Alle Beiträge vom Eurovision Song Contest 2013 mit Video
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Die Finalteilnehmer des Eurovision Song Contest 2013 in der Startreihenfolge (von oben links nach unten rechts): Gianluca Bezzina (Malta), Dina Garipowa (Russland), Natalie Horler mit Cascada (Deutschland), Dorians (Armenien), Anouk (Niederlande), Cezar (Rumänien), Bonnie Tyler (Großbritannien) und Robin Stjernberg (Schweden).
© Quelle: dpa
Malmö. 26 Musiker sind am Sonnabendabend in Malmö angetreten, um die ESC-Krone in ihr Land zu holen. Von Ballade bis Trinklied war mal wieder alles dabei.
Hier gibt es eine Übersicht der Teilnehmer, die am Sonnabend um den Sieg sangen:
1. Frankreich: Amandine Bourgeois - "L'enfer et moi"
Die 33-Jährige verspricht zu sanfter Bratzgitarre, ihrem Liebhaber das Leben zur Hölle zu machen. Aber die will nur spielen. Auch Amandine Bourgeois ist ein Castingstar, hat am Musikkonservatorium in Nizza aber auch Querflöte gelernt. Die kommt nicht zum Einsatz, stattdessen viel Kajal, viel Emotion und viel Stimme.
2. Litauen: Andrius Pojavis - "Something"
Andrius Pojavis hat etwas irre Wichtiges mitzuteilen. Es geht um Liebe und so. Der Grundbeat klingt ein bisschen nach "Human" von den Killers, doch leider nervt das selbstverliebte Gegriene des Vortragenden. Im Vorentscheid trug der 29-Jährige Frack und Zylinder. Auf der Autobahn funktioniert sein Song. Im Einerlei der Eurodance-Knaller fällt er immerhin auf.
3. Moldau: Aliona Moon - "A Million"
Ach, Millionen Tränen hat Aliona Moon vergossen, und zum Glück kamen nach dem Votingergebnis im Halbfinale keine mehr dazu. Große Chancen auf vordere Plätze gibt es mit dieser merkwürdig egalen Klangcollage wohl nicht.
4. Finnland: Krista Siegfrids - "Marry Me"
Die finnische Lady Gaga setzt voll auf abgezockte Vorstadtdisco-Erotik und will das Nachbarland mit einer schnellen Popnummer beglücken. Ihre Markenzeichen: High Heels, viel Bein, Mähne, viel Kajal, Paaahdyyy. Natalie Horler von Cascada wird ganz genau hingucken.
5. Spanien: El Sueño de Morfeo - "Contigo hasta el final"
Endlich mal keine alberne Zirkusnummer aus Spanien, stattdessen gibt's schwachen Folk-Rock-Pop mit einem Schuss Dudelsack-Keltentum, vorgetragen von drei Musikern, die heißen, wie nur Spanier heißen: David Feito Rodrigo, Juán Luis Suárez Garrido und Frontfrau Raquel del Rosario Macías, Exfrau von Formel-1-Rennfahrer Fernando Alonso. Deren selbstgeschriebener Titel "Mit dir bis ans Ende" hat keinerlei biografischen Wurzeln.
6. Belgien: Roberto Bellarosa - "Love Kills"
2012 gewann Roberto Bellarosa mit 18 Jahren die Castingshow "The Voice Belgique", für Malmö hat er sich eine treibende, glatte Elektronummer mit verspielten Synthie-Verwirbelungen schreiben lassen, die bis zur Bridge funktioniert, dann aber doch etwas nervt. So ein Zeug spielen Radio-DJs auf zugefrorenen Seen zu Glühwein.
7. Estland: Birgit Õigemeel - "Et uus saaks alguse"
Die Tochter eines Möbelbauers und einer Musiklehrerin hat sich musikalisch leider eher für das Möbelgenre entschieden. In Landessprache arbeitet sich die Siegerin von "Estland sucht den Superstar" von 2007 durch eine stabile, aber dröge 70er-Ballade, ein Polstersessel von einem Song. "Felicità" lässt grüßen. Es geht um das Ende des Winters. Klingt aber eher nach dessen Anfang.
8. Weißrussland: Alena Lanskaja - "Solayoh"
Wo bekommt Weißrussland nur immer diese elektrisch guckenden Starkstromblondinen her? Und warum haben die immer diesen Akzent ("Itt fiehls laik cheim Driehming...")? Und warum singen die immer denselben doofen Diktatorenpop? Und wer will das bloß hören?
