Pop zum Fest: Neue Alben von Helene Fischer, Calexico und Shawn Mendes
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Der Teenie-Star, der es wert ist: Shawn Mendes erweitert sein Klangspektrum auf dem neuen Album „Wonder“ beträchtlich.
© Quelle: Owen Sweeney/Invision/AP/dpa
Helene Fischer bringt zur Weihnachtszeit 40 Höhepunkte aus ihrer Show, darunter Duette mit Queen und Peter Maffay. Shawn Mendes legt auf seinem neuen Album „Wonder“ wundersame neue Klänge vor, Calexico feiern den Winter und die Weihnacht in Arizona. Und Soeckers und Sometimes With Others sind deutsche Bands, die man sich merken sollte. Aktuelle Album-Neuerscheinungen im Überblick.
Sometimes With Others - Kammerblues aus Berlin
Kurz vor Weihnachten kommt ein Verweis auf ein böses Frühjahr (in diesem Fall ausnahmsweise mal nicht wegen Corona): An einem trägen Tag im April kommt „sie“ mit einem Truck in die Stadt, um alles aufzuwühlen. Sie bewegt sich geschmeidig wie eine Katze auf dem Dach. Und sie ist so „easy as a gun“, so „locker wie ein Revolver“, was nichts Gutes bedeuten kann. Mika Bajinski, Sängerin und Gitarristin von Sometimes With Others, befürchtet – mit der traurig-süßen Stimme der Protagonistin dieses schlierigen Bluesstücks –, die Fremde könne sich somit ins Herz ihres Kerls schießen. Ein dunkles Dramolett hebt an.
Jazz, Blues und Kammermusik verschmelzen bei der Berliner Band Sometimes With Others zu etwas, das Freunden von Nick Cave, Tom Waits, Ludwig Hirsch gefallen könnte. Kontrabass (Yoyo Röhm), Cello (Marie-Claire Schlemus) und Lap-Steel-Gitarre (Kristof Hahn) sind die Instrumente, für das Perkussive dieser dunklen Geschichten sorgt der Amerikaner Larry Mullins, der etwas Tennessee-Bedrohlichkeit ins Klangbild gibt. Das Königsstück ist das sechsminütige, schleppende „The One“ über Vergänglichkeit und Einsamkeit.
Wenn Bajinski am Ende von „Hey Hey, Les Chevaux“ darauf hinweist, man möge immer auf den Zug achten, der da auf einen zurollt, ist man geneigt, dies als Metapher für das Album zu nehmen. Und wie das mit den Zügen so ist, denen jedenfalls, die einen nicht überfahren, so sind sie ebenso bald wieder in die Stille und Unsichtbarkeit entschwunden. Wie „Nous“, das mit 28 Minuten gerade mal so lang ist wie eine Swinging-Blue-Jeans-Platte zu Beginn der Sechzigerjahre. Heutzutage geht so was gerade als EP durch. Mehr Mut zur Länge!
Sometimes With Others – „Nous“ (Grand Chess)
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Neue Sounds: Shawn Mendes öffnet die Wundertüte
Von allen Teenieidolen der letzten Jahre ist Shawn Mendes das Smarteste und wurde vor zwei Jahren nicht von ungefähr vom „Time“-Magazin in die Liste der einflussreichsten 100 Leute des Planeten aufgenommen. Er sang von Anfang an mit gefühlvoller Stimme von sich, von Liebe und Begehren, von (eigenen) Ängsten und Bedrängnissen, instrumentierte seinen aparten, abwechslungsreichen Pop ’n’ Roll eher karg und erinnerte auf seinen ersten beiden Alben zuweilen an die Popmusik der Fünfzigerjahre. Und nicht nur sein Song „Nervous“ klang auf dem letzten, experimentelleren Album so funky, als wäre der leibhaftige Prince in den 22-Jährigen aus Toronto gefahren.
