Blutmond: So dokumentiert dieser Fotograf die Mondfinsternis
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Andreas David liebt es, den Sternenhimmel zu fotografieren. Am 21. Januar 2019 will er die Mondfinsternis dokumentieren.
© Quelle: Tim Schaarschmidt /RND-Collage
Hannover. Sein Handy hat Andreas David zurzeit besonders intensiv im Blick. Genauer gesagt, die drei Apps, die ihm die aktuelle Wetterlage für den 21. Januar ankündigen. Wird es an diesem Tag regnerisch? Windig? Oder besonders frostig? Vor allem aber: Werden sich die Wolken, die dieser Tage noch so verlässlich den Himmel bedecken, rechtzeitig verziehen? Idealerweise sollte das zumindest zwischen 5.40 Uhr und 6.43 Uhr der Fall sein. Denn dann hat David Großes vor: Er will die in diesen frühen Morgenstunden bevorstehende totale Mondfinsternis so detailgenau wie möglich mit seiner Kamera einfangen.
Es ist für den Hobby-Astrofotografen ein faszinierendes Spektakel – und für lange Zeit die letzte Gelegenheit, es abzulichten. Erst in etwa zehn Jahren, Ende 2028, wird in Norddeutschland wieder eine vergleichbare Mondfinsternis gut zu beobachten sein. „Ich werde die Nacht wohl durchmachen“, sagt der Außenhandelssachbearbeiter.
Foto-Spot: Stemmer Berg im Calenberger Land
Gut vorbereitet auf das Ereignis ist er. Der 47-Jährige hat genau geprüft, von wo aus sich die Mondfinsternis am besten beobachten lässt – und sich für den Stemmer Berg im Calenberger Land entschieden. David will nichts verpassen: Wenn die erste Phase der Mondfinsternis um 3.36 Uhr beginnt, wird er schon mindestens eine Stunde zuvor auf dem rund 120 Meter hohen Hügel Stellung bezogen und seine beiden Canon-Kameras auf Stativen befestigt und eingestellt haben. „Dort oben ist die Lichtverschmutzung nicht so groß“, erklärt er. Gemeint sind die künstlichen Lichtquellen bewohnter Gebiete, die die natürliche Dunkelheit beeinträchtigen. Die erhöhte Position ist zudem hilfreich, weil der Mond um die Zeit recht nahe am Horizont stehen wird.
Mit dicker Steppjacke, Thermohose plus langer Unterhose, warmen Schuheinlagen und heißer Brühe in der Thermoskanne wird der Enthusiast den Temperaturen trotzen. Mit Objektivheizung (gegen Tau) und Fernauslöser (gegen Verwacklungen) will er mehrere Tausend Fotos schießen, alle drei Sekunden eines bis zum endgültigen Ende der Finsternis um 8.30 Uhr. Am Ende möchte er aus den Fotos auch eine kurze Zeitraffersequenz basteln.
„Man muss schon etwas verrückt sein“, sagt David über seine fotografische Leidenschaft. Das Weltall habe ihn von kleinauf fasziniert, erzählt er. Als er vor fünf Jahren zufällig im Internet auf das Thema Astro-Fotografie stieß, war es passiert: „Mit jedem Bild ist die Sucht gestiegen.“ Rund ums Jahr ist er in der Region Hannover und darüber hinaus unterwegs, um den Nachthimmel abzulichten – ob in Mardorf am Steinhuder Meer, an der Eckertalsperre im Harz, am Heye-Glas-See bei Rehburg oder am Bruchsee in Duingen.
Seine Frau hat sich daran noch nicht gewöhnt: „Sie kann erst ruhig schlafen, wenn ich wieder zu Hause bin.“ Ganz unbegründet ist ihre Sorge nicht: David berichtet von einer unangenehmen nächtlichen Begegnung mit Wildschweinen am Nienstedter Pass, die über ein Feld auf ihn zustürmten. „Ich konnte mich nur noch ins Auto flüchten und die Tiere mit dem aufheulenden Automotor vertreiben.“ Dabei hatte er noch Glück, dass die aufgescheuchten Wildschweine nicht sein teures Equipment umgerissen haben. Sicherer ist es, mit Gleichgesinnten unterwegs zu sein. In einer Facebook-Gruppe tauscht sich David mit anderen Hobby-Astro-Fotografen aus der Region aus. Einige werden, so hofft er, auch auf dem Stemmer Berg dabei sein.