9. Malta: Gianluca Bezzina - "Tomorrow"
Entspannter Ukulele-Sommersound kommt aus Malta. Man sitzt auf Bänken im Park, blinzelt in die Sonne und ist zufrieden. Charmebolzen Gianluca Bezzinas nennt als Vorbilder Michael Bublé, John Mayer, den Neofolk von Mumford & Sons und Noah and the Whale. Nicht unangenehm zwischen all dem Plastik.
10. Russland: Dina Garipova - "What If"
Statt fröhlich rumpelnder Babuschkas schickt Russland diesmal eine konventionelle, aber auch schwelgerische Ballade über Menschen und Leiden und darüber, dass jemand mal die Welt ändern müsse. Sängerin Dina Garipova ist Siegerin der russischen "The Voice"-Ausgabe. Ihr Lied klingt genau wie jede andere Ballade über Menschen und Leiden und dass jemand mal ...
11. Deutschland: Cascada - "Glorious"
Cascada also. Sängerin Natalie Horler hat viele Schmähungen aus der Heimat über sich ergehen lassen müssen ("billiger Sex" "Dorfdiscopop"). Ihr Titel ist Eurodance reinsten Wassers. Für den ESC nicht unüblich - nach den Jahren der Erneuerung mit Lena, Raab & Co. aber akustisch eher ein Rückschritt. Dennoch steht sie bei den Buchmachern in den Top Ten, zuletzt auf Platz sieben.
12. Armenien: Dorians - "Lonely Planet"
Kaukasischer Rock – Armenien traut sich mal was. Bisher hatten dort die Folkloristen die Hosen an. Zum Glück gibt's in "Lonely Planet" keine Reiseinformationen zu Armenien, sondern großes, humorfreies Weltenrettungspathos, leider mit einem schwachen Refrain.
13. Niederlande: Anouk - "Birds"
Kommt schon mal vor: Hollands Rockstar Anouk wollte unbedingt zum ESC. Sie habe da einen "Killersong", versprach sie. Nun darf sie also. Ihr Lied, in dem es um sterbende Vögel geht, die vom Dach fallen, ist ein düsteres, überambitioniertes Weltverbesserungsballädchen, für das Anouk in Malmö schon eine bestechende Tagesform bräuchte, um das holländische ESC-Elend der letzten Jahre nicht fortzusetzen. Bei den Buchmachern in den Top Ten, Tendenz sinkend.
14. Rumänien: Cezar - "It's My Life"
Der diesjährige Schmalzbube kommt aus Rumänien und will ernsthaft mit geknödelter Kopfstimme ins Finale, kombiniert mit elektronischem Gewummer und umhampelt von allerlei Wackelvolk. Gesangstheoretisch mag das ganz große Kunst sein, zuhörerseits dagegen schmerzt es.
15. Großbritanien: Bonnie Tyler - "Believe In Me"
Nein, das ist wirklich nicht Frauke Ludowig. Das ist Bonnie Tyler (61), die – ganz dem britischen Ü-60-Masterplan folgend – in die Fußstapfen von Engelbert Humperdinck (77) tritt, der 2012 in Baku Vorletzter wurde. Ihre Stimme ist die alte, ihre Optik ist leicht optimiert - "dank Botox", wie sie selbst sagt. "Ich stehe dazu. Das Schminken dauert täglich länger." Ihre Ballade aber reicht nicht im Entferntesten an Welthits wie "Total Eclipse Of The Heart" heran. Ein paar Kenne-ich-von-früher-Punkte wird's dennoch geben.
16. Schweden: Robin Stjernberg - "You"
Gastgeber Schweden lässt sich von einem 22-jährigen, brünetten Sonnyboy vertreten, der sich frisurtechnisch an den irischen Jedward-Zwillingen orientiert und seine Heimat in weiten Teilen entzückt. Sein Titel ist freilich ganz und gar konturloser Reißbrettpop ohne jede Idee. Der abenteuerliche Zeitlupentriller im Refrain erinnert fatal an Gracias "Run & Hide".
17. Ungarn: ByeAlex - "Kedvesem"
Ein Hauch The Shins, eine Spur Radical Face, ein feines, leieses Liebeslied über den "Kedvesem", den "Liebling", der "von Wölfen aufgezogen wurde. Sie badet in wunderschönen Meeren und läuft auf den Wolken. Winde zerzausen ihre Mähne und flechten sie morgens zu Zöpfen". Leise Poesie vom 29-jährigen studierten Philosophen Alex Márta - der als Redakteur bei einem Tattoo-Magazin arbeitet – auf der großen ESC-Bühne. Unwahrscheinlich, dass das funktioniert.
