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Neun Millionen Bullis

Das Millionending

„Man  hängt dran“:  Der frühere Betriebsratschef Gerhard Mogwitz  ist auch im Ruhestand der Marke immer treu geblieben.

„Man  hängt dran“:  Der frühere Betriebsratschef Gerhard Mogwitz  ist auch im Ruhestand der Marke immer treu geblieben.

Hannover. Fahrer von VW-Bussen pflegen eine entgegenkommende Tradition. Wann immer sich zwei auf der Straße begegnen, wird kurz die Hand zum Gruß gehoben. Ob an Frankreichs Atlantikküste oder Bulgariens Stränden am Schwarzen Meer, Bulli-Fahrer winken sich ähnlich unaufgeregt, aber herzlich zu wie Busfahrer. Macht man eben so. „Das gehört dazu“, sagt Gerhard Mogwitz und lächelt. 80 Jahre ist der ehemalige Betriebsratsvorsitzende von Volkswagen Nutzfahrzeuge mittlerweile alt, und er muss es wissen. Er fährt neben einem sportlichen Passat einen sogenannten T 4, in dem er schon mal übernachtet, wenn eine Familienfeier ansteht. Ins Hotel? Dann doch lieber in den Camping-Bulli. Macht er eben so.

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Genau 32 Jahre lang war Mogwitz als Betriebsrat bei Volkswagen Nutzfahrzeuge tätig, 19 Jahre lang hatte er den Vorsitz in der Arbeitnehmervertretung. Der Hannoveraner war bei der Werksgründung 1956 in Stöcken dabei, kämpfte um Arbeitsplätze, als die konjunkturellen Probleme während der Ölkrise auch Hannover erreichten und erlebte die Feierlichkeiten zu den runden Produktionsjubiläen. Beim Werksfest für Freunde und Familienangehörige wurde nun gerade der neunmillionste Volkswagen aus Hannover vorgestellt, der als symbolische Unterstützung der HAZ-Weihnachtshilfe an einen sozialen Verein gespendet wird (siehe Extrabericht). Mogwitz kann sich noch gut an die ersten Transporter aus Stöcken überhaupt erinnern.

„Ich kam vom Karosseriebauunternehmen Emmelmann in Bothfeld“, erzählt der 80-Jährige. Damals baute man Überlandbusse, ein Saisongeschäft. Mit Volkswagen entstanden in Hannover neue Arbeitsplätze. Kurzarbeit war bei den Autobauern aus Wolfsburg zunächst kein Thema. Man wurde auch nicht direkt entlassen, wenn die Nachfrage abebbte. „Deswegen haben wir uns aber noch lange nicht mit dem Unternehmen identifiziert, wie es heute viele Arbeiter tun“, sagt Mogwitz. Volkswagen, das war in den fünfziger Jahren zunächst ein Garant für relativ sichere Arbeitsplätze.

Heute ist die Identifikation mit dem Unternehmen deutlich zu spüren. Viele der etwa 12 000 Mitarbeiter aus 42 Nationen kamen zum Fest der Belegschaft in ihrer Arbeitskleidung. Angehörige und Freunde waren ebenfalls eingeladen, und so zeigten die VWNler insgesamt 60 000 Gästen voller Stolz Werkhallen und Maschinen auf dem etwa eine Million Quadratmeter großen Gelände - und luden zur sogenannten VW-Currywurst ein. „Damals war das noch anders in Hannover. Arbeitskleidung wie heute gab es oft gar nicht. Ich kann mich zum Beispiel an die Endmontage erinnern“, sagt Mogwitz. Damals hätten einige Kollege immer wieder Kratzer in die neuen Autos mit ihren Gürtelschnallen gemacht. Schnell gab es für sie die passende Kleidung.

