Urteil des Verwaltungsgerichts

Bürgschaft für Flüchtlinge: Helfer muss nicht zahlen

Hannover. Im Streit um Bürgschaften für Flüchtlingskosten hat erstmals ein Gericht in Niedersachsen einem Bürgen Recht gegeben. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover müssen Menschen, die für Flüchtlinge eingestanden sind, nicht für Sozialleistungen nach einer Anerkennung aufkommen. Behörden dürfen solche Kosten nicht auf die Bürgen abwälzen. Betroffen sind mehr als 400 Menschen in Niedersachsen, die über drei Millionen Euro nachzahlen sollen.

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Die Grünen und der Flüchtlingsrat begrüßten das Urteil und forderten die Landesregierung zu einer politischen Lösung auf. „Das Urteil bestärkt uns in der Auffassung, dass das Land die schlecht oder missverständlich beratenen Flüchtlingsbürgen nicht einfach aufgrund geltenden Rechts hängen lassen darf“, sagte Grünen-Fraktionschefin Anja Piel der HAZ. Die Grünen fordern einen Landeshilfsfonds. „Die Entscheidung ist ein positives Zeichen und macht Hoffnung“, sagte Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen der HAZ.

Innenminister Boris Pistorius (SPD) will das Urteil „zeitnah auswerten“ lassen. „Grundsätzlich teilen auch wir die Auffassung, dass die Menschen, die für Flüchtlinge gebürgt haben, nach deren Anerkennung als Asylbewerber nicht weiter persönlich haften sollten“, erklärte die Pressestelle des Ministeriums. Ob sich dies auch aus den gesetzlichen Regeln ergebe, sei allerdings fraglich. Niedersachsen sieht den Bund in der Pflicht.

Mithilfe von Bürgschaften hatten zahlreiche Flüchtlinge ab 2013 die Erlaubnis zur Einreise nach Deutschland bekommen. Im konkreten Fall vor dem Verwaltungsgericht ging es um 3513 Euro. So hoch war der Betrag, den der Syrer Talat K. an die Region Hannover zahlen sollte. Die Summe ergibt sich aus Sozialleistungen, die K.’s Schwester von der Stadt Burgwedel erhalten hatte. Dort wohnte sie nach ihrer Flucht aus Syrien für fast fünf Monate.

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Damit ihre Einreise überhaupt auf legalem Weg möglich war, hatte ihr Bruder sich verpflichtet, für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Nachdem die Frau anerkannt worden war, forderte die Region Hannover das Geld zurück. Der Syrer zog daher vor das Verwaltungsgericht – mit Erfolg.

Wie das Gericht in dem am Montag veröffentlichten Urteil entschied, endet die Verpflichtungserklärung der Bürger mit der Anerkennung der Flüchtlinge. Das habe auch das Innenministerium in mehreren an die Ausländerbehörden adressierten Erlassen so geschrieben. Die Region Hannover hatte das aber ignoriert. Auch der Bund sieht das anders, gewann im Januar 2017 den Rechtsstreit vor dem Bundesverwaltungsgericht und forderte über die Bundesagentur für Arbeit Kosten für Unterhalt, Unterkunft und weitere Leistungen zurück. Das Bundesarbeitsministerium hat allerdings in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass auf die Rückzahlungen bis zu einer endgültigen Klärung verzichtet werde.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover ist noch nicht rechtskräftig. Die Berufung wurde zugelassen. (AZ: 12 A 60/17).

Von Marco Seng und Nils Oehlschläger

HAZ

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