„Schicken Menschen nach Hause, weil der Kühlschrank leer ist“: Auf einmal wird der Impfstoff knapp
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Die Impfnachfrage steigt – doch einige Impfwillige gehen mancherorts derzeit leer aus (Symbolbild).
© Quelle: Paul Zinken/dpa
Die Nachfrage nach einer Impfung gegen das Coronavirus steigt, doch in mehreren Orten Deutschlands sind die Vakzine Mangelware. Manche Impfstellen haben deshalb jüngst nicht alle Impfwilligen versorgen können. „Für uns als ‚Impfende‘ ist es absolut unbefriedigend, wenn Menschen am Impfzentrum abgewiesen werden müssen, weil wir schon wieder eine Knappheit haben“, sagte ein Sprecher des Bayerischen Rotes Kreuzes, das einige Impfstellen in Bayern betreibt, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
Man fühle sich teilweise an die Anfänge der Impfkampagne erinnert: Viele Menschen wollten sich impfen lassen, doch nur wenige konnten, weil der Impfstoff knapp war.
Übergriffe auf Impfzentrumspersonal, weil kein Biontech-Impfstoff verfügbar ist
„Wir stellen fest, dass anvisierte Impfstofflieferungen und unsererseits getätigte Impfstoffbestellungen nicht in den Mengen, die zugesichert waren, stattfinden“, sagte der Sprecher. Während es beim Vakzin von Moderna nur in Einzelfällen Kürzungen in den ausgelieferten Mengen gebe, seien die Abweichungen bei den Lieferungen der Biontech-Dosen „erheblich“.
In einigen Fällen hätten Impfwillige „mit großem Unverständnis“ darauf reagiert, wenn sie nicht den Impfstoff von Biontech erhielten. Außer zu einigen verbalen Ausschreitungen sei es „auch zu gewaltsamen Übergriffen auf das Impfzentrumspersonal – erschreckenderweise – bereits gekommen“, so der Sprecher.
Impfstoffmangel auch in Impfstellen in Niedersachsen
Auch im niedersächsischen Landkreis Verden können derzeit nicht alle impfwilligen Menschen geimpft werden. Er teilte mit, dass eine stationäre Impfstelle am Verdener Kreishaus in der nächsten Woche keine Corona-Impfungen anbieten kann. „Grund dafür ist, dass im Apothekengroßhandel bestellte Impfmengen aufgrund von Lieferengpässen drastisch gekürzt wurden“, teilte der Landkreis auf seiner Homepage mit.
An mehreren Orten in Braunschweig mussten am Freitag Impfaktionen vorzeitig eingestellt werden. Weitere Impfungen sollen erst wieder am Montag möglich sein, wenn neue Moderna-Impfdosen eingetroffen sind. Die Impfstoffreserven seien mittlerweile aufgebraucht, so die Stadt in ihrer Mitteilung von Freitag.
Thüringen und Brandenburg: Vakzine einiger Hersteller knapp oder aufgebraucht
Am Samstag wurden die Impfstellen in Thüringen regelrecht überrannt. Besonders beliebt war das Vakzin vom Hersteller Johnson & Johnson: Die vorhandenen Dosen waren bereits vor Schließung der Impfstellen um 13.30 Uhr aufgebraucht gewesen, sagte Jörg Mertz, Impfmanager der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Thüringen. Bei Impfungen mit diesem Präparat ist nur eine Spritze nötig. Wegen knapper Biontech/Pfizer-Lieferungen vom Bund hatte Thüringen bereits angekündigt, ab dem 1. Dezember über 30-Jährige bei ihren Terminen in den Impfstellen mit dem Vakzin von Moderna zu impfen.
Das Kontingent an Impfstoff ist auch in Brandenburg knapp – vor allem beim Vakzin von Biontech und Pfizer. „Diese Situation ist misslich, trotzdem dürfen wir nicht nachlassen bei den Impfungen“, appellierte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) beim Besuch einer Impfaktion in Brandenburg an der Havel am Samstag. Die mobilen Impfteams sowie Hausärztinnen und Hausärzte sollen den Biontech-Impfstoff daher vorrangig für den Schutz von Menschen unter 30 Jahren sowie für Schwangere einsetzen.
Impfstoffrationierung des Bundes stößt auf Unverständnis
Vergangene Woche hatte der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt, den Corona-Impfstoff von Biontech nur noch begrenzt abgeben zu wollen. So hatte das Bundesgesundheitsministerium den Bundesländern mitgeteilt, dass bei sieben Millionen bestellten Impfdosen von Biontech nur drei Millionen in der laufenden Woche ausgeliefert werden können. Nach Auskunft des baden-württembergischen Gesundheitsministeriums wird mittlerweile auch der Moderna-Impfstoff vom Bund rationiert oder kann teilweise gar nicht mehr bestellt werden.
Das stößt bei vielen Expertinnen und Experten auf Unverständnis. „In dieser jetzigen Notsituation [...], ist es unerklärlich, warum nicht alles daran gesetzt wird, Impfstofflieferungen auf die Straße zu bringen“, sagte der Sprecher des Bayerischen Roten Kreuzes. Es sei zudem kontraproduktiv, wenn es bei der aktuell steigenden Impfnachfrage zu Problemen bei der Versorgung komme – denn dabei würden Menschen verunsichert, die ohnehin lange gehadert hätten, sich impfen zu lassen. „Diese Menschen schicken wir jetzt wieder nach Hause, weil der Kühlschrank leer ist“, sagte der Sprecher.
Anlässlich der Kontingentierung der Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna äußerte auch der hessische Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) in einem Schreiben an Spahn seinen Unmut, das dem „Business Insider“ vorliegt: „Die bisherige Art und Weise demotiviert die Ausführenden vor Ort und verunsichert Patientinnen und Patienten nachhaltig. Die daraus entstehende Frustration aller gefährdet den Impferfolg“, hieß es.
RND/bk mit Material von dpa