Bezirksräte treten bei Umbenennung auf die Bremse
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Bezirksbürgermeister Henning Hofmann sieht derzeit keine Mehrheiten im Bezirksrat für Umbenennungen, etwa des Konrad-Lorenz-Platzes.
© Quelle: Tim Schaarschmidt
Hannover. Erneut empfiehlt eine Stadt-Kommission, Straßennamen zu ändern – doch in den zuständigen Bezirksräten wächst der Widerstand. Im Bereich Buchholz-Kleefeld stehen allein vier Namen auf der roten Liste, Neuzugang ist der Konrad-Lorenz-Platz. „Im Bezirksrat ist eine Straßenumbenennung zurzeit deutlich nicht mehrheitsfähig“, sagt Bezirksbürgermeister Henning Hofmann (SPD). Er plant eine Großveranstaltung im kommenden Jahr, zu der alle Anwohner der vier Straßen eingeladen werden. Auch aus anderen Bezirksräten ist zu hören, dass man sich nicht drängen lasse und keinesfalls über die Köpfe der Anwohner entscheiden wolle. Der Bezirksrat Vahrenwald-List wird sich am kommenden Mittwoch aller Voraussicht nach dafür entscheiden, den Namen Fritz-Beindorff-Allee beizubehalten und eine erklärende Tafel anzubringen.
Insgesamt 17 Straßen und Plätze sollen nach dem Willen des städtischen Beirats einen neuen Namen bekommen, sieben sind neu hinzugefügt worden. So steht es im Abschlussbericht des Gremiums, dem unter anderem Repräsentanten von Kirchen und Gewerkschaften sowie Vertreter jüdischer Gemeinden angehören. Einige Straßen sind in den vergangenen Jahren bereits umbenannt worden, etwa die Sohnreystraße in Lola-Fischel-Straße. Zum Teil gingen die Bezirksräte recht kreativ vor. Der Franziusweg in Herrenhausen behält seinen Schriftzug, wird aber nicht mehr nach Otto Franzius benannt, sondern nach dessen Onkel Ludwig. Beide waren Wasserbauingenieure.
Ähnliches schwebt der SPD im Bezirksrat Vahrenwald-List für den Porscheweg vor, ebenfalls neu auf der Liste. „Mein Vorschlag ist, den Weg nicht nach Ferdinand Porsche zu benennen, sondern nach der Automarke“, sagt SPD-Fraktionschef Bruno Gill. Das passe auch zum benachbarten Benzweg. Die Bezeichnung der Straße bliebe gleich. „Ich sehe das locker“, sagt Gill. Im Übrigen werde man am Mittwoch in der Bezirksratssitzung vorschlagen, die Fritz-Beindorff-Allee nicht umzubenennen, aber mit einer Erklärtafel zu versehen. Dafür gebe es eine rot-grüne Mehrheit im Bezirksrat.
Um Beindorff, Inhaber der Firma Pelikan, hatte es viele Diskussionen gegeben. Der Beirat vertrat die Ansicht, dass Beindorff den Betrieb von Arbeitslagern auf seinem Firmengelände zumindest duldete. Eine weitere historische Studie zeichnete ein differenzierteres Bild des Firmeninhabers. „Das Gutachten hat uns überzeugt“, sagt SPD-Mann Gill.
Viele Straßen auf der Umbenennungs-Liste sind kleine Nebenwege, nicht aber die General-Wever-Straße. Sie durchquert den Bezirk Bothfeld-Vahrenheide von der Langenforther Straße im Norden bis zum Mittellandkanal im Süden. „Von einer Umbenennung wären 1000 bis 2000 Anwohner betroffen“, schätzt Bezirksbürgermeister Harry Grunenberg (SPD). Seine Fraktion habe bereits über den Straßennamen nachgedacht, bevor der Beirat seinen Bericht vorlegte. „Letztlich ist der Luftwaffenoffizier Walther Wever nicht einmal in der NSDAP gewesen“, sagt Grunenberg. Eine Umbenennung müsse folglich sehr sorgfältig überlegt werden. „Wir werden das zusammen mit der Bevölkerung entscheiden“, kündigt Grunenverg an.
Hinter vorgehaltener Hand äußern Kommunalpolitiker inzwischen auch Kritik am Beirat. „Die Kommission misst mit zweierlei Maß“, sagt ein Genosse. Einerseits empfehle das Gremium, keinen symbolischen Akte vorzunehmen, um die Ehrenbürgerschaft Paul von Hindenburgs abzuerkennen, andererseits rate die Kommission, die Hindenburgstraße umzubenennen.
In Buchholz-Kleefeld will Bürgermeister Hofmann prominente Mitglieder des Beirats zur Bürgerversammlung einladen. Sie sollen sich den Fragen der Anwohner stellen. Es könne nicht sein, sagt Hofmann, dass lediglich Mitarbeiter der Verwaltung die Position des Beirats darlegen und dann die Kritik der Bürger aushalten müssen.
Von Andreas Schinkel