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Das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Belegschaft ist nach Mogwitz’ Beobachtung erst langsam gewachsen. Ein Grund dafür war der schwierige Wohnungsmarkt für Arbeitnehmer in den ersten Werksjahren. Mitarbeiterwohnungen entstanden erst nach Jahren. Auch das oft betonte familiäre Verhältnis bei Volkswagen musste natürlich erst über Generationen wachsen. Die Identifikation der Bewohner Hannovers mit dem Werk in der Stadt fand lange gar nicht statt. „Wir waren eben nur die Fabrik“, sagt Mogwitz.

Mittlerweile wissen die Stadt und das Land sehr genau, was sie am Werk haben. Allein im vergangenen Jahr wurden weltweit 550 370 Nutzfahrzeuge verkauft. „Man wirbt sogar mit Volkswagen für den Standort“, sagt Mogwitz. Politiker sitzen im Aufsichtsrat. Das neunmillionste Fahrzeug wird längst nicht mehr nur von den Mitarbeitern gefeiert. „Neun Millionen Nutzfahrzeuge - das war neun Millionen Mal Qualität aus Hannover“, lobte Eckhard Scholz, Vorstandssprecher von Volkswagen Nutzfahrzeuge, beim Familienfest und erinnerte an den T 1, T 2, den LT, Taro und Amarok. Für Scholz ist das der Verdienst der Belegschaft. „Das ist eine unglaubliche Leistung.“

Mogwitz kennt solche euphorischen Sätze. Beim sechsmillionsten Fahrzeug aus Stöcken stand er 1986 direkt neben dem Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen, Carl Hahn, als dieser die Laudatio hielt. Und doch lassen ihn solche Ereignisse nicht unberührt. Bei allen betriebspolitischen Kämpfen um Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen ist er der Marke stets treu geblieben. „Man hängt daran“, sagt der Achtzigjährige, der mit seinem Bulli noch immer Urlaub in Frankreich und England macht und sogar bis zum Nordkap fährt. Seit 20 Jahren ist er schon nicht mehr Betriebsratschef. Doch in Stöcken fühlt er sich noch immer zu Hause. „Und ich freue mich einfach, wenn ich einen Bulli sehe.“ Mogwitz wird grüßen.

Neuer Transporter für den TuS Wunstorf

Etwa 1000 Vereine aus der Region Hannover haben sich in den vergangenen Tagen an die HAZ gewandt. Mit zum Teil aufwendig und liebevoll gestalteten Postkarten und Briefen nahmen sie an der Verlosung eines besonderen Fahrzeugs teil. Die HAZ vergibt in diesem Jahr nämlich gemeinsam mit Volkswagen Nutzfahrzeuge das neunmillionste Auto aus dem Werk in Stöcken, einen T?5?Multivan Startline. Auf diese Weise soll schon jetzt auf die HAZ-Weihnachtshilfe aufmerksam gemacht und ein Verein aus der Region symbolisch unterstützt werden, der sich das gesamte Jahr hindurch engagiert. Die Auslosung wurde von zwei Auszubildenden von Volkswagen im Verlagshaus vorgenommen. Die Elektroniker für Automatisierungstechnik Stylianos Zounidis und Lisa Metzner mischten die Postkarten reichlich durch und zogen am Ende eine Postkarte vom Verein TuS Wunstorf von 1862. Der erste Vorsitzende Michael Schmidt wurde direkt angerufen, eine Nachricht vom Gewinn auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Eine halbe Stunde später rief er aufgeregt zurück: „Das ist so großartig!“, sagte Schmidt. Etwa 3000 Mitglieder hat der Sportverein, der vor allem auf Leichtathletik setzt. Erst im vergangenen Jahr feierte der Verein sein 150-jähriges Bestehen. „Jetzt können wir unsere Mitglieder sehr gut unterstützen.“ Die Übergabe wird in den kommenden Tagen geplant, es soll feierlich werden. Mehr möchte Volkswagen noch nicht verraten. Wir danken allen Vereinen für die Teilnahme.

Von Jan Sedelies

HAZ

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