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Die erste gemeinsame Reise

Beziehungskiller Urlaub

Jad Limcaco/Unsplash

Urlaubslust oder Urlaubsfrust: Ein Drittel aller Paare trennt sich nach dem ersten gemeinsamen Ferientrip.

Liebes-Frust im Outback

Ganz oder gar nicht: Das ist die Prämisse, nach der Beziehungen beim Reisen funktionieren. Vorsichtige Annäherung und langsames Kennenlernen sind nicht drin. Beim Backpacking in Australien verliebte ich mich auf einer Farm in einen Franzosen. Wir kannten uns eine Woche, als klar war: Entweder reisen wir ab jetzt zusammen, oder wir sehen uns gar nicht mehr. Keine Chance, es langsam anzugehen. Aber 22-stündige Busfahrten durchs Outback kamen uns in der Zeit der ersten Verliebtheit gerade recht. Wir hatten keine Termine, die uns davon abhielten, jede Minute zusammen zu verbringen. Innerhalb einer Woche kannte ich mein Gegenüber besser als manchen früheren Freund von zu Hause nach zwei Monaten.

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Wann diese Phase der ersten Verliebtheit vorbei war, weiß ich nicht mehr. Vielleicht als ich aufhörte, Bewerbungen für Farmjobs immer für zwei zu schreiben. Mein Freund hatte bis dahin noch keine einzige geschrieben. Oder der Morgen, an dem ich alleine am Flughafen in Sydney stand. Dass mein chronisch verspäteter Freund es noch rechtzeitig ins Flugzeug schaffte, war pures Glück. Solche Situationen häuften sich irgendwann. Das ständige Aufeinanderhocken fühlte sich immer mehr nach Zwang an. Sich in jeder Lebenssituation kennenzulernen – verkatert, krank, schlecht gelaunt –, ließ die Euphorie der Anfangsphase schnell verblassen. Ich war genervt davon, wie viel Zeit mein Freund mit Nichtstun verbrachte. Waren wir mal ein paar Nächte am gleichen Ort und es stellte sich so etwas wie ein vorübergehender Alltag ein, gingen wir uns aus dem Weg. Abstand zu gewinnen war trotzdem unmöglich. Spätestens beim Weiterreisen waren wir erst einmal wieder zu zweit. Dann bekam ich ein Jobangebot – für nur eine Person. Während wir diskutierten, merkten wir: Es wäre für uns beide nicht gut, weiter aneinander festzuhalten.

Alleine unterwegs zu sein fühlte sich zuerst trotzdem falsch an. Genau wie die anfängliche Verliebtheit war auch der Liebeskummer unglaublich intensiv. Wieder hieß es: ganz oder gar nicht. Es half mir in meinem Frust nicht, direkt nach der Trennung komplett alleine am Flughafen zu sitzen. Nach der Landung lagen 3000 Kilometer zwischen mir und meinem Exfreund. Der Abstand machte im ersten Moment das Gefühl der Einsamkeit noch schlimmer.

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Ziemlich schnell aber wurde es besser: Ich bekam von meinem Exfreund nichts mehr mit und wurde nicht an ihn erinnert. Das half mir, über die Trennung hinwegzukommen. Es war befreiend, ihn nicht mehr ständig mitschleifen zu müssen. Fast empfand ich das als wiedergewonnener Freiheit.

Trotzdem – verschwendete Zeit waren die gemeinsamen Monate nicht. Im Nachhinein fühlte sich die Beziehung deutlich länger an, als wenn wir zu Hause zusammen gewesen wären. Niemals hätten wir dort so viel gemeinsam in so kurzer Zeit erlebt. Gleichzeitig hatte das ständige Zusammensein schnell gezeigt, wie unterschiedlich unsere Lebenseinstellungen waren. Das gemeinsame Reisen hatte unsere Beziehung verbraucht. Im Alltag wären viele Konflikte wahrscheinlich erst später aufgekommen. Getrennt hätten wir uns zu Hause aber wahrscheinlich auch – nur eben ein paar Monate später.

Von Clara Hellner

Stressfrei im Strandkorb

Noch ein bisschen Wein?“ fragt mich Nils, und gießt mir einen Schluck in mein Glas. Durch ein großes Fenster haben wir freie Sicht auf die Nordsee, im Fernseher läuft „Hallo Niedersachsen“. Mein Freund und ich verbringen unseren ersten gemeinsamen Urlaub an der Nordsee. Gerade einmal vier Monate sind wir ein Paar, und nun sitzen wir zwischen uralten Spitzengardinen und unansehnlichen Eichenschränken im Wohnwagen meiner Großeltern. Die zwölf Quadratmeter sind für die nächsten Tage unser Zuhause.

