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Medizinische Hochschule Hannover

Abschiedszimmer für sterbende Frühchen ist fertig

Prof. Gesine Hansen (li.) und Prof. Bettina Bohnhorst zeigen das neue Abschiedszimmer der MHH.

Prof. Gesine Hansen (li.) und Prof. Bettina Bohnhorst zeigen das neue Abschiedszimmer der MHH.

Hannover. Spätestens Ende dieser Woche wird ein Raum auf der Station 69 in Betrieb genommen, in dem Eltern sich in Ruhe von ihren sterbenden Kindern verabschieden können. „Es ist für unsere Familien eine wunderbare, dringend notwendige Entwicklung, dass sie diese schwere Situation künftig in friedvoller Atmosphäre erleben können“, sagt Prof. Gesine Hansen, Direktorin der Abteilung für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie.

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Manche der Patienten auf Station 69 werden künftig von einer weiteren Neuerung profitieren. Bis Ende 2017 soll die Frühchen-Intensivstation eine Intermediate-Care-Station mit maximal zehn Betten bekommen. Dort werden Patienten versorgt, die keine intensivmedizinische Behandlung mehr brauchen, aber weiter intensiv betreut werden müssen. „Manche Frühchen sind lange über eine künstliche Sonde ernährt worden und müssen lernen zu trinken“, sagt Prof. Bettina Bohnhorst, Leiterin der Station 69. Manche müssten nur noch ein bisschen wachsen. Derzeit lägen sie aber zum Teil in einem Zimmer mit einer 16-Jährigen: „Das passt einfach nicht.“

Bislang gibt es auf der Frühchenstation 26 Betten. Dass es dort künftig ein Sterbezimmer gibt, ist unter anderem dem Engagement eines betroffenen Ehepaares zu verdanken. Marius und Jule Heinemann hatten im April 2016 in der MHH aufgrund einer seltenen Lungenerkrankung ein zwei Monate altes Kind verloren. Sie selbst hatten sich durch Zufall allein in einem Zimmer von ihrem Kind verabschieden können und starteten im Internet eine Spendenaktion. Nach einem HAZ-Artikel über Lenny im September 2016 gingen rund 60 000 Euro an Spenden ein: neben den Internetspenden von zwei Stiftungen, Einzelspendern, Firmen und einem Elternförderverein der MHH. Sie fände es immer noch „unglaublich“, was das Engagement von Eltern und Spendern bewirkt habe, sagt Bohnhorst. Wie wichtig so ein Zimmer für die Angehörigen ist, berichtet eine Mutter, die einen zu früh geborenen Sohn auf der Station 69 verloren hat - und derzeit mit einem weiteren Frühchen dort ist, das es aber geschafft hat.

Man habe eh kaum Zeit mit seinem Kind, sagt sie. Umso wichtiger sei, zumindest ein bisschen Privatsphäre miteinander zu teilen. Die Erinnerung daran begleitete einen ja ein Leben lang. „Unfassbar froh“ seien sie, dass das Zimmer endlich da sei, sagten Jule und Marius Heinemann. Ursprünglich war die Einrichtung des Abschiedszimmers für November 2016 geplant. Zunächst habe es gedauert, bis alle Formalitäten der Internetspende erledigt gewesen seien, dann habe man in der Warteschleife der MHH-Sanierungsprojekte gestanden, sagt Bohnhorst. Ein wenig Geld ist derzeit noch übrig. Dafür soll der Raum weiter verschönert und möglicherweise ein spezielles Krankenhausbett angeschafft werden.

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Das Abschiedszimmer verfügt über einen voll ausgerüsteten Intensivplatz mit Beatmungsmaschine, Anschlüssen für Druckluft und Sauerstoff, mit Überwachungsgeräten. Dazu gibt es ein Bett für die Eltern, eine Sitzecke, ein Waschbecken und einen Schrank für ihre Sachen, sodass sie die letzten Stunden ungestört mit ihrem Kind verbringen können.

Frühchen wiegen teils
weniger als 500 Gramm

500 bis 600 Kinder werden jährlich auf der Station 69 der Kinderklinik behandelt. Frühchen sind darunter, die bei der Geburt weniger als 500 Gramm wiegen, aber auch schwer kranke Neugeborene, die zum errechneten Geburtstermin kommen und normal groß und schwer sind, aber unter einer lebensbedrohlichen Krankheit leiden. Etwa 20 bis 25 jährlich schaffen es nach Angaben von Prof. Bettina Bohnhorst nicht. Es sind Kinder mit schwersten Behinderungen wie bei Trisomie 13 oder 18, Kinder mit angeborenen Herzfehlern, die nicht operiert werden können, oder Kinder mit angeborenen Lungenerkrankungen.

HAZ

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