Multikultikomödie aus Frankreich

Rassisten wie wir: „Monsieur Claude“ ist zurück im Kino

Szene aus "Monsieur Claude und sein großes Fest", der am Freitag im Open-Aik-Kino im Göttinger Freibad am Brauweg läuft.

So friedlich ist die Großfamilie sonst nicht: Szene aus „Monsieur Claude und sein großes Fest".

Warum kauften 2014 in Frankreich mehr als zwölf Millionen Zuschauer ein Kinoticket für die Multikultikomödie „Monsieur Claude und seine Töchter“? Bei uns waren es immerhin noch fast vier Millionen. Was macht diesen konservativen Bonvivant aus der französischen Provinz weltweit zum Kassenknüller?

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Vielleicht kam Monsieur so gut an, weil er den kleinen Rassismusteufel unbekümmert rauslässt und sich auch nicht im Geringsten um „Political Correctness“ schert? Schwer zu sagen: Allzu lange müssen wir vermutlich nicht mehr auf die erste Doktorarbeit über das filmisch-gesellschaftliche Phänomen warten.

Bis dahin dürfen wir uns noch ungestraft an diesem silberlockigen Kerl und seinen undiplomatischen Sprüchen erfreuen. Claude Ver­neuil (Christian Clavier) ist in seinem Heimatstädtchen Chinon eine honorable Größe. Stolz wie Oskar dreht er seine morgendlichen Runden, auch wenn er sich jetzt manchmal in Hauseingängen versteckt, wenn einer seiner ungeliebten Schwiegersöhne seinen Weg kreuzt. Die sind nach langem Hin und Her jetzt auch noch seine Nachbarn und liegen sich ständig in den Haaren.

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Stoff für Zoff gibt‘s genug: Mal kracht es, wenn die Äpfel des einen über den Gartenzaun auf die Petersilienbüschel des anderen fallen, mal nervt das jüdische Zuckerfest oder die arabische Grillparty des Moslems. Und dass ausgerechnet der schwarze Charles, Partner seiner jüngsten Tochter, Jesus im Theater spielen soll, irritiert den gläubigen Katholiken zutiefst. War der Messias nicht ein Weißer?

Aber jetzt soll endlich Ruhe einkehren, Claude und seine Gattin Marie (Chantal Lauby) wollen gemütlich zu zweit bei einem delikaten Dinner ihren 40. Hochzeitstag feiern.

Doch die vier Töchter, die statt „ehrliche Franzosen“ (Monsieur) zu ehelichen, ihr Herz an Männer verschiedener Hautfarbe und mit unterschiedlichem Glauben verloren haben, planen eine Überraschung: eine XXL-Familienfeier mit den Schwiegereltern aus allen Ecken der Welt. Als die bunte Bagage anrückt, muss der Patriarch rund um die Uhr um Fassung ringen. Dabei wartet doch ein neues Buchprojekt auf ihn!

Am Rande der Karikatur

Regisseur Philippe de Chauveron lässt im dritten Teil der Familiensaga das bekannte Personal aufmarschieren und kann da nicht viel falsch machen. Er schlägt manchmal sprühenden Witz aus der Überzeichnung, verschenkt aber gleichzeitig die Möglichkeit, die neuen Figuren aus ihren Schablonen zu holen und zu charakterisieren.

So bleiben sie oft Stichwortgeber oder geraten an den Rand der Karikatur wie der algerische Schwiegerpapa, der als Rocksänger mit Gesang und Gitarre die Ohren seiner Zuhörer malträtiert. Oder die zarte Mama Ling aus China, die gerne ein Gläschen oder auch mal zwei kippt, wenn ihr Mann gerade nicht aufpasst. Oder das israelische Elternpaar, das sich ständig wegen Bagatellen streitet.

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Monsieurs Adrenalinspiegel

Noch in bester Erinnerung aus den ersten beiden Filmen sind Madeleine und André Koffi von der Elfenbeinküste. Der Egozentriker treibt mit seinem permanenten Gemecker und seinen tiefsitzenden Vorurteilen gegenüber Franzosen und ihrer Lebensart erneut Monsieurs Adrenalinspiegel in ungeahnte Höhen. Rassismus mal umgekehrt.

Eine unvorhergesehene Volte hat de Chauveron noch in petto: „Marie, was haben wir nur falsch gemacht, dass sie so etwas Grässliches malt?“, fragt der verzweifelte Claude seine Frau. Das künstlerische Schaffen ihres Töchterchens Ségolène verstehen sie nicht. An deren gewagten, nun ja, Eingeweidebildern scheint dagegen der deutsche Kunsthändler Helmut (Jochen Hägele) Interesse zu hegen.

Am Ende ist das alles nur Show und ein Hieb gegen das verrückte zeitgenössische Kunstgeschäft. In Wirklichkeit hat Helmut ein Auge auf Marie geworfen und verspricht ihr im Liebeswahn das Blaue vom Himmel. Marie findet die Schwärmerei immerhin schmeichelhaft.

Auch wenn nicht alle Gags zünden, die Nebenhandlungen etwas hastig abgearbeitet werden, Klischee und Klamauk streckenweise dominieren: Die kleinen und großen Bösartigkeiten in diesem Film machen gute Laune. Clavier als bornierten Spießbürger und Lauby als sein geduldiges Pendant haben wir im Laufe der Jahre lieb gewonnen. Man schaut ihnen schmunzelnd zu, wie sie ihren Alltag in der Provinz bewältigen.

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Amüsant ist auch eine unerwartete Wendung: Während die Herren der Schöpfung sich in Hahnenkämpfen und Machtspielchen verschleißen, nehmen die Damen sanft das Heft in die Hand und ziehen die Fäden. Unter Führung der braven Marie büxen sie gemeinsam aus, süffeln sich einen an, lassen es in der Disco krachen und sich von jungen Türstehern nicht dumm anreden. Ein „Mädelabend“ der besonderen Art über alle kulturellen Unterschiede hinweg.

„Monsieur Claude und sein großes Fest“, Regie: Philippe de Chauveron, mit Christian Clavier, Chantal Lauby, Jochen Hägele, 98 Minuten, FSK 0

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