„Wonder“ heißt sein brandneues Werk und ist eine wahre Wundertüte. Es enthält plüschigen Pomp-Pop wie den Titelsong und neue funkige Hommagen auf den Meister aus Minneapolis wie „Higher“. Aber es findet sich auch eine mit Glockenspiel, Mellotron und einem frostig klirrenden Klavier instrumentierte Ballade wie „24 Hours“, und mit Justin Bieber geht es im schleppenden „Monster“ auf zu einer publikumskritischen Erzählung über Verehrung und Illoyalität – wie Menschen Stars hochjazzen, um ihnen nach einiger Zeit des Erfolgs lüstern beim Scheitern zuzusehen. Songs wie „Dream“, „Song for No One“ oder „Look Up at the Stars“ wechseln Tempo, Rhythmus, Instrumentierung, Stimmung – alles Dinge, auf die im Radiopop unserer Tage normalerweise die Höchststrafe steht.
Und siehe da: Alles ist gut. Und in „Can’t Imagine“ umarmt Shawn seine Freundin Camilla Cabello mit einem Lied darüber, dass er sich eine Welt ohne sie nicht vorstellen möchte. Sogar die Vögel würden dann nämlich ihren Gesang einstellen. Nun ja, Hauptsache, Shawn singt weiterhin!
Shawn Mendes – „Wonder“ (Universal)
Indierock: Soeckers hauen von den Socken
Vier junge Männer stehen auf dem Albumcover auf einer Brücke. Das Cover von „Kopfkarussell“ sieht eher nichtssagend aus, aber Soeckers hauen von den Socken. Der punkig angehauchte Indierock dieser vier begeistert, weil, nun ja, zum Beispiel weil die Mundharmonika hier immer wieder zeigt, was für ein die Songseele bestimmendes Instrument sie sein kann. Oder weil die Gitarren mit der ruppigen Schönheit wahren Rock ’n’ Rolls aus den Boxen krachen lassen, und auch bei den langsameren Stücken nicht geschliffen und poliert werden. Oder weil Johannes Schulte-Schlichtmann so vernuschelt und heiser ins Mikrofon heult, dass es einem heiß und kalt wird.
Selten hat man in den vergangenen Jahren vom Wunsch, die körpereigenen Niederlande mit denen eines anderen Menschen zu vereinigen, so inbrünstig (und bar jeden F…-Vokabulars) gehört wie beim Auftaktsong des Debütalbums „Kopfkarussell“: „Schlaf bei mir!“, hört man Schulte-Schlichtmann gequält ausrufen. Jeder Song hier ist coole Ware – viele haben The Clash in sich und die Strokes der Anfangszeiten, manche einen gestreckten Country-Galopp, und der alte, der lebendige Rhythm ’n’ Blues der frühen Stones ist auch zu spüren, wenn die Harp lodert.
Erzählt wird von der Angst vorm großen Lebensaufbruch („Buch über gar nichts“), von einseitiger Liebe („Wenn ich fall, bitte halt mich. / Wenn du fällst bitte halt dich nicht an mir fest“) und vom Wunsch nach Rückkehr zu den „glory days“, als die Welt sich noch um einen selbst gedreht hat („Gute alte Zeit“). Viel geht es um verlorene Zweisamkeit, Flucht in Schnaps und „Miss Morphin“, um Hoffnung und Selbstbetrug.
Dabei blitzt im Verlorensein immer auch mal (absurder) Humor auf, wie in „Flaschengrund“, wo der Sänger nach Aquarium und Hund nicht auch noch sein Lieblingslied an die frische Ex verlieren will („Du hast es früher nie geliebt / und nicht verdient“). Sechs Jahre hat es bis zum offiziellen Debüt der Münsteraner gebraucht, das ist ungefähr dieselbe Zeit, die von der Gründung der Beatles bis zu „Please Please Me“ verstrich. Angeblich sind im Lockdown neue Songs entstanden. Wir können Album zwei kaum erwarten.
