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Kommentar

Antisemitismus und Kunst: Wie die Documenta zu retten ist

Der Ausschnitt des umstrittenen Großgemäldes des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi auf dem Friedrichsplatz zeigt einen Soldaten mit Schweinsgesicht. Er trägt ein Halstuch mit einem Davidstern und einen Helm mit der Aufschrift „Mossad“.

Der Ausschnitt des umstrittenen Großgemäldes des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi auf dem Friedrichsplatz zeigt einen Soldaten mit Schweinsgesicht. Er trägt ein Halstuch mit einem Davidstern und einen Helm mit der Aufschrift „Mossad“.

Berlin. Hat Antisemitismus Platz auf der Documenta in Kassel? Ja. Und sogar großen. Genauer gesagt neun mal zwölf Meter groß. Haushoch.

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Das sind die Maße des im Zentrum der Weltkunstaustellung, nahe des Fridericianums hängenden Banners „People’s Justice“. Es zeigt eine Art Weltgericht im Wimmelformat. Versteckt, aber deutlich genug hat das Künstlerkollektiv Taring Pardi aus dem indonesischen Yogyakarta darin eindeutig judenfeindliche Aussagen eingearbeitet.

Oder was ist von einem Schwein, auf dessen behelmtem Kopf das Wort Mossad steht und das ein Halstuch mit Davidstern trägt, zu halten?

Das umstrittene Großgemälde des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi auf dem Friedrichsplatz.

Das umstrittene Großgemälde des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi auf dem Friedrichsplatz.

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Das Kunstwerk wurde auch mit deutschen Steuergeldern finanziert. Leider muss man sagen, dass dieser – künstlerische – antisemitische Anschlag wenig überraschend kam. Im Gegenteil: Er ist geradezu erwartet worden.

Und wie groß wird künftig das Vertrauen in die künstlerische Freiheit sein, wenn wie in „People’s Justice“ die Schwelle zur Menschenfeindlichkeit übertreten wird?

Spätestens seit Anfang dieses Jahres sah sich „Ruangrupa“, das indonesische Kuratorenteam der Samstag offiziell eröffneten Documenta, Vorwürfen ausgesetzt, es stehe der antiisraelischen und in Teilen antisemitischen BDS-Bewegung nahe. Die Organisatoren um Documenta-Generaldirektorin Sabine Schormann beteuerten jedoch seitdem gebetsmühlenartig, antisemitische Äußerungen und Darstellungen würden keinen Platz in der staatlich geförderten Kasseler Exposition finden. Was für eine Irreführung!

Nun muss selbst Kulturstaatssekretärin Claudia Roth (Grüne), die noch vor Wochen den außerordentlich besorgten Zentralrat der Juden in Deutschland mit entsprechenden Zusicherungen beruhigen konnte, öffentlich eingestehen: „Das ist aus meiner Sicht antisemitische Bildsprache.“

Schon zuvor hatte es heftige Kritik an den Darstellungen einer palästinensischen Künstlergruppe gegeben, die das Agieren der israelischen Armee in Gaza mit dem der Wehrmacht im spanischen Guernica gleichsetzte. Es stellt sich nun die Frage, wie es trotz aller eindringlichen Warnungen dazu kommen konnte. Und wie groß künftig das Vertrauen in die künstlerische Freiheit sein wird, wenn wie in „People’s Justice“ die Schwelle zur Menschenfeindlichkeit übertreten wird?

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Eröffnung der Documenta Fifteen in Kassel

Die größte zeitgenössische Kunstausstellung in Deutschland ist nach fünf Jahren zurück. Bereits vor der Eröffnung hatte es Antisemitismusvorwürfe gegeben.

Die Documenta-Macher haben jedenfalls den dieses Jahr 1700 vertretenen Künstlern und einer der weltweit bedeutendsten Kunstschauen schweren Schaden zugefügt. Jetzt gibt es Forderungen, das Werk zu entfernen. Ist dies der richtige Weg? In einem Land, wo in mehr als 30 Kirchen judenfeindliche Schmähplastiken wie die sogenannte Judensau als „Mahnmal“ erlaubt sind, wie der Bundesgerichtshof vor gerade mal einer Woche entschied?

Nein, dies wäre lediglich ein Verschließen der Augen vor Tatsachen. Judenhass oder Rassismus verschwinden nicht mit dem Abhängen von Bildern oder dem Entfernen von Plastiken. Wie wäre es, wenn die Documenta, die auf weltweiten künstlerischen Kollaborationen fußt, jetzt aus der Not eine Tugend machte und Teilnehmer sich mit Mitteln der Kunst mit dem Antisemitismus auseinandersetzen würden?

Die Documenta könnte weiter von sich reden machen.

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