18. Dänemark: Emmelie de Forest - "Only Teardrops"
Emmelie de Forest ist die Ur-Urenkelin der britischen Königin Viktoria - ihr Großvater ist der uneheliche Sproß von Erward VII. und einer österreichischen Prinzessin – und singt barfuß. Beides wird der 20-Jährigen in Malmö kaum helfen. Ihr starker Song und ihre Ronja-Räubertochter-Ausstrahlung dagegen schon. Sie gilt als haushohe Favoritin. Nächstes Jahr in Kopenhagen?
19. Island: Eythor Ingi Gunnlaugsson - "Ég á líf"
Sänger Eythor Ingi Gunnlaugsson stammt aus dem 1400-Seelen-Fischerdorf Dalvik und geht mit einem melancholisch-klaren Folkstück an den Start, das vor allem von der leicht verzauselten Naturburschenhaftigkeit des Darbietenden lebt. Gunnlaugsson gewann einst eine TV-Talentshow mit dem schönen Namen "Bandið hans Bubba" und erinnert leicht an Viggo Mortensen.
20. Aserbaidschan: Farid Mammadov - "Hold Me"
Vorjahresgastgeber Aserbaidschan schickt einen wohlgeratenen Jüngling mit einem aseptischen Ohrwurm des griechischen Pop-Routiniers Dimitris Kontopoulos. Klingt nett, bleibt hängen. Und wieder zeigen die asiatischen Aseris den Europäern, wie paneuropäischer Pop klingt.
21. Griechenland: Koza Mostra & Agathonas Iakovidis - "Alcohol Is Free"
Huch? Keine glutäugige Elfe, kein weißer Prinz aus Griechenland. Den Vorentscheid schnappte sich erstmals der Privatsender MAD-TV, weil dem Staatsfernsehen ERT die Sache zu teuer wurde. Und der fand sechs Möchtegernschotten in karierten Röcken, die Ska, Polka, Folk und Mandoline zu einem hübschen Sauflied mischen.
22. Ukraine: Zlata Ognevich - "Gravity"
2010 und 2011 trat sie beim Vorentscheid vergeblich an – nun darf Zlata Ognevich endllich für die Ukraine ran. Und reist mit einem komplett überproduzierten Musicalzuckerpopstück nach Malmö, dass klingt, als habe Phil Spector den "König der Löwen" in die Finger gekriegt. Es rummst und bummst und sägt und brummt, was der Soundcomputer hergibt. Der erste, der ein echtes Instrument heraushört, bekommt einen kleinen Kuschellöwen.
23. Italien: Marco Mengoni - „L'essenziale“
Rückkehrer Italien, erst seit drei Jahren wieder dabei, schickt Marco Mengoni, ein multitalentiertes Gesamtkunstwerk, das mit einer leisen Ballade diesmal seine grüblerische Seite zeigt. Der Herzensbrecher und Sieger der dritten italienischen „X Factor“-Staffel ist in seiner Heimat ein Star und wird als heimlicher Mitfavorit gehandelt.
24. Norwegen: Margaret Berger - "I Feed You My Love"
Hoch gehandelt, perfekt gefertigt vom schwedischen Produzententeam MachoPsycho (Pink, Cher, Backstreet Boys, Justin Timberlake), ausbalanciert zwischen düster und sexy – der Song der 27-Jährigen ist mit das Modernste im eher schwachen ESC-Jahrgang 2013.
25. Georgien: Sophie und Nodi - "Waterfall"
Theoretisch läuft's für Georgien: Mit einem Liebesduett gewann einst Aserbaidschan, und dieses stammt auch noch vom selben Komponisten wie Loreens Siegertitel "Euphoria". Wären diese beiden Turteltäubchen bloß nicht so gähnend langweilig.
26. Irland: Ryan Dolan - "Only Love Survives"
Irland hat dem ESC große Siege beschert und durchgeknallte Zwillinge mit viel Frisur. Diesmal soll's ein nordirischer 27-Jähriger mit einer tadellosen Popnummer reißen, die locker jeden RTL-II-Programmhinweis unterfüttern könnte.
Im HAZ-ESC-Ticker können Sie den Verlauf des Musikabends nachlesen.
HAZ