Soeckers – „Kopfkarussell“ (Chateau Lala)
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Russell Dickerson zwischen Chartspop und Southern Rock
Southern Rock ’n’ Roll. Russell Dickerson hat nicht bloß eine Tolle, die allein die Leningrad Cowboys übertrumpfen könnten, er hat auch Partynummern, bei denen man trefflich mitgrölen und mitklatschen kann. Nicht nur mit „All Yours, All Night“ geht der 33-Jährige aus Union City, Tennessee, auf seinem zweiten Album „Southern Symphony“ die Popstraße hinunter, um mit ein bisschen plastikhaftem Bummtschacka vielleicht auch in den offiziellen Billboard-Charts zu landen.
Und so unterscheidet manche Songs hier – etwa die erste Single „Love You Like I Used To“ oder „Forever for a Little While“ – nur ein plinkerndes Banjo oder ein winziges Gitarrensolöchen von dem perfekt produzierten, belanglosen, formelhaften Zeug, das derzeit aus jeder Radiostation in aller Welt plätschert. Und Dickersons Stimme klingt, wie heutzutage Herzweh und Liebesleid klingen sollen, was sich aber immer anhört, als habe der Sänger eine mittelprächtige Magenverstimmung.
Auf der anderen Seite stehen witzige Songs wie der Country-Hip-Hop „It’s About Time“ und der knarzende, stompende Old-School-Countryheuler „Honey“. Mit Dickersen steht einer an der Weggabelung zwischen Kunst und Kommerz und scheint noch unschlüssig zu sein, ob ihm die goldene Ziegelsteinstraße in den Mainstream am Ende wirklich Zufriedenheit bringt.
Russell Dickerson – „Southern Symphony“ (Triple Tigers)
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Die Pop-Zweisamkeiten der Helene Fischer
Dass Helene Fischer mehr als Schlager draufhatte, merkte man schon früh, als sie neben den herkömmlichen Mitklatschgesängen auch erste Duette mit internationalen Kollegen ablieferte, tatsächlich Bob Dylans (!) Liebeslied „To Make You Feel My Love“ coverte, oder auf Konzerten Musicalsongs interpretierte, obendrein Lieder von Abba respektive von Queen. Die Fischer verstand sich (auch) als Popstar.
Und das unterstreicht jetzt das Doppelalbum „Die Helene Fischer Show – Meine schönsten Momente Vol. 1“. Was vor wenigen Wochen Peter Maffay mit seinem Duettalbum „Peter Maffay und“ vormachte, folgt nun von Deutschlands europaweit mit Abstand bekanntester Sängerin. Mit Maffay bringt Fischer dessen „Tabaluga“-Hit „Nessaja (Ich wollte nie erwachsen sein)“, mit Queens Roger Taylor und Brian May sowie deren Reserve-Freddie Adam Lambert interpretiert sie die Trauerwuchtbrumme „Who Wants to Live Forever“ neu. Von Countryrocker Kiefer „24“ Sutherland („Open Road“) bis zu Musik-Tausendsassa Josh Groban („Run“), von Bryan Adams („When You’re Gone“) bis zu einer virtuellen Begegnung mit Elvis Presley („Just Pretend“) reicht die Liste der musikalischen Zweisamkeiten.
Mit Rea Garvey singt Fischer dann berührend Leonard Cohens „Hallelujah“ (geht bei diesem Lied gar nicht anders), an der Seite von Max Giesinger Stings „Fields of Gold“ und mit Nick Carter geht es auf einen Streifzug durch das Schaffen der Backstreet Boys. Ein 40-Song-Fest für den Gabentisch der Fischer-Fangemeinde. Fehlt eigentlich nur noch ein Song mit Ed Sheeran (Vorschlag: „Supermarket Flowers“), einer mit Paul McCartney (Vorschlag: „I Saw Her/Him Standing There“) oder eine Springsteen-Ballade (Vorschlag: „If I Should Fall Behind“). Vielleicht wäre all das ja was für den Merkzettel zu „Vol. 2“.