Ein bisschen aufgeregt sind wir schon, denn der erste Urlaub als Paar birgt Konfliktpotenzial: In der Zeitung habe ich mal gelesen, dass sich angeblich jedes dritte Pärchen direkt nach dem ersten Urlaub trennt. Die ungewohnte Nähe hält wohl nicht jede Beziehung aus. Auch sind uns unsere Freiräume sehr wichtig. Wenn wir uns ein paar Tage nicht sehen, ist das kein Problem.

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Die Befürchtung, sich in Omas Wohnwagen gegenseitig auf die Nerven zu gehen, ist also durchaus berechtigt. Und nicht nur das: Der Campingplatz ist keine Partyhochburg. Hier treffen sich hauptsächlich Rentner. Für mich war das kein Problem, bislang: Ich habe jeden Sommer hier verbracht und kenne das Campingleben. Früher mit den Eltern oder einer Freundin, nun mit meinem Freund. Ich hoffe, dass Nils die Ruhe nicht stört.

An der Nordsee angekommen, sind alle Zweifel schnell vergessen. Der frische Wind, die See, der Strand – hier fühle ich mich zu Hause. Auch Nils gefällt das Camperleben: Er findet es praktisch, in Bademantel und Schlappen zum Duschhaus zu gehen, abends vor dem Vorzelt Fisch zu braten und danach am Wasser zu sitzen und einfach nur zu reden. Ganz unaufgeregt und ruhig.

Doch wenn man praktisch alles zusammen macht, hat man natürlich nicht zu allem dieselbe Meinung. In unserem Fall sind es zum Glück nur Kleinigkeiten wie das Kochen. Man muss eben die Macken des anderen hinnehmen und sich im Notfall auch die Meinung sagen.

So verbringen wir einen zwar eher unspektakulären, aber trotzdem wirklich schönen Urlaub an der See. Wir gehen in die Therme, ins Museum, liegen tagsüber am Strand und beobachten abends beim Spaziergang auf dem Campingplatz die Kaninchen.

Ich könnte mir trotzdem nicht vorstellen, nur noch mit meinem Freund zu verreisen. Pärchen, die ohne einander gar nicht mehr verreisen, kann ich nicht verstehen. Wir beide brauchen einfach auch unseren Freiraum: Nils macht gerne Skiurlaub mit seinen Kumpels, ich Städtetrips mit Freundinnen. Darauf wollen wir nicht verzichten. Vom ersten Urlaub habe ich gelernt: Entspannt bleiben ist das Wichtigste. Das Ideal vom perfekten Romantikurlaub voll Harmonie und ganz ohne Stress gibt es schließlich nicht.

Nils hat der erste Urlaub so gut gefallen, dass wir nun regelmäßig an die Nordsee fahren. Und jede Fahrt macht unsere Beziehung noch stärker. Im Urlaub lernt man sich besser kennen als irgendwo sonst. Die schöne Zeit dort nehmen Nils und ich mit nach Hause in den Alltag. Denn zwischen alten Eichenschränken, Campingkocher und Badelatschen wird uns immer wieder bewusst, wie sehr wir uns lieben.

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Von Elena Everding

Dos: So gelingt der Pärchenurlaub

  • Freiräume: Kompromisse machen auf Dauer unglücklich. Deswegen einfach auch mal alleine das unternehmen, worauf man Lust hat.
  • Neue Leute kennenlernen: Beim Beachvolleyball oder in der Bar trifft man schnell auf andere Menschen und verabredet sich vielleicht gleich.
  • Urlaub auf Probe: Bevor die vierwöchige Thailandreise gebucht wird, lieber erst ein Wochenende an der See verbringen. Das gibt einen Vorgeschmack auf das Zusammensein.
  • Besprechen: Wünsche und Vorstellungen vorher besprechen, damit es vor Ort keine Überraschungen gibt.
  • Neues lernen: Ein Surf- oder Tauchkurs schafft Abstand zum Alltag – und vielleicht ein neues gemeinsames Hobby.

Don’ts: So fliegt ihr alleine nach Hause

  • Hohe Erwartungen: Erst paddeln, dann schwimmen und abends noch ins Theater – auf Termine kann man im Urlaub gerne verzichten.
  • Selfies: Nicht jede Palme, nicht jeder Ausblick muss festgehalten werden. Manchmal reicht es auch, einfach den Moment zu genießen.
  • Campen: Im engen Zelt bleibt keinerlei Platz für Freiräume. Wer kein überzeugter Camping-Liebhaber ist, sollte das Zelt also zu Hause lassen.
  • Tabu-Themen: Nicht alles muss ausdiskutiert werden und schon gar nicht im Urlaub.
  • Finanzen: Alles Erspartes auszugeben führt nur dazu, dass dies nach dem Urlaub bitter bereut wird.
  • Fremdflirten: Wer will schon eine Eifersuchtsszene am Strand?

kb

HAZ

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