-Test, um Zutritt zu diesen Bereichen zu erhalten.
Das Forscherteam um Viola Priesemann hatte die 2G- und 3G-Konzepte im eigenen Positionspapier nur bedingt als Alternative angesehen. Allein würden sie nicht ausreichen, um das Infektionsgeschehen zu reduzieren. Es brauche weitere unterstützende Maßnahmen. Die Autorinnen und Autoren wiesen zudem darauf hin, dass bei einer breiten Anwendung der 2G-Regel die Gefahr bestehe, dass es zu Treffen von Ungeimpften im privaten Bereich kommt, was zum einen die Kontaktnachverfolgung erschwert und zum anderen das Infektionsrisiko erhöht.
Aha-plus-L-Regel wirkt bei allen Virusvarianten
Es gibt noch ein weiteres Tool gegen Omikron: die Aha-plus-L-Regel. „Sofern Kontakte nicht gemieden werden können, sollten Masken getragen, Mindestabstände eingehalten und die Hygiene beachtet werden“, schreibt das RKI in seinem Wochenbericht. Zudem sollten Innenräume regelmäßig gelüftet werden, sobald sich mehrere Personen darin aufhalten. Diese simplen Schutzmaßnahmen helfen gegen alle Virusvarianten, betonen Expertinnen und Experten.
Wer coronatypische Symptome wie Husten, Schnupfen oder Halsschmerzen bei sich feststellt, sollte zudem zu Hause bleiben, seine Hausärztin beziehungsweise seinen Hausarzt kontaktieren und einen PCR-Test durchführen lassen. Außerdem empfiehlt das RKI all denjenigen, die Kontakt zu vulnerablen Personen wie Bewohnerinnen und Bewohner in Alten- und Pflegeheimen oder Klinikpatientinnen und -patienten haben, zuvor einen Test zu machen und auf einen vollständigen Impfschutz zu achten.
„Ich bitte Sie eindringlich: Lassen Sie uns die Feiertage so verbringen, dass sie für das Virus kein Fest werden“, mahnte RKI-Chef Wieler. „Verbringen Sie diese Zeit wirklich nur im kleinsten Freundes- und Familienkreis.“ Gerade, wenn es um anstehende Weihnachtstreffen geht, betont zudem der Virologe Marco Binder: „Wenn sich jeder vorab selbst testet, kann die Sicherheit für alle – insbesondere die älteren Verwandten – noch einmal deutlich erhöht werden.“