Helene Fischer – „Die Helene Fischer Show – Meine schönsten Momente Vol. 1“ (Polydor/Universal)
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Gone Is Gone – ein verspieltes Kreativbündnis
Manche reden heute schon von einer „Supergroup“, andere runzeln die Stirn: „Nie gehört.“ Gone Is Gone ist die 2015 gegründete Band des Filmkomponisten Mike Zarin und des At-the-Drive-in-Drummers Tony Hajjar, die den Bassmann/Sänger von Mastodon, Troy Sanders, und Gitarrist Troy Van Leeuwen ins Boot holten. Auf ihrem zweiten Album „If Everything Happens for a Resason … Then Nothing Really Matters at All“ erweisen sich die Kalifornier als enorm verspieltes Kreativbündnis, als Erzähler in Sounds, experimentierfreudige Meister eines „cinematic alternative rock“, der bis ins Kleinste ausgetüftelt ist, sich klassischen Songstrukturen weitgehend verweigert und zu keiner Zeit auf die Charts abzielt.
Die Songs sind schwer, schleppend, dräuend, dramatisch – Film noir: „Sometimes I Feel“ endet in Polizeisirenen und Hubschrauberknattern, um in das ebenfalls epische, desillusionierend betitelte „No One Ever Walked on Water“ überzuleiten. „Break“ erinnert an Gary Numans Tubeway Army, „Dirge for Delusions“ an Depeche Mode, „Force of a Feather“ an die dunkle Seite von Pink Floyd – alles mit einem Hauch von Queens of the Stone Age, wofür Van Leeuwens Gitarrenspiel steht.
Gone Is Gone sind heavy und progressiv, anders als auf dem noisigen Debüt „Echolocation“ zeigen sie hier ihre Bandbreite, lassen sich darob nur schwer kategorisieren. Hier zumindest die Garantie: Nach dem ersten Fremdeln beginnt beim zweiten Hören die Gänsehaut über den Körper zu ziehen.
Gone Is Gone – „If Everything Happens for a Reason … Then Nothing Really Matters at All“ (Clouds Hill/Warner)
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Marathon – Klassischer Progrock vom Marillion-Keyboarder
Und noch mal eine Ladung Progressive Rock, diesmal aber in der klassischen, fein melodischen Variante, die weit „poppiger“ geraten ist als der Zweitling der zuvor besprochenen Gone Is Gone: „Marathon“, das erste Album von der Band Marathon, ist Stoff für gediegenere Auditorien, die nichts für kratzige, raue Sound-Unterströmungen übrighaben, die „The Roaring Silence“ von Manfred Mann’s Earthband, „Tales of Topographic Oceans“ von Yes und „Wish You Were Here“ von Pink Floyd lieben.
Keyboarder Mark Kelly, Haupt der Band und im Hauptberuf seit fast 40 Jahren Keyboarder bei Marillion, wurde von Rick Wakemans Jules-Verne-Vertonung „Journey to the Centre of the Earth“ zur Musik gebracht, und so beginnt der gebürtige Ire das Marathon-Debüt nicht von ungefähr mit einer dreiteiligen Rocksuite über die Luftfahrtpionierin Amelia Earhart, die 1937 während ihres Weltumrundungsfluges spurlos verschwand und deren Schicksal seither Stoff für spekulative Geschichtenerzähler ist. Die Lyrics stammen von Kellys Freund Guy Vickers, der den 59-Jährigen des Problems enthob, ein reines Instrumentalalbum aufzunehmen, und der sich später in der vierteiligen Suite „2051“ mit dem Teamwork von Arthur C. Clarke und Stanley Kubrick zum Sci-Fi-Klassiker „2001“ und generell mit der Frage nach außerirdischem Leben beschäftigt.
