Vivaldi mit Wow-Effekt: Friederike Starkloff spielt die „Vier Jahreszeiten“
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Teamplayerin: Friederike Starkloff mit der NDR Radiophilharmonie.
© Quelle: Christian Behrens
Hannover. Die „Vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi gehören zum Standardprogramm des Klassikbetriebs, aber was hier durch den Großen Sendesaal gefegt ist, war alles andere als lauer Alltag. Die NDR Radiophilharmonie und die Geigerin Friederike Starkloff haben aus dem (zu) viel gespielten Zyklus der Barockkonzerte eine überraschende und aufregende musikalische Abenteuerreise gemacht, die vielen im Publikum wohl länger in Erinnerung bleiben wird.
Das gilt vermutlich erst recht für Starkloff, die seit 2015 Konzertmeisterin der Radiophilharmonie ist und das Orchester nun verlassen wird: Zur kommenden Saison wechselt die 32-Jährige als neue Konzertmeisterin des Sinfonieorchesters Basel in die Schweiz. Wie groß der Verlust für Hannover ist, war jetzt im Konzert noch einmal zu erleben. Starkloff ist eine sehr gute Geigerin, für die kaum eine solistische Aufgabe zu anspruchsvoll ist. Gleichzeitig ist sie eine starke Teamplayerin, die in einem Orchester genau am richtigen Platz ist.
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Jenseits des Gewohnten: Die NDR Radiophilharmonie spielt Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ mit Konzertmeisterin Friederike Starkloff.
© Quelle: Christian Behrens
Starkloff hat Mut zum Risiko
Diese Mischung führte nun zu einem ungewöhnlich dichten und kommunikativen Zusammenspiel, das man eher nicht hört, wenn eine fremde Solistin mit einem Gastorchester spielt. Mit ihren Kolleginnen und Kollegen und ohne einen zusätzlichen Dirigenten gelingt es der Geigerin immer wieder, die Grenzen des Gewohnten in dieser allgemein bekannten Musik zu überschreiten.
Unter anderem passiert das durch extreme Phrasierungen, die doch nie übertrieben erscheinen, weil sie nur hörbar machen, wie bildhaft und plastisch Vivaldi komponiert hat, wenn er Naturereignisse wie Starkregen oder Hitze schildert.
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Die größte Spannung kommt in den rhythmisch etwas freieren Passagen in kleiner Besetzung auf, die hier nicht vorab eingeübt oder von einem Dirigenten organisiert sind, sondern erkennbar spontan gestaltet sind. Selten gehen klassische Musiker so hoch ins Risiko wie Starkloff und Cellist Nikolai Schneider es in ihren Duopartien tun. Angesichts der vielen Volten des Tempos und der ausschmückenden Verzierungen ist es eigentlich fast unmöglich, dass die beiden immer passgenau zusammenspielen. Und doch glückt das hier und sorgt für einen Vivaldi mit Wow-Effekt. Entsprechend groß ist die Begeisterung danach: Das Publikum erhebt sich geschlossen zum Applaus im Stehen.
HAZ