Martin Sonneborn kommt als Hitler-Attentäter und narrt Björn Höcke
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Martin Sonneborn (r), Satiriker, Journalist und Politiker, steht auf der Frankfurter Buchmesse in Uniform und mit einer braunen Aktentasche vor einer Polizeiabsperrung. Wegen eines Auftritts des AfD-Politikers Björn Höcke wurde der Veranstaltungsort großräumig abgesperrt.
© Quelle: Arne Dedert/dpa
Frankfurt. Martin Sonneborn ist es gelungen, Björn Höcke die Schau zu stehlen. Der Chef der Satirepartei „Die Partei“ verkleidete sich als Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg und tauchte mit Augenklappe und in Uniform bei der Frankfurter Buchmesse auf, wo der AfD-Politiker am Freitagabend sein Buch „Nie zweimal in denselben Fluß“ vorstellte. Sonneborn trug eine Aktentasche und versuchte sie – vergeblich – im Umkreis der Lesung abzustellen. Stauffenberg hatte in einer Aktentasche Sprengstoff für sein gescheitertes Attentat auf Hitler geschmuggelt.
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Sonneborn sagte laut „Frankfurter Rundschau“: „Wie Sie sicherlich wissen, hat Höcke ein Buch geschrieben. 300 Seiten Unfug. An einer Stelle schreibt er, eine Elite solle das Volk mit harter Faust an langer Leine führen. Abgesehen davon, dass in dieser Metapher nichts stimmt, wollte ich ihm sagen: Er gehört nicht dazu. Zur Elite.“
Polizisten in Schutzausrüstung: Das sind ungewohnte Bilder auf der Frankfurter Buchmesse. Weil es im Vorjahr bei einem Auftritt Höckes zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen seinen Anhängern und Gegendemonstranten gekommen war, reagierte die Messeleitung in diesem Jahr mit verstärkten Sicherheitskontrollen. Die Buchvorstellung fand überraschend nicht am Stand des Höcke-Verlegers Manuscriptum statt, der mit anderen rechten Verlagen in diesem Jahr in eine Art Sackgasse verbannt wurde, sondern im Zwischengeschoss zwischen den Hallen 4.1 und 4.0.
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Das riegelte ein Großaufgebot an Polizisten schon frühzeitig ab. In den Sozialen Netzwerken machten satirische Tweets die Runde, dass Polizisten die einzigen Zuhörer Höckes seien. Hunderte Menschen drängten sich an der Rolltreppe, um einen Blick auf Höcke zu erhaschen, der womöglich am Sonnabend zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Thüringen gewählt wird.
Sonneborn ärgert auch die „Junge Freiheit“
„Das hat schon Popstar-Charakter“, sagte Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, der auf der Messe friedliche Protestaktionen gegen rechts organisierte. Er empfindet es jedoch als angenehm, dass Höcke und Co. durch die Lösung mit der Zwischen-Etage weniger präsent im Messeumfeld waren. „Gleichzeitig kann er sich nicht zum Opfer stilisieren, denn er kriegt ja dennoch eine große Bühne“, sagt Reinfrank. Er sieht es dennoch als problematisch an, dass die Messe erneut zum Ort der Inszenierung für Rechtspopulisten wurde.
Wenn sich am Wochenende die Buchmessen-Pforten für die Leser öffnen, die nicht zum Fachpublikum gehören, könnte sich die Stimmung noch weiter aufheizen. Die aktuelle Buchpreisträgerin Inger-Maria Mahlke sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Da im Moment jede friedliche Aue, solange ihr ein Minimum an öffentlicher Aufmerksamkeit gilt, als Gelände für Grabenkämpfe genutzt wird, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Rechte, das Mediengewimmel auf der Buchmesse vorbeiziehen lässt, ohne es für Provokationen zu nutzen.“ Unter dem Motto #Wirsindmehr ist für den morgigen Sonnabend eine Großdemonstration in Frankfurt angekündigt.
Sonneborn zog danach zum Stand der „Jungen Freiheit“ weiter. Laut eines Tweets der freien Journalistin Jasmin Schreiber kam es dort zu folgendem Dialog: Die Leute von der @Junge_Freiheit so: „Das ist aber keine echte Nazi-Uniform!“ Sonneborn: „Da kennen Sie sich besser aus.“
Von Nina May