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Sich auf richtige Songs zu verlegen, war eine vorzügliche Entscheidung, lernen wir so doch Sänger Oliver M. Smith kennen, wie die meisten Musiker hier ein unbeschriebenes Blatt, der stimmlich faszinierend zwischen Peter Gabriel, Dave Gahan und Eddie Vedder schillert. Kellys Neffe Conal Kelly ist ein erklärter Nichtfan von Progrock, leistet aber wie der bisherige „Hochzeitsgitarrist“ Pete „Woody“ Wood exzellente Arbeit. Auf „Marathon“ gibt es jede Menge prächtiger Songs mit solistischen Einlagen auf Orgel, Synthesizer und Gitarre, zu denen es sich vorzüglich wegdriften lässt. Ein Solo steuert im Siebenminüter „Puppets“ Steve Rothery bei, der Gitarrist von Marillion. Schade nur, dass das großartige „Puppets“ in einem faden Fade endet, einer „Lösung“, die immer so klingt, als würde sich ein Spielmannszug langsam außerhalb der Hörweite bewegen.
Mark Kelly’s Marathon – „Marathon“ (Ear Music/Edel)
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Fiddler’s Green bringen Klassiker zum Jubiläum
30 Jahre sind auch schon wieder vorbei, seit Fiddler’s Green aus Erlangen die Kelten in sich erspürten und mit ihrem Irish-Folk-Rock-’n’-Roll-Mix in dieselbe Kerbe schlugen, in die zuvor schon Bands wie die Pogues oder The Men They Couldn’t Hang (beide England) kraftvoll gehauen hatten. Zum Jubelfest lassen die Musiker aus Frankens grünen Hügeln nun „3 Cheers for 30 Years“ erklingen und gehen mit befreundeten Musikern von J. B. O., In Extremo, Schandmaul, Subway to Sally und Saltatio Mortis mit Vorliebe in den gestreckten Galopp, auf dass Pogo und Polka auch zum sonst tränenseligen „Auld Lang Syne“ möglich seien.
Von einer rasanten Version von „Whiskey in the Jar“ (Rockfans durch Versionen von Thin Lizzy oder Metallica vertraut) bis zum in den Offbeat versetzten Shanty „(What Shall We Do with the) Drunken Sailor“ reicht die Auswahl von Klassikern des Irish Folk. Und nein, das „Galway Girl“, das Ralf Albers und seine Mannen hier hochleben lassen, ist nicht das von Ed Sheerans babyblauem Album, sondern das ältere, aus der Feder des US-Songwriters Steve Earle stammende. Für sentimentale Seelen werden „Wild Mountain Thyme“ und „Greensleeves“ gereicht. Und damit ist man sowohl auf der Liste für Wacken als auch für die der ganzen TV-Stadl.
Fiddler’s Green – „3 Cheers for 30 Years“ (Def Shepherd/Indigo)
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Konstantin Wecker, ein Klavier und die Lust auf das Leben
Konstantin Wecker reist an einem Sommerabend im Wiener Theater im Park durch sein gewaltiges Schaffen – beginnend mit den „sadopoetischen Gesängen des Konstantin Amadeus Wecker“, mit denen 1973 die Karriere des gebürtigen Münchners begann. Bei den Liedern des Doppel-Livealbums „Jeder Augenblick ist ewig“ ist Wecker mit immer noch voluminöser, zärtlicher Stimme zu hören, für seine Gedichte hat er sich Schützenhilfe aus Wien geholt – die Schauspielerin Dörte Lyssewski (Wiener Burgtheater) und ihr Kollege Michael Dangl (Theater in der Josefstadt).
Wecker selbst sitzt am Klavier, mehr braucht es nicht für einen bewegenden, semiautobiografischen Abend. In der Schnurre „Wie es aussieht“ erinnert der 73-jährige Bayer an seine „antifaschistischen, wundervollen Eltern“. Der 1914 geborene Vater erzog antiautoritär, ertrug Rebellion und auch die Ausreißversuche eines Sohns, der vom Dasein als freier Dichter in Italien träumte. Ihm widmet Wecker den tieftraurigen Sprechgesang „Niemals Applaus“.
