Der große russische Pianist Grigory Sokolov spielt beim Pro-Musica-Konzert im Funkhaus Musik von Beethoven, Brahms und Schumann – und gibt dabei vor allem Einblick in seine ganz eigene Klangwelt.
Hannover.Grigory Sokolov ist die einsame Insel auf der Weltkarte der großen Pianisten. Wo immer der Russe auftritt, der sich gleich zu Beginn des Krieges mit der Ukraine solidarisiert hat, lockt er, wie jetzt beim Pro-Musica-Konzert im Funkhaus, ein treues, zuverlässig begeistertes Publikum und unzählige Kolleginnen und Kollegen an. Ein Sokolov-Konzert ist ein fast utopischer Sehnsuchtsort, eine eigene Welt, die man höchstens besuchsweise betreten kann. Denn andernorts unverrückbare musikalische Gesetze gelten hier nur bedingt: Was Sokolov spielt, ist oft wunderbar und sonderbar zugleich.
Besonders auffällig ist das bei Musik von Beethoven, die der 72-Jährige sehr regelmäßig auf seine Programme setzt. Diesmal sind es die "Eroica-Variationen", die den Komponisten von einer ungezügelten, vor Experimentierfreude überfließenden Seite zeigen. Eigentlich wirkt die Komposition auch nach 220 Jahren stellenweise wie frisch improvisiert: Man scheint in Echtzeit dabeizusein, wie jemand neue Wege auftut und bitter auflachend wieder verwirft, grimmige Scherze macht und sich schließlich doch zähneknirschend der strengen Form einer Fuge unterwirft.