So fotografiert man den „Blutmond“
Bei einer totalen Mondfinsternis tritt der Mond in den Kernschatten der Erde. Allerdings ist er gar nicht total finster, sondern in ein rötliches Licht gehüllt – oft wird deshalb von einem „Blutmond“ gesprochen. Diese Färbung entsteht durch Streulicht: Sonnenstrahlen, die beim Durchgang durch die Atmosphäre der Erde in den Schatten des Planeten umgelenkt werden. Dabei wird blaues Licht hinausgefiltert, nur das rote Licht bestrahlt den Mond – man kennt den Effekt von wunderschönen roten Sonnenauf- und -untergängen. Eine Mondfinsternis zu fotografieren ist nicht schwer: Einfache Bilder mit einer Landschaft im Vordergrund kann man schon mit einem Smartphone machen. Bei einer Spiegelreflexkamera oder einer spiegellosen Systemkamera ist Folgendes ist wichtig: manuell fokussieren, falls der Autofokus überfordert ist; mehrere Sekunden belichten, einen Iso-Wert von 400 bis 600 und eine möglichst kleine Blendenzahl einstellen; Blitz ausschalten. Wegen der langen Belichtungszeit ist ein Stativ sehr empfehlenswert. Gegen Verwacklungen hilft ein Fernauslöser, manche Kameras haben einen Selbstauslöser. Mit einem Weitwinkel kann man schöne Landschaftszenerien mit „Blutmond“ fotografieren. Wer für großformatige Bilder ein Teleobjektiv nutzt, sollte die Einstellungen anpassen, da die lange Belichtungszeit sehr schnell zu Bewegungsunschärfe führt. Also zum Beispiel höchstens eine Sekunde belichten, dafür den Iso-Wert auf 1600 erhöhen. Wichtig: Die Kameraeinstellungen müssen variiert werden, wenn der Mond nicht ganz verdunkelt ist, sonst werden die Bilder rasch überbelichtet. jk
Zwar findet David die Mondfinsternis faszinierend – eine fotografische Herausforderung ist sie für ihn aber nicht. Die sucht er eher bei zahlreichen Objekten am Nachthimmel, die ohne technische Hilfsmittel nur schwer zu finden und kaum zu fotografieren sind: „Es geht darum, Unsichtbares sichtbar zu machen.“
So sieht das menschliche Auge an einem dunklen Winterhimmel vielleicht 2000 Sterne als helle Punkte, die berühmte Andromeda-Galaxie sieht aus wie ein verwaschener Fleck – erkennbar nur für den, der weiß, wo genau er suchen muss. Doch Kameras sind extrem viel lichtempfindlicher als das Auge: Sie können Licht sammeln. Je länger die Belichtungszeit, umso besser sind selbst Millionen Lichtjahre entfernte Objekte zu sehen. „Auf den Bildern werden Strukturen und Farben erkennbar“, erklärt David. Neben einer speziellen Aufnahmetechnik, bei der viele Fotos zu einem Gesamtbild verschmolzen werden, investiert er viel Zeit in die Bildbearbeitung am Computer. So kann er noch mehr aus den Fotos herauskitzeln.
Der Traum: Die Sterne in Namibia fotografieren
Am Ende erscheinen prachtvolle Fotos von roten galaktischen Nebeln oder der Milchstraße, wie sie sich als Leuchtbogen bei Ostermunzel über ein kleines Wäldchen erstreckt. Auf dieses Panorama, zusammengesetzt aus mehreren Einzelbildern, ist David besonders stolz. „Das habe ich monatelang geplant“, berichtet er. Mithilfe von Astro-Apps wusste er genau, dass am 21. März 2018 exakt die gewünschte Konstellation zu sehen sein würde. „Wäre der Himmel dann nicht wolkenfrei gewesen, hätte ich ein ganzes Jahr auf eine neue Gelegenheit warten müssen.“
Gern würde der Barsinghäuser einmal nach Namibia reisen, wohin viele Astro-Fotografen pilgern. „Das ist ein Traum“, sagt er. Denn dort, in Afrika, ist der Himmel so gut wie immer tief dunkel und wolkenlos. Wetter-Apps bräuchte er dort eher nicht.
Kann man die totale Mondfinsternis sehen?
Am 21. Januar geht der sogenannte Superblutmond auf. Wie, wann und ob Sie den Superblutmond im Januar sehen können, erfahren Sie hier.
Von Juliane Kaune
HAZ