Die Balladen „Fangt mi wirklich koaner auf“ erzählt dann von des Künstlers erschüttertem Wahrnehmen des Alleinseins auf der Welt und das Chanson „An meine Kinder“ ist eine ehrliche Liebeserklärung und Lebensbeichte an die Nachgeborenen. „Ihr wisst es, ich habe ein großes Herz für Träumer und Versager“, singt er da und mag in beiden durchaus ein Stück weit sich selbst erkennen. „Den Parolen keine Chance“ (von 2017) ist dann Weckers Absage an das neue Rechts auf der Straße und in deutschen Parlamenten, das Chaos und Spaltung und Demokratieende betreibt. „Besiegen wir den Hass durch Zärtlichkeit“, gibt er Beethovens „Freude, schöner Götterfunken“ eine neue Strophe. Und er flicht singend Deep Purples „Smoke on the Water“-Riff in „Genug ist nicht genug“ ein.
Kaum ein Lied ist so voller Lebenslust wie Weckers „Wenn der Sommer nicht mehr weit ist“. Und kaum ein Lied über das Sterben gibt es, das so eindringlich lebenssüchtig und Moralisten auszählend ist wie „Stirb ma net weg“, mit dem Wecker 1994 von Aids erzählte. Den italienischsprachigen Part von Lucio Dalla übernimmt er in Wien gleich selbst.
Konstantin Wecker – „Jeder Augenblick ist ewig“ (Laut & Luise / Alive)
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Calexico – eine Band aus Arizona über Winter und Weihnacht
Auch Joey Burns und John Covertino haben nun ihr Christmasalbum. Geschuldet ist es – eigentlich braucht man es kaum noch zu erwähnen – dem weltweiten, seuchenbedingten gesellschaftlichen Stillstand. Auch das Sextett Calexico entschied sich für Kreativität und dafür, in der Spätphase der dilettantisch-spalterischen Trump-Ära etwas Versöhnliches, Harmonisches zu erschaffen. Und so ist „Seasonal Shift“ entstanden, das – in vornehmlich selbst geschriebenen Liedern – den Winter, den Frieden und Weihnachten feiert, von einer Band, von der man das ebensowenig erwartet hätte wie von Bob Dylan, der vor elf Jahren ja das bezaubernd rumpelig-swingende „Christmas in the Heart“ vorlegte.
Weihnachten passt denn auch vortrefflich zum von Texmex durchwirkten Americana der Arizona-Six, sodass Songs wie das schwelgerische „Hear the Bells“, in denen Burns zwischen Spanisch und Englisch wechselt, oder „Mi Burrito Sabanero“, das von der ausdrucksstarken Stimme von Gaby Moreno getragen wird, keine exotischen Außenseiter im Werk der Band darstellen, sondern ganz unbedingt und liebenswert 100 Prozent Calexico sind. Wie auch das Instrumental „Glory’s Hope“, das Weihnachten soundmäßig mit einer Landschaft zu vereinen trachtet, für die winters Sand und Wüstensträucher statt Schnee und Tannenbaum typisch sind.
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Versionen von Tom Pettys „Christmas All Over Again“ und John Lennons und Yoko Onos „Happy Xmas (War Is Over)“ runden die wohl muckeligste der diesjährigen Popfesttagsplatten ab. Lennons und Onos alte, damals auf Vietnam bezogene Botschaft „War is over, if you like it“ sollte unbedingt bei den offenbar bürgerkriegsbereiten Teilen der Trump-Gefolgschaft Gehör finden. Hier hätte man sich auch die Calexico-Trompeten etwas akzentuierter gewünscht, etwas mehr Mariachi-Feierlichkeit. Wahrscheinlich aber hatte man Angst, der Song würde in Christmas-Kitsch kippen.
Calexico – „Seasonal Shift